Historische Fotografie in OWL

Besonderer Foto-Fund zeigt Paderborn in den Trümmern der Nachkriegszeit

Viele Fotos des Salzkottener Fotografen Theo Gockel galten lange als verschollen – bis jetzt: Sein Sohn Paul übergab die wertvollen Negative nun an das Stadt- und Kreisarchiv. Auch unbekannte Fotos sind darunter.

Regelmäßig fotografierte Theo Gockel die Baufortschritte auch auf dem Dom. Hier ein Blick aus der Zeit um 1946 über den Marktplatz. Der Platz ist von Trümmern weitestgehend geräumt (unten noch Reste des Neptunbrunnens), der Wiederaufbau einiger Häuser hat begonnen. Die Werkstatt von Johannes Beverungen, Markt 2, wurde bereits 1945 wieder als Behelf errichtet, das Rathaus am rechten Bildrand jedoch harrt noch eines neuen Dachstuhls und dem Richtfest zu Libori 1947. | © Stadt- und Kreisarchiv

27.03.2025 | 27.03.2025, 10:31

Paderborn. Das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn ist um einen weiteren historischen Schatz reicher: Fotos des gebürtigen Paderborner Fotografen Theo Gockel, die die Trümmerräumung in der Paderborner Ruinenlandschaft nach dem Zweiten Weltkrieg und den beginnenden Wiederaufbau zeigen, lagen bisher nur als Reproduktionen vor. Theo Gockels jüngster Sohn Paul hat nun die originalen Negative wiederentdeckt und sie dem Stadt- und Kreisarchiv Paderborn überlassen. Nun sind laut einer Pressemitteilung der Stadt Paderborn jedoch weitere, bisher unbekannte Motive aufgetaucht.

Theo Gockel wurde 1909 in Paderborn geboren und trat als Kaufmann in die Fabrik für explosionssichere Gefäße FeG (später Salzkotten Maschinen- und Apparatebau-AG) ein. Er war begeisterter Amateurfotograf und hat seine Motive auch in seiner Heimatstadt gesucht. Aus dem Hobby machte Gockel nach 1945 einen Beruf und gründete 1948/49 in Upsprunge ein erstes Fotoatelier. Zwei Jahre später verlegte er dieses nach Salzkotten und wurde zusätzlich Fotografenmeister. 2004 starb Theo Gockel, 2007 seine Ehefrau Theresia.

Lücken im Bildarchiv: Werke von Gockel gelten weiter als vermisst

Paul Gockel (Mitte) übergibt der Stadt Paderborn seinen Bilderschatz. I. Beigeordneter Carsten Venherm (links) und der Leiter des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn, Wilhelm Grabe, nehmen die wertvollen Negative entgegen. - © Stadt Paderborn
Paul Gockel (Mitte) übergibt der Stadt Paderborn seinen Bilderschatz. I. Beigeordneter Carsten Venherm (links) und der Leiter des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn, Wilhelm Grabe, nehmen die wertvollen Negative entgegen. | © Stadt Paderborn

2011 übernahm laut der Pressemitteilung die Stadt Salzkotten den fotografischen Nachlass – dieser umfasste etwa 18.000 Kleinbildnegative. Als die Stadt für ihr 775-jähriges Jubiläum 2022 beim Leiter des Stadt- und Kreisarchivs, Wilhelm Grabe, eine Festschrift in Auftrag gab, habe nahe gelegen, dass der Nachlass entsprechend gewürdigt werden soll.

Autor Andreas Gaidt, im Stadt- und Kreisarchiv zuständig für die Bildüberlieferung, sei jedoch schnell aufgefallen, dass im Nachlass wichtige Teile des fotografischen Schaffens Gockels fehlten – darunter zum Beispiel Fotoalben mit zahlreichen Paderborner Motiven, Fotos einer Italienreise, die Gockel mit seinem Freund Hermann Dahlmeier 1934 unternommen hatte, Fotos, die Gockel im Auftrag der britischen Armee aufgenommen hatte und eben auch die meisten Negative und Fotos der Kriegszerstörung in Paderborn.

Die Fotos der Italienreise habe 2022 jedoch Gockels Enkel Thomas bei sich entdeckt und dem Stadt- und Kreisarchiv übergeben. Von weiteren Negativen fehlte jedoch jede Spur. Bis jetzt: 310 Negative mit Paderborner Motiven aus den Jahren 1935 bis 1960 konnten laut der Stadt wiedergefunden werden. Die Alben und Britenfotos bleiben weiterhin verschollen.

Fotografisches Zeugnis vom Paderborner Wiederaufbau

Ein bislang unbekanntes Motiv: Ein Bagger der Firma Backhaus belädt die Trümmerbahn mit Schutt. Die Trümmerbahn war bis 1949 im Einsatz. Das Gebäude im Hintergrund konnte noch nicht identifiziert werden. - © Stadt- und Kreisarchiv
Ein bislang unbekanntes Motiv: Ein Bagger der Firma Backhaus belädt die Trümmerbahn mit Schutt. Die Trümmerbahn war bis 1949 im Einsatz. Das Gebäude im Hintergrund konnte noch nicht identifiziert werden. | © Stadt- und Kreisarchiv

In dem Zugang befänden sich Fotos aus den 1930er-Jahren, meist aber Fotos der Kriegszerstörung und des Wiederaufbaus. Besonders häufig seien die Arbeiten am Dom einschließlich dessen Richtfest 1946 abgebildet. „Als Originale stellen sie eine Sensation dar, zudem waren einige Fotos bislang nicht bekannt“, kommentiert die Stadt die besonderen Funde in der Pressemitteilung.

Paul Gockel habe berichtet, dass sein Vater Theo zwar 1945 in Kriegsgefangenschaft geraten war, aber bereits nach fünf Tagen aus dem Lager Staumühle entlassen wurde. So früh schon fotografieren habe Theo Gockel nur gekonnt, da er zuvor in Salzkotten Fotomaterial aus ehemaligen Wehrmachtsbeständen an sich genommen hatte. Dass Paul Gockel die Fotos bei sich zu Hause verwahrte, habe laut ihm nur daran gelegen, dass sein Vater deren große Bedeutung bewusst war und er sie bei seinem jüngsten Sohn am besten aufgehoben wusste. Denn auch Paul hatte das Fotografenhandwerk gelernt – ebenfalls in Paderborn.

Kaum wiedergefunden, sei für Paul Gockel klar gewesen, dass die Fotos ins Stadt- und Kreisarchiv zur sicheren Verwahrung und Nutzung gehören. Derzeit werde im Stadt- und Kreisarchiv eine Ausstellung zum Kriegsende vor 80 Jahren erarbeitet. Die Aufnahmen von Theo Gockel werden hierin sicher eine prominente Rolle spielen.