Sex mit Minderjährigen? Paderborner jahrelang unschuldig unter Verdacht

Paderborn. Seit fast drei Jahren steht Zehim I. (Namen geändert) unter einem schlimmen Verdacht. Im September 2022 behaupteten zwei damals 13 Jahre alte Mädchen, der heute 22 Jahre alte Paderborner habe mit ihnen Sex gehabt - in dem Wissen ihres sehr jungen Alters. Zehim I. wurde an seinem Ausbildungsplatz festgenommen, fast zwei Monate musste er in Untersuchungshaft verbringen, bis die 5. Große Jugendkammer des Landgerichts Paderborn den Haftbefehl außer Vollzug setzte. Jetzt sprach ihn diese Kammer, wie von Verteidigung und Staatsanwaltschaft einhellig beantragt, von sämtlichen Vorwürfen frei. Auf die Aussagen der beiden jungen Mädchen mochte sie keine Verurteilung stützen. Schon bei einem ersten Versuch der gerichtlichen Aufarbeitung im Frühjahr 2024 waren Zweifel an den Schilderungen der heute 16 Jahre alten Carina N. aufgekommen, sodass eine Gutachterin damit beauftragt wurde, die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu überprüfen. Tatsächlich befand, wie berichtet, die Psychologin Simone Mussavi, dass die Teenagerin &bdquo;nicht vollumfänglich aussagetüchtig“ sei, weil sie ihre Gesprächspartner nach ihrem eigenen Gutdünken &bdquo;selektiv“ und &bdquo;beliebig“ informiere. &bdquo;Die Zuverlässigkeit ihrer Aussage ist sehr stark eingeschränkt“, bilanzierte die Expertin am ersten Prozesstag, nachdem kurz zuvor Carina N. ihre Aussage verweigert hat. Aussage von Paderborner Mädchen voller Erinnerungslücken Eine Woche später erscheint ihre gleichaltrige Freundin Lola L. Sie hat gleichfalls Zehim I. beschuldigt, mit ihr im Sommer 2022 Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Lola L. ist in Begleitung von zwei Polizeibeamten, weil sie ihre Vorladung zum ersten Prozesstag ignoriert hat. Ihre Vernehmung, unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt, dauert zwar eine gute Dreiviertelstunde, ist aber anscheinend geprägt von Erinnerungslücken. Keines der beiden Mädchen habe eine belastbare Aussage gemacht, wird die Vorsitzende Richterin eine Stunde später in ihrer Urteilsbegründung den Sachverhalt auf den Punkt bringen. Zum Hintergrund: Paderborner Richter ringen um die Wahrheit Und so mag am Ende der Beweisaufnahme niemand mehr glauben, dass die beiden Mädchen Zehim I. gleich nach dem Kennenlernen über ihr zartes Alter informiert hatten. Carina N. und Lola L. hätten zum Tatzeitraum &bdquo;eine ungünstige soziale Entwicklung in einem unzuverlässigen Umfeld und über einen nicht altersgemäßen sexuellen Erfahrungsschatz verfügt“, erklärt Richterin Klein. Sie hätten die Nähe des Angeklagten gesucht. Paderborner Richterin kritisiert &bdquo;stundenlanges Nachfragen“ Als die Vorsitzende der Kammer auf das Aussageverhalten beider Zeuginnen zu sprechen kommt, findet sie kritische Worte für die Arbeit der ermittelnden Bielefelder Polizeibeamten. &bdquo;Es ist die Frage, ob man Aussageunwilligkeit durch stundenlanges Nachfragen beseitigen kann“, sagt Nicole Klein. &bdquo;Das war ein unglückliches Vorgehen.“ Die Arbeit der Ermittler hat kurz zuvor auch Verteidiger Detlef Stoffels in den Blick genommen. Anscheinend gehören die Vorwürfe, die 2022 gegen Zehim I. erhoben wurden, zu einem größeren Komplex, mit dem sich eine eigens von der Bielefelder Polizei gebildete Ermittlungskommission beschäftigte. Diese habe eine &bdquo;Schneise der Verwüstung“ hinterlassen, sagt der Verteidiger. Fragwürdige Vernehmungen: &bdquo;Alte weiße Männer befragen sehr junge Mädchen“ Etliche fragwürdige Vernehmungen seien durchgeführt worden. &bdquo;Sehr junge Mädchen sind von alten weißen Männern befragt worden“, prangert Stoffels an. Die Folge: Gleich mehrere junge Beschuldigte gerieten in den Fokus der Ermittler. Die Vorwürfe seien letztlich nicht bestätigt worden, so Stoffels. Ein Verfahren sei sogar damit geendet, dass nicht einmal die Anklage zugelassen worden sei. Was Stoffels aber besonders alarmiert, ist das Vorgehen einer Dolmetscherin bei der ersten Vernehmung seines Mandanten durch die ermittelnden Polizeibeamten. Sie versuchte nämlich, Zehim I., der von Anfang an von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wollte, davon zu überzeugen, doch eine Aussage zu machen und ein Geständnis abzulegen. Von der 5. Großen Strafkammer dazu befragt, beteuerte die Übersetzerin, dass dieses Vorgehen &bdquo;gang und gäbe“ sei, wenn ausländische Beschuldigte es vorzögen, zu schweigen. &bdquo;So etwas darf nicht passieren“, sagt Detlef Stoffels und auch die Kammer hat hierzu eine klare Meinung. Ein solches Vorgehen der Ermittler sei nicht zur Überführung eines Beschuldigten geeignet. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn.

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