Hass und Gewalt in Kinderhänden: Paderborn diskutiert über Handyverbot an Schulen

Paderborn. Wohin mit dem Smartphone? Nicht nur Paderborn, sondern in ganz Deutschland werden momentan Handyverbote diskutiert. Grund dafür ist eine Mitteilung des NRW-Schulministeriums: Diese besagt, dass die Schulen bis zum Herbst &bdquo;eigene altersgerechte Regeln“ für die private Handynutzung geben und diese verbindlich in die Schulordnung aufnehmen sollen. Das Land gibt im gleichen Zug eine zusätzliche Empfehlung ab: Grundschulen wird geraten, die private Nutzung von Handys und Smartwatches auf dem Schulgelände und im Schulgebäude &bdquo;grundsätzlich“ nicht zu erlauben. Doch wie ist die Situation in Paderborn? Einheitliche Regelungen gibt es seitens der örtlichen Behörden nicht: &bdquo;Die Schulen treffen die Regelungen bezüglich der Handynutzung vor Ort selbst. Daher liegen der Bezirksregierung auch keine Daten und Erkenntnisse aus den einzelnen Schulen vor“, heißt es seitens der Bezirksregierung Detmold auf Anfrage. Die Haltung der Grundschulen im Stadtgebiet zum Thema Smartphones ist jedoch sehr deutlich: &bdquo;Es ist nicht notwendig, dass Kinder ein Handy mit in die Schule bringen“, sagt Maxi Brautmeier-Ulrich, Sprecherin der Grundschulen Paderborn und Leitung der Grundschule Sande. Die Hintergründe zum Handy-Verbot: Land empfiehlt NRW-Grundschulen striktes Handyverbot Zu viele Smartwatches in Paderborner Klassenzimmern Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Bildungsland NRW (@bildungsland.nrw) Sie verweist auf Schulkonferenzbeschlüsse, die sich an den Empfehlungen des Ministeriums orientieren: &bdquo;Im Unterricht sind weder Handys noch Smartwatches erlaubt. Wenn Kinder ein Handy dabei haben, muss dieses während der gesamten Schulzeit im Schulranzen bleiben, Watches müssen im Schulmodus betrieben werden“, erklärt sie. Während der Schulzeit sei das Thema Smartphones weniger stark im Vordergrund – ganz im Gegenteil zu Smartwatches. &bdquo;Die sind bei uns sehr präsent. Es kommt zwar nur selten vor, dass eine Watch klingelt, weil Eltern im Unterricht anrufen oder der Schulmodus nicht angeschaltet ist, trotzdem sehen wir davon im Alltag sehr viele mehr als noch vor einigen Jahren“, berichtet sie. Gerade wegen dieses Features sei die Smartwatch jedoch für viele Eltern eine gern genutzte Alternative zum Smartphone: &bdquo;Eltern können den Modus selbst aktivieren und so festlegen, welche Apps das Kind auf der Uhr verwenden darf und welche nicht“, bestätigt Walter Wirch, Vorstandssprecher der Paderborner Stadtschulpflegschaft. Auch er empfehle Eltern, deren Kind aufgrund von persönlichen Einschränkungen oder einem langen Fahrtweg Kontaktmöglichkeiten braucht, ein solches Gerät statt eines Smartphones. In der Grundschule hält Wirch ein Handy-Verbot jedoch ebenfalls für völlig angebracht: &bdquo;Für Grundschule und Unterstufe ist ein Smartphone nicht notwendig – weder vor noch nach der Schule und auch nicht in den Pausen. Ein klares Verbot würde vieles erleichtern und Diskussionen vermeiden“, stellt er klar. Weitere Informationen zum Thema: Noch zeitgemäß? Warum diese Schule in Hiddenhausen Handys und Smartwatches verbietet Überforderung in Paderborn: Unkontrollierter Zugang zu digitaler Gewalt Die unklare Situation stelle nicht nur die Eltern, sondern auch die Lehrkräfte vor immense Herausforderungen. &bdquo;Wir sind extrem gefordert und brauchen Unterstützung und Fortbildung“, fordert die Maxi Brautmeier-Ulrich. Das Problem: Medienerziehung und -nutzung seien außerhalb des Schulgeländes nur schwer zu kontrollieren: &bdquo;Die Nutzungsdauer hat zugenommen, und auch die Nutzungsart hat sich verändert. Kinder beschäftigen sich zunehmend mit Apps und Programmen, die ihrer Altersgruppe nicht angemessen sind“, erklärt die Sprecherin. Besonders gefährlich seien dabei Inhalte, die eigentlich nur für Erwachsene (FSK 18) vorgesehen seien: &bdquo;Es gibt große Probleme mit Gewaltdarstellungen – Stichwort Squid Game. Kinder können hierbei nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden“, berichtet die Lehrkraft. Die Folgen seien alarmierend: &bdquo;Wir beobachten immer mehr, dass die Kinder genau diese Inhalte nachsprechen und -spielen. Töten wird als normale Situation wahrgenommen, was Empathie und Feingefühl immer schwieriger macht“, erläutert sie. Die emotionale und soziale Entwicklung, aber auch die Hirnentwicklung würden durch das ständige Konsumieren nicht altersgerechter Medieninhalte stark beeinträchtigt werden: &bdquo;Dies führt wiederum zu Konzentrationsschwierigkeiten und einer geringeren Bereitschaft, sich auf Dinge einzulassen, die nicht mit sofortiger Belohnung verbunden sind“, so Brautmeier-Ulrich weiter. Der Unterricht hätte es schwer, gegen diese Verstärkersysteme anzukommen: &bdquo;Wir werben für mehr Austausch und für Fachkräfte für die Mediennutzung. Es ist wichtig, ganz genau hinzuschauen und mit den Kindern ins Gespräch zu kommen.“ Mehr zum Thema Handynutzung in Paderborn: Handyverbot an Schulen? Paderborner Schulleiter suchen nach Lösungen Paderborner Stadtjugendrat fordert mehr Prävention Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Stadtjugendrat Paderborn (@jugendrat.paderborn) Eine Möglichkeit wäre der Einsatz sogenannter &bdquo;Medienscouts“. Diese gesondert ausgebildeten Schülerinnen und Schüler werden eingesetzt, um über einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien aufzuklären – bisher jedoch nur an weiterführenden Schulen. &bdquo;Ich finde es wichtig, dass dieses Präventionsangebot auch auf Grundschulen ausgeweitet wird“, sagt Garrick Gockel, stellvertretender Vorsitzender im Stadtjugendrat und selbst ehemaliger Medienscout. &bdquo;Auch Grundschüler werden mit Informationen geflutet, die Hemmungen werden geringer. Mein Eindruck ist jedoch, dass das Thema zu Hause weniger thematisiert wird“, kritisiert er. Dass es einigen Eltern diesbezüglich an Sensibilisierung mangle, bestätigt auch Walter Wirch: &bdquo;Häufig herrscht Unkenntnis, auch Überforderung ist ein Thema.“ Für ihn ist klar: &bdquo;Wenn Eltern ihren Kindern ein Handy zur Verfügung stellen, entsteht die Verpflichtung, zu überwachen, was das Kind damit macht und auf die Einhaltung von Nutzungszeiten zu achten.“ Er wünsche sich ebenfalls eine klare Haltung der Politik - auch auf lokaler Ebene: &bdquo;Wir brauchen ein ganzheitliches Konzept, das auch Informationsabende und psychologische Betreuung umfasst“, fordert Wirch. Nicht nur die Kinder müssten abgeholt werden, sondern auch die Eltern: &bdquo;In meinen Augen muss die Politik tätig werden, auch wenn das Land zögert.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Es ist so entspannt“: Schulleiter aus OWL berichten von rigorosen Handyverboten

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