Ungewöhnlicher Konvoi: Suche nach Erdwärme im Kreis Paderborn lässt Tassen im Schrank wackeln

Salzkotten. Mit Einbruch der Dunkelheit bewegen sich drei Vibro-Trucks und Begleitfahrzeuge auf der Bundesstraße 1 im Schneckentempo Richtung Salzkotten. Sie sind in der vergangenen Woche in Paderborn gestartet, um auf dem Streckenplan bis Geseke mit Schallwellen den tiefen Untergrund möglichst schonend und ohne Bohrungen zu erkunden. An vielen Orten in der Welt haben sie bisher nach Öl oder Erdgas gesucht. In dieser Region geht es um etwas anderes: Erdwärme. Hintergrund ist der politische Entschluss, den Einsatz der Geothermie (Erdwärme) zu fördern, um das Potenzial in NRW optimal zu nutzen. Wenn der Konvoi alle 30 Meter anhält, verursacht die simultane Messung der drei Trucks viel Lärm, und der umliegende Boden gerät in Schwingen. Die betroffenen Anlieger in der Sälzerstadt sind darauf vorbereitet. Sie wurden ausführlich informiert, dass die Tassen in den Schränken vibrieren, aber alle Normen zum Schutz von Gebäuden eingehalten werden. Der Geowissenschaftler Martin Arndt vom Geologischen Dienst NRW (GD NRW), Fachbereich Geothermie und Rohstoffe, erläutert bei einem Ortstermin an der B1 vor Salzkotten: &bdquo;Wir sind Impulsgeber für Kommunen und Energieversorger, die mit ihren Projekten die Wärmewende vorantreiben. Die Erzeugung von Fernwärme rückt bei den Kommunen zunehmend in den Fokus.“ Lesen Sie auch: Außergewöhnliche Trucks durchleuchten den Boden im Kreis Paderborn Kalksteinformationen könnten für eine geothermische Nutzung geeignet sein Die &bdquo;2D-Seismik Westfälischer Hellweg“ ist Teil des Explorations- und Bohrprogramms, das der GD NRW im Rahmen des Masterplans Geothermie für das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie durchführt. &bdquo;Wir interpretieren nach den seismischen Messungen die Zielhorizonte. Es geht im Besonderen um Kalksteinformationen, die für eine geothermische Nutzung geeignet sein könnten“, erklärt Arndt. Der GD NRW arbeitet mit zwei Partnern an dem ambitionierten Auftrag, der auf dieser Strecke bis zu sechs Wochen dauern wird. Das global tätige Unternehmen für Ingenieurdienstleistungen und Beratung DMT mit Sitz in Essen hat seine Wurzeln bis ins Jahr 1737, als die erste Organisation zur Verbesserung der Sicherheit im deutschen Bergbau gegründet wurde. Das Unternehmen Informations- und Planungsservice (IPS) aus Celle übernimmt die Betreuung der Mess-Trupps. Es entsendet die sogenannten Permitter, die Kontakte zu betroffenen Eigentümern von Grundstücken und Immobilien aufnehmen. Martin Arndt zeigt auf ein kleines Gerät am Wegesrand: &bdquo;Im Abstand von fünf Metern wurden mehr als tausend Stück an vorher markierten Punkten am Rand von Wegen und Feldern sowie in Wäldern ausgelegt. Die mit einem GPS-Sender versehenen Geophone empfangen und speichern Reflexionen der Schwingungen, die von den hydraulisch absenkbaren Rüttelplatten der Trucks in den Untergrund gesendet werden. Anschließend werden diese speziellen Mikrofone wieder eingesammelt.“ Lesen Sie auch: Geothermie als Antwort auf die Energiekrise: Gute Voraussetzungen in NRW Die Trucks und das Team sind oft auch nachts im Einsatz Seit dem Jahr 2021 wird in NRW gemessen. Die Mess-Trupps waren im Münsterland, im Rheinland, am Niederrhein und rund um Bielefeld in Ostwestfalen-Lippe unterwegs. Aktuell bewegen sich zwei Konvois aufeinander zu, einer von Paderborn bis Soest und einer von Wuppertal bis Hagen. Martin Arndt, seine Kollegen und alle beteiligten Fachkräfte legen teilweise Nachtschichten ein. &bdquo;Wir messen nur auf Straßen und Wegen. Natürlich kommt es dabei zu Behinderungen für die Autofahrenden. Wichtigster Grund ist jedoch das viel geringere Verkehrsaufkommen, denn jedes vorbeifahrende Auto sendet ebenfalls Signale aus. In den kommenden Wochen wechseln wir in die Tagschicht“, erklärt der Geowissenschaftler. Für ihn ist die Auswertung der Gesteinsformationen aus der Tiefe überaus spannend. &bdquo;Klimafreundliche, regenerative und regionale Energie aus der Erde steht witterungsunabhängig, ganzjährig und zu jeder Tageszeit zur Verfügung. Sie benötigt bei einer hohen produzierten Energiemenge vergleichsweise wenig Fläche“, betont er die Bedeutung des Projektes zur Erkundung der Geowärme.

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