Indische Krankenschwester prägte über Jahre das St.-Josef-Krankenhaus in Salzkotten

Salzkotten. Es war ein riesengroßer, mutiger Schritt für die damals 23-jährige Mariamma Theakkumkattil aus dem südindischen Kerala. Bisher hatte sie noch nie ihr Land, geschweige denn ihre Region verlassen. Sie wollte aber schon immer Krankenschwester werden. Dieser Wunsch erfüllte sich in Indien nicht. Ohne ein Wort Deutsch zu können, reiste sie 1967 mit drei anderen jungen Inderinnen nach Deutschland, um am St.-Josef-Krankenhaus eine Ausbildung zur Krankenpflegerin zu absolvieren. Und sie ist bis heute geblieben. 36 Jahre lang arbeitete sie vor allem auf der Entbindungsstation und war bei allen nur bekannt als Schwester Leizamma - unter ihrem Rufnamen. Am Mittwoch, 4. September, feiert sie ihren 80. Geburtstag. Der Kontakt nach Salzkotten entstand damals über einen katholischen Pastor aus dem indischen Nachbardorf. Georg Vavanikunnel promovierte in Trier und lernte bei einem Kurzurlaub in Salzkotten die Ordensschwestern kennen. &bdquo;Damals war es schon schwer, Personal für die Pflege zu bekommen und die Schwestern fragten nach Auszubildenden. Die konnte er vermitteln“, sagt die Tochter Silvia Theakkumkattil. &bdquo;Einen Platz in Indien in der Krankenpflegeschule zu bekommen, war damals sehr schwierig für meine Mutter. So war es eine Win-win-Situation für beide Seiten.“ Die Krankenhausverwaltung bezahlte den Flug, kümmerte sich um das Visum und im Schwesternwohnheim kamen die jungen Inderinnen unter. Anfangs hatte sie fast ein Jahr lang Heimweh &bdquo;Es fiel mir aber anfangs sehr schwer. Ich hatte fast ein Jahr lang Heimweh, wog nur noch 40 Kilo und war sogar zweimal im Krankenhaus“, blickt Leizamma Theakkumkattil auf das erste Jahr in Salzkotten zurück. Aber schnell wuchsen ihr das neue Land, die Stadt Salzkotten und vor allem die Menschen ans Herz. &bdquo;Ich war von Anfang an von der Herzlichkeit der Salzkottener überwältigt. Und die Ordensschwestern waren so gut zu uns, es war eine sehr schöne Gemeinschaft“, denkt sie gerne an die Zeit zurück. Wenn die Inderinnen durch die Stadt gingen, erweckten sie auch Aufsehen. &bdquo;Wir waren schon exotisch, Ausländer gab es damals ja nur sehr wenige in Salzkotten“, sagt Theakkumkattil. Aber Beleidigungen, dumme Bemerkungen oder gar rassistische Sprüche habe es nicht gegeben. Die Franziskanerinnen kümmerten sich auch darum, dass die vier jungen Inderinnen schnell Deutsch lernten. &bdquo;Einen Kurs gab es nicht, das wurde uns nebenbei nach und nach beigebracht“, sagt sie. Schon ein halbes Jahr vor dem Ausbildungsbeginn waren sie da und hatten so schon einen kleinen Wortschatz aufbauen können, auch bei einem kleinen Urlaub auf einem Bauernhof im Paderborner Land. Nach vier Jahren erstmals wieder zurück in der Heimat Nach vier Jahren war Leizamma Theakkumkattil dann das erste Mal wieder zurück in ihrer Heimat, zur Hochzeit des großen Bruders. Sie unterstützte anfangs mit ihrem Gehalt ihre Familie, zu der noch vier Brüder und eine Schwester gehörten. &bdquo;Wir waren keine reiche Familie, aber wir hatten immer ein großes Stück Land und lebten davon. Später war mein Bruder beim Militär und konnte unsere Eltern unterstützen“, erzählt sie. Nach der Ausbildung arbeitete sie erst drei Jahre in der Chirurgie und dann 33 Jahre auf der Entbindungsstation. Zwischen 800 und 1.000 Kinder seien damals pro Jahr in Salzkotten geboren worden - und Schwester Leizamma war sehr oft dabei. &bdquo;Ich habe meine Arbeit immer sehr gerne gemacht, obwohl wir viel zu tun hatten. Ich musste mich mit zwei Ordensschwestern um eine Station mit 24 Betten kümmern - und die Schwestern mussten immer zwischendurch weg zum Beten oder Essenkochen“, erinnert sie sich. &bdquo;Wir waren immer stolz auf unsere Mutter, wie sie alles unter einen Hut bekommen hat. Sie hat ihren Beruf geliebt, war immer loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber“, meint ihre Tochter und betont: &bdquo;Sie ist das beste Beispiel für eine gelungene Integration.“ Späte Hochzeit in Indien war arrangiert Ab und zu besuchte sie auch die Familie in Indien, auch mit dem Ziel zu heiraten. &bdquo;Für indische Verhältnisse war Mama schon recht alt für die Heirat. Es war dann eine arrangierte Ehe“, berichtet die Tochter. Mit 29 Jahren heiratete Leizamma Theakkumkattil dann ihren Mann George - sie bekamen die Töchter Silvia und Alice. &bdquo;Unser Vater stammt aus einer anglo-indischen Familie, er hatte schon ein abgeschlossenes Biologiestudium, das wurde hier aber nicht anerkannt. Familiennachzug gab es damals auch noch nicht. Wieder waren es die Franziskanerinnen, die sich dafür eingesetzt hatten, dass er einreisen durfte“, sagt Silvia Theakkumkattil. Er bekam ein Visum und absolvierte eine Ausbildung in der Pflege. Seit 2008 lebt George Theakkumkattil wieder in Indien. &bdquo;Er sah sich immer als Gastarbeiter und wollte zurück. Unsere Mutter wollte aber nicht pendeln zwischen Salzkotten und Indien. Zudem wollte sie sich auch um die Kinder meine Schwester in Paderborn kümmern“, erklärt Silvia Theakkumkattil. &bdquo;Und Salzkotten ist auch meine Heimat geworden, ich fühle mich hier wohl und habe den Schritt damals nie bereut“, fügt Leizamma Theakkumkattil lachend hinzu. Nur an eins hat sie sich nie richtig gewöhnt: an das deutsche Essen. Jeden Tag muss sie ihren heiß geliebten Reis haben, am liebsten als Curry. Und so findet ihre Geburtstagsfeier auch standesgemäß in einem indischen Restaurant statt.

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