Entführung ins Bordell bei Salzkotten: Mehrjährige Haftstrafen für die Täter

Salzkotten. Vehement geschwiegen hat Bojan C. (Namen geändert), seit er im August zusammen mit Krum J. und Mirko W. zum ersten Mal auf der Anklagebank des Landgerichts Paderborn Platz nehmen musste. Kein Wort sagte er dazu, dass ihm die Staatsanwaltschaft schweren Menschenhandel vorwarf, weil er in Holland seine ehemalige Lebensgefährtin auf offener Straße entführt haben soll, um sie erneut für sich als Prostituierte arbeiten zu lassen. Als der 38-Jährige jetzt kurz vor der Urteilsberatung des Gerichts sein Recht auf das letzte Wort wahrnimmt, tritt er die Flucht nach vorn an und legt indirekt ein Geständnis ab. Eine milde Strafe bringt ihm das aber nicht ein. Angeklagter überrascht im Paderborner Gericht seinen Verteidiger &bdquo;Ich bereue, was ich getan habe. Ich habe noch nie solche Sachen gemacht und will so etwas nie wieder tun“, gibt Bojan C. den Richtern mit auf den Weg. Damit dürfte er seinen Verteidiger Phillipp Allhoff überrascht haben. Denn dieser hat zuvor auf Freispruch plädiert. Im Gegensatz zu Oberstaatsanwalt Ralf Meyer, der vier Jahre und drei Monate Haft wegen schweren Menschenhandels verlangt, mag er Tamara U.s Schilderung nicht uneingeschränkt glauben und hält es für möglich, dass die 28-Jährige doch von ihrem Ex aus Schijndel hatte abgeholt werden wollen. Ein solches Argument indes mag Verteidiger Georg Niemöller nicht vorbringen. Es bestehe kein Zweifel, dass Tamara U. gegen ihren Willen von einer holländischen Straße in den &bdquo;Club Royal“ zwischen Salzkotten und Geseke gebracht worden sei. Sein Mandant Mirko W. sei aber &bdquo;zufällig und ohne schlechte Absicht“ in die Geschehnisse geraten, so Niemöller, der an das durch ihn gegen Ende der Beweisaufnahme verlesene Geständnis erinnert. Lesen Sie auch: Entführung ins Bordell bei Salzkotten: Frau sagt unter Tränen aus Irrtum wird dem Angeklagten erst auf der Rückfahrt aus Holland klar Demnach hatte der 32-Jährige geglaubt, dass Tamara U. ihren Ex gebeten habe, sie aus Holland zurückzuholen, sie zu befreien, er habe nur als Fahrer mitwirken und dafür 500 Euro erhalten sollen. Erst auf der Rückfahrt sei ihm klar geworden, dass er einem Irrtum aufgesessen war. Von einer Mittäterschaft will der Verteidiger da nicht sprechen. Sein Mandant habe weder eigenes Interesse an den Geschehnissen gehabt noch sei er an der Planung beteiligt gewesen. &bdquo;Er war ersetzbar“, sagt Niemöller, will allenfalls von Beihilfe zur Freiheitsberaubung sprechen und fordert für Mirko W., der zuvor weder in seiner Heimat Bulgarien noch in Deutschland mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist und nun schon seit Februar im Gefängnis sitzt, eine Bewährungsstrafe. Paderborner Richter beraten eine halbe Stunde Diese Sanktion hat auch Verteidiger Benedikt Bilstein für Krum J. im Sinn. Dieser sei zwar der Freiheitsberaubung schuldig, doch man müsse ihm zugutehalten, dass Tamara U. zumindest nicht körperlich verletzt worden sei, sagt Bilstein, bevor auch sein Mandant abschließend seiner Reue Ausdruck verleiht. Eine halbe Stunde benötigt das Gericht unter dem Vorsitz von Eric Schülke, um über die Schlussvorträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft nachzudenken. &bdquo;Alle drei Angeklagten wussten, dass Tamara U. gegen ihren Willen entführt werden sollte“, so die Bilanz der 1. Großen Strafkammer. Auch interessant: Ein Mann bricht nach Bordell-Entführung sein Schweigen Verurteilt wegen schweren Menschenhandels Sie folgt dem Antrag von Oberstaatsanwalt Ralf Meyer und verurteilt Bojan C. wegen schweren Menschenhandels zu drei Jahren und zehn Monaten Haft. Damit bleiben die Richter nur ein wenig unter dem Strafmaß des Anklägers, der vier Jahre und drei Monate verlangt hatte. Sie sind sicher, dass der 38-Jährige seine Ex aus Holland entführte, um sie - wie schon in der Vergangenheit - für sich als Prostituierte arbeiten zu lassen. Dass von dieser weitergehenden Absicht Mirko W. und Krum J. wussten, hält die Kammer für nicht erwiesen. Aber sie seien für Freiheitsberaubung zu verurteilen, so ihre Bilanz. &bdquo;Heftiges Tatbild“ führt zu mehrjährigen Haftstrafen Den Ausführungen von Mirko W. schenken die Richter keinen Glauben und verhängen gegen beide Angeklagte Haftstrafen in Höhe von zwei Jahren und neun Monaten. Angesichts des &bdquo;heftigen Tatbildes“, das einige Zeugen in Angst und Schrecken versetzt habe, könne man nicht zu einer Bewährungsstrafe finden, sagt der Vorsitzende Eric Schülke. Dass damit dieser Fall gänzlich abgeschlossen ist, dürfte unwahrscheinlich sein. Verteidiger Georg Niemöller kündigte noch im Gerichtssaal an, das Urteil dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorlegen zu wollen. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn.

Meistgelesen