Smartwatches für Kinder: Paderborner Experte warnt und gibt Eltern Tipps

Paderborn. Immer mehr Eltern in Paderborn setzen bei ihren Kindern auf Smartwatches. Während in Deutschland aktuell ein Vorschlag der NRW-Landesregierung diskutiert wird, die Handynutzung an Grundschulen grundsätzlich zu verbieten, greift dort vorrangig jedoch ein ganz anderer Trend um sich: smarte Uhren. In den Klassenräumen bemerken die Lehrkräfte immer mehr kleine Displays an den Handgelenken der Schülerinnen und Schüler: &bdquo;Smartwatches sind bei uns sehr präsent. Es kommt zwar nur selten vor, dass eine Watch klingelt, weil Eltern im Unterricht anrufen oder der Schulmodus nicht angeschaltet ist, trotzdem sehen wir davon im Alltag sehr viele mehr als noch vor einigen Jahren“, berichtet Maxi Brautmeier-Ulrich, Sprecherin der Grundschulen Paderborn und Leitung der Grundschule Sande. Gerade wegen dieses Features sei die Smartwatch für viele Eltern eine gern genutzte Alternative zum Smartphone: &bdquo;Eltern können den Modus selbst aktivieren und so festlegen, welche Apps das Kind auf der Uhr verwenden darf und welche nicht“, bestätigt Walter Wirch, Vorstandssprecher der Paderborner Stadtschulpflegschaft. Die Hintergründe zum Handy-Verbot: Land empfiehlt NRW-Grundschulen striktes Handyverbot Paderborner Professor sieht Smartwatches kritisch Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sven Lindberg (@lindberg_sven) Sven Lindberg ist Professor für klinische Entwicklungspsychologie und Digitalisierung an der Universität Paderborn. Laut ihm sollten Smartwatches bei Kindern mit Bedacht eingesetzt werden: &bdquo;Vor allem in der Grundschulzeit, in der Kinder ein stärkeres Gefühl für ihre Persönlichkeit entwickeln, ist es wichtig, ihre Autonomie nicht unnötig einzuschränken.“ Gerade Eltern, deren Kind aufgrund von persönlichen Einschränkungen oder eines langen Fahrtweges Kontaktmöglichkeiten braucht, greifen immer wieder auf ein solches Gerät zurück: &bdquo;Eine Smartwatch kann eine beruhigende Funktion haben, indem sie ermöglicht, das Kind zu lokalisieren oder im Notfall zu kommunizieren. Das kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn Kinder keinen Zugang zu Smartphones haben und in Schulen Mobiltelefone nicht erlaubt sind“, erklärt Sven Lindberg. Trotzdem sieht der Experte den Einsatz der Uhren sehr kritisch. Eine Smartwatch könne für ältere Kinder sinnvoll sein, wenn sie den Umgang mit Technologie verstehen: &bdquo;Es zeigt sich, dass Smartwatches zunehmend schon im Kindergartenalter genutzt werden. Immer mehr Kitas und Schulen müssen klare Verbote und Regeln abstecken, weil die Nutzung stetig auch in sehr jungen Altersgruppen weiter zunimmt“, so Lindberg. Weitere Informationen zum Thema: Noch zeitgemäß? Warum diese Schule in Hiddenhausen Handys und Smartwatches verbietet Paderborner Eltern sollten eigene Beweggründe hinterfragen Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Gutes Aufwachsen mit Medien (@gutes_aufwachsen_mit_medien) Bevor jedoch überhaupt ein Gerät angeschafft wird, empfiehlt der Experte, innezuhalten: &bdquo;Eltern sollten sich ernsthaft mit ihren Motiven auseinandersetzen und überlegen, ob die Smartwatch lediglich eine Reaktion auf ihre eigenen Ängste ist“, rät Sven Lindberg. Es sollte sichergestellt werden, dass die Uhr wirklich dem Wohl des Kindes dient, denn Smartwatches können laut dem Experten tief in die soziale Entwicklung eingreifen: &bdquo;Kinder könnten in ihrer Selbstständigkeitsentwicklung gehemmt werden, wenn sie bei alltäglichen Konflikten, wie einem Streit auf dem Schulhof, direkt auf elterliche Unterstützung zurückgreifen. Eine ständige Rückversicherung kann langfristig Unsicherheit fördern“, mahnt er. Darüber hinaus können die Uhren auch eine enorme Ablenkung darstellen – etwa im Klassenzimmer oder während des Spiels mit Freundinnen und Freuden: &bdquo;Durch die Sensorik oder das Aufblinken am Handgelenk kann die Aufmerksamkeit vom direkten Umfeld abgezogen werden und so die Konzentration erheblich stören“, erläutert Lindberg. Zudem berge die ständige Überwachung durch die Eltern die Gefahr, dass Kinder sich kontrolliert fühlen: &bdquo;Das kann langfristig das Vertrauen zwischen Eltern und Kind untergraben und die Selbstwirksamkeit des Kindes beeinträchtigen“, warnt er. Mehr zur Smartphone-Situation in Paderborn: Hass und Gewalt in Kinderhänden: Paderborn diskutiert über Handyverbot an Schulen Datenschutz und Sicherheit: Auswahlkriterien für Paderborner Eltern Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von SCHAU HIN! (@initiative_schau_hin) Wichtig sei deshalb, das Kind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und die Nutzung der Smartwatch gemeinsam zu erarbeiten: &bdquo;Dazu gehört eine transparente Kommunikation über die Funktionen der Uhr und deren Grenzen“, so Lindberg. Übungen im Umgang mit der Smartwatch stärken die Selbstwirksamkeit des Kindes: &bdquo;Klare Regeln und eventuell sogar ein ’Vertrag’ zwischen Eltern und Kind kann helfen, einen verantwortungsbewussten Umgang zu fördern“, rät er. Wenn sich Eltern doch für die Nutzung eines Gerätes entscheiden, sollte bei der Auswahl einer Smartwatch vor allem auf Sicherheitsfeatures geachtet werden. Eine einfache Notfallkommunikation und Standortbestimmung können laut Sven Lindberg nützlich sein, doch sei es ebenso entscheidend, dass die Uhr nicht zu einer Ablenkung wird: &bdquo;Hierbei ist ein offener Dialog innerhalb der Familie essenziell, um zu entscheiden, welche Funktionen tatsächlich einen positiven Beitrag zur Entwicklung des Kindes leisten können“, empfiehlt er. Die Unterschiede zwischen Smartwatch-Modellen seien erheblich – von simplen Tracking-Funktionen bis hin zu umfangreichen Kommunikationsmöglichkeiten oder dem bereits angesprochenen Schulmodus sei alles möglich. Wichtig ist laut dem Experten jedoch, dass die Watch DSGVO-konform ist: &bdquo;Eltern sollten sich bewusst machen, dass insbesondere günstige Modelle erhebliche Sicherheitslücken aufweisen können. Empfehlenswert sind deshalb Geräte, die nachweislich die Privatsphäre schützen – etwa durch geprüfte Sicherheitszertifikate wie das GS-Zeichen.“ Mehr zum Thema Handynutzung in Paderborn: Handyverbot an Schulen? Paderborner Schulleiter suchen nach Lösungen Stadtschulpflegschaft Paderborn fordert mehr Aufklärung Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Universita?t Paderborn (@uni_paderborn) Zukünftig werden laut dem Experten in Klassenräumen wohl noch mehr smarte Uhren an kleinen Handgelenken klingeln. Und nicht nur das: &bdquo;Ein zunehmender Trend ist der Einsatz von Tracking-Devices wie AirTags – häufig aus dem Wunsch nach Sicherheit heraus. Gleichzeitig wirft diese Praxis Fragen zu Datenschutz, pädagogischer Sinnhaftigkeit und langfristiger Wirkung auf“, kritisiert er. Bildungseinrichtungen empfiehlt Sven Lindberg deshalb verstärkt, Informationsabende anzubieten, um Eltern über die Vor- und Nachteile mobiler Endgeräte aufzuklären. Auch die Paderborner Stadtschulpflegschaft beobachtet mit wachsender Sorge die Zunahme problematischer Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen. In einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier fordern die Vertreterinnen und Vertreter ebenfalls mehr Aufklärung und Sensibilisierung. Denkbar wären laut der Stadtschulpflegschaft, neben Elternabenden und Vortragsreihen, mehr Informationsmaterialien zu Kontroll- und Schutzmechanismen für digitale Endgeräte, Anlaufstellen oder Kummerkästen für Eltern, die sich unsicher fühlen oder Beratung wünschen, sowie die Kooperation mit Fachexpertinnen und -experten anzubieten. Lesen Sie auch: &bdquo;Es ist so entspannt“: Schulleiter aus OWL berichten von rigorosen Handyverboten

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