Historische Fotos zeigen den Wandel: Wie Paderborn früher aussah

Paderborn. Andreas Gaidt ist der Herr über Zigtausend historische Fotos. Wie viele genau, das kann der Mitarbeiter des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn nicht sagen. Rund 150.000 Aufnahmen seien erschlossen – also identifiziert und auffindbar gemacht. Und dann ist da der noch nicht erschlossene Teil. &bdquo;Das ist wahrscheinlich noch mehr“, sagt Gaidt. Seit einem Vierteljahrhundert kümmert er sich um diese vielen Fotos, die das frühere Paderborn und das Kreisgebiet zeigen. Bevor er bald in den Ruhestand geht, hat er für die &bdquo;NW“ historische Aufnahmen herausgesucht, die er als besonders empfindet. Was macht Fotos historisch überhaupt bedeutsam? &bdquo;Die Dokumentation ist das Entscheidende“, sagt der 66-Jährige. Sich ein Bild von früheren Zeiten machen zu können, sei wichtig. Oft handelt es sich dann um Fotos von Straßenzügen und – womöglich nicht mehr vorhandenen – Gebäuden, die den Wandel in Paderborn zeigen. Alltagsszenen mit Menschen geben ebenfalls einen Einblick – und das bis heute. Beispielsweise der Kaufhof-Abriss wird irgendwann einen historischen Wert haben. Sammlung mit historischen Fotos von Paderborn gibt es seit sechs Jahrzehnten Wenn er und seine Kollegen Foto-Anfragen erhielten, ginge es aktuell meist um die Zeit des Zweiten Weltkriegs, sagt Andreas Gaidt. Er hält eine Fotosammlung wie die des Stadt- und Kreisarchivs relevant für die Bildungsarbeit. &bdquo;Bilder bleiben besser in Erinnerung und machen Situationen meiner Meinung nach besser begreifbar als Texte“, sagt Gaidt. Zudem sei eine Fotoüberlieferung natürlich wichtig für die Geschichtswissenschaft. Das Fach Geschichte war es auch, das Gaidt zusammen mit Soziologie und Philosophie studiert hatte. Vor drei Jahrzehnten kam er dann nach Paderborn. Ende der 1990er-Jahre fing er im Paderborner Archiv an, im Jahr 2000 übernahm er die Aufgabe, die Fotosammlung der Stadt Paderborn zu betreuen. Bereits 1959 wurde entschieden, eine solche Sammlung aufzubauen. Sieben Jahre später beinhaltete sie bereits 4.200 Fotos. &bdquo;Das war damals eine Menge“, meint Gaidt. Auch wenn zwischenzeitlich nur spärlich weiter gesammelt worden sei, kamen bis zu seinem Dienstantritt Zehntausende Aufnahmen hinzu. Mehr zum Thema: Besonderer Foto-Fund zeigt Paderborn in den Trümmern der Nachkriegszeit Archivar Gaidt hat Bücher mit alten Fotos aus Paderborn veröffentlicht Mit seinem Wissen über den historischen Foto-Bestand geht Gaidt auch an die Öffentlichkeit: Er hielt Vorträge, erarbeitete jährliche Fotoausstellungen im Bürgermeister-Flur des Rathauses und war an Bildbänden beteiligt – beispielsweise zu &bdquo;Paderborn in Farbe 5.0: Von frühen Farbaufnahmen bis zu heutigen Digitalfotografien“ und zu &bdquo;500 Jahre Libori“. Und &bdquo;Paderborn in historischen Fotografien“ mit Bänden zu verschiedenen Schwerpunktthemen ist &bdquo;meine Reihe“, sagt Gaidt, der in Schloß Neuhaus lebt. Aus dem Archivalltagsgeschäft hat sich der 66-Jährige mittlerweile ein bisschen zurückgezogen. Im August sei dann endgültig Schluss. Privat werde er aber noch an Projekten arbeiten – etwa an der Neuhäuser Ortschronik. Vor dem baldigen Eintritt in den Ruhestand hat er aber aus der Fotosammlung des Stadt- und Kreisarchivs besondere Aufnahmen herausgesucht: Der Wiederaufbau Paderborns nach dem Zweiten Weltkrieg Nach der Währungsreform, also in der Phase der Nachkriegszeit, besorgte sich der Paderborner Amateurfotograf Franz-Josef Tudyka eine Leica-Kamera. Als gerade 18-jähriger junger Mann bestieg er im Sommer 1949 den Domturm. In Farbe hielt er von hier aus den Anblick der Stadt zwischen Trümmer und Wiederaufbau fest, hier Richtung Osten zur Busdorfkirche. &bdquo;Für mich gehört diese Serie mit zu den eindrucksvollsten Fotografien der städtischen Sammlung“, sagt Archivar Gaidt. Die ehemalige Paderborner Molkerei an der Benhauser Straße Anfang der 2010er-Jahre übergab Käthe Köppelmann den Nachlass ihres Mannes Hanns Köppelmann in einem Umfang von mehreren Zehntausend Fotos und meist Negativen dem Stadtarchiv Paderborn. Den letzten Atelierfotografen der Köppelmann-Dynastie beauftragten zahlreiche Privatpersonen und Firmen. Zu den Auftraggebern gehörte mehrfach die 1908 gegründete Paderborner Molkerei an der Benhauser Straße, hier im Bild die Abfüllanlage 1966. Der Standort wurde 1987/88 nach Rimbeck verlegt. Protest von Studierenden in Paderborn Im Mai 1973 demonstrierten die Studierenden der jungen Paderborner Gesamthochschule gegen die Rahmenprüfungsordnung für die Universitäten in NRW, hier geht es gerade – skeptisch beäugt – an der Polizeiwache Ferdinandstraße vorbei, im Bild festgehalten von Hans-Jürgen Schäfer. &bdquo;Leider nur wenige Fotos in der rund 150.000 Stücke umfassenden Fotosammlung des Stadt- und Kreisarchivs zeigen solche Ereignisse“, sagt Gaidt. Neuhäuser Tor in Paderborn vor dem Abriss Das Neuhäuser Tor wurde 1872 abgebrochen, womöglich war dies der Anlass für Wilhelm Köppelmann, dieses Foto aufzunehmen, sagt Gaidt. Am 25. Oktober 1871 stattete der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm Paderborn einen nachmittäglichen Besuch ab. Und schon am 2. November beschlossen die Stadtverordneten, ihm zur Erinnerung ein Album zu schenken &bdquo;mit Fotografien interessanter Gebäude der Stadt“. Eine Kommission wurde gewählt, Wilhelm Köppelmann als Fotograf hat gewonnen und das Prachtalbum Ende März 1872 fertiggestellt. &bdquo;Leider ist es heute verschollen. Ob dieses Foto hierin enthalten war?“, fragt sich Gaidt. Kinder spielen in der Pader Ältere Paderborner erzählen mitunter, wie sie als Kinder regelmäßig in der Pader gespielt haben, sagt Archivar Gaidt. Das Foto von Wolfgang Mietusch aus dem Jahr 1958 zeigt dieses erinnerte Lebensgefühl der 1950er-Jahre. Riesenrad zu Libori in Paderborn 1960 präsentierte Adolf Steiger sein neues Riesenrad auf Libori. &bdquo;Der Gigant“ hatte eine Höhe von 35 Metern und begeisterte die Paderbornerinnen und Paderborner bis 1972, als Steigers Riesenrad letztmalig auf Libori aufgestellt worden war und die Ära von Erich Wilhelms Riesenrädern begann. Die Schäfergasse am Kamp in Paderborn &bdquo;Seit den 1870er-Jahren erfreuen sich Ansichtskarten großer Beliebtheit. Ab etwa 1910 wurden Fotokarten populär“, sagt Archivar Andreas Gaidt. Viele Berufs-, aber auch Amateurfotografen vergrößerten ihre Werke gleich auf Postkartenkarton. Sie konnten verschickt werden oder wanderten in die eigene Erinnerungssammlung. Der gebürtige Paderborner Wilhelm Lange ließ sich um 1920 als Fotograf in Soest nieder. Vor die Linse nahm er nicht nur Paderborns Schmuckstücke Rathaus, Haus Heising oder Marktplatz, sondern auch Hinterhöfe und kleine Gassen wie hier die Schäfergasse am Kamp. Mariengässchen in der Paderborner Innenstadt &bdquo;Eine der zentralen Aufgaben der Bildüberlieferung ist es, Veränderungen im Stadtbild festzuhalten“, sagt Gaidt. Den Blick auf diesem Foto gibt es heute nicht mehr. 1934 schaut der Fotograf, Paul Michels, durch das Mariengässchen. Die kleine Straße führte damals wie heute vom Marienplatz zur Straße Im Düstern. Damals jedoch war noch der weitere Blick auf die hintere Bebauung der Westernstraße frei – auf den Lichtspielpalast von Josef Böhle, Westernstraße 14, die frühere Centralhalle. Die alte Synagoge in Paderborn Die weitgehend unbekannten 16 Kabinettaufnahmen des Verlegers, Druckers und Buchhändlers Theodor Thiele enthalten auch dieses Foto der 1881/82 am Busdorf errichteten Synagoge. &bdquo;Das Aussehen der Synagoge ist auf zahlreichen Ansichtskarten überliefert und in der Literatur beschrieben, jedoch war bislang keine Einzelaufnahme des Gebäudes bekannt“, sagt Gaidt. Der Paderborner Dom vor 150 Jahren In der Fotosammlung des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn sind mehrere Stadtansichten aus der Zeit um 1870 enthalten. Unbekannt war lange das genaue Entstehungsjahr und der Name des Fotografen. In den vergangenen Jahren konnte hier für mehrere Stücke Klarheit hergestellt werden. 1869 bot Ferdinand Schöningh neun Fotografien zum Kauf an. Darunter diese Ansicht der Nordseite des Doms vom Rothoborn aus. Der Originalabzug, eine sogenannte Carte de Visite, verrät den Namen des Fotografen: Friedrich Hundt aus Münster.

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