Paderborner Prozess um Millionenbetrug: Verteidiger attackieren Staatsanwaltschaft

Paderborn. Dass Gerichtsverhandlungen mehrere Jahre andauern, ist so selten nicht, wenn komplexe Sachverhalte zu klären sind. Vor allem Wirtschaftsstrafsachen stechen mit umfangreichen Prozessen hervor. Dazu zählt das Verfahren, mit dem sich die 8. Große Strafkammer des Landgerichts Paderborn jeweils freitags befasst. Bereits seit Januar 2023 müssen sich der ehemalige Vorzeigeunternehmer Edgar K. und einige seiner Mitarbeiter dem Vorwurf der Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität stellen, dafür verantwortlich zu sein, dass zahlreiche Anleger ihre Ersparnisse verloren. Nach mehr als 50 Prozesstagen sind die Fronten verhärtet. Denn während die Kammer unter dem Vorsitz von Anne Zacharias entschlossen ist, das Verfahren recht bald mit einem Urteil zu einem Abschluss zu bringen, drängen Edgar K.s Verteidiger nach wie vor auf eine Aussetzung des Verfahrens. Nachdem sie mehrfach erfolglos entsprechende Anträge gestellt haben, nehmen Carina Tofall und Matthias Cramer jetzt die Schadensberechnungen der Ankläger in den Fokus. Diese &bdquo;eignen sich nicht“ und &bdquo;weisen grobe Mängel“ auf, sagen sie und verlangen die Beauftragung eines Sachverständigen. Der müsse die Verträge sämtlicher Anleger überprüfen und tagesscharf den Vermögenswerten der K.schen Unternehmung gegenüberstellen. Zur Vorgeschichte: Paderborner Gericht zieht Prozess um Millionenbetrug durch Zeugen sagen zu &bdquo;Wirtschaftsforum“ und &bdquo;Safeguard“ aus Die Kammer nimmt die Einwendungen zur Kenntnis, um dann einige der Zeugen zu vernehmen, die Cramer und Tofall befragen wollen, um noch einige Einzelheiten zu den K.schen Unternehmen &bdquo;Wirtschaftsforum“ und &bdquo;Safeguard“ zu klären. So wie eine 46-Jährige, die einige Jahre lang unter Edgar K. als Mediengestalterin in der Marketingabteilung tätig war. An das meiste, was die beiden Verteidiger etwa zu von ihr erstellten Formularen wissen wollen, kann sie sich nicht erinnern. Wohl aber daran, dass das von dem Angeklagten selbst entwickelte Anlageprodukt &bdquo;Safeguard“ intensiv beworben wurde. &bdquo;Der Vertrieb wurde sehr gepusht“, sagt sie. &bdquo;Es hieß immer nur Safeguard, Safeguard. Verkauft Safeguard’.“ Mehr Informationen hat der Herforder Rechtsanwalt parat, der 2018 die Insolvenz der &bdquo;Safeguard“ begleitete. Von ihm möchten die Verteidiger von Edgar K. wissen, ob dessen Unternehmen durch einen Verkauf der betriebseigenen Immobilie hätte gerettet werden können. Schließlich habe doch im Winter 2017 ein ehemaliger Mitarbeiter sein Interesse bekundet, Gebäude und Grundstück für 650.000 Euro zu erwerben. Dass das Angebot im Dezember 2017 zurückgezogen wurde, lässt der Zeuge zwar unkommentiert, spricht jedoch von einer nur &bdquo;kurzfristigen Liquidität“, die nach einer Veräußerung eingetreten wäre. Lesen Sie auch: Verteidiger von Edgar K. wollen Anklage erschüttern Seiner Meinung nach war bei der &bdquo;Safeguard“ bereits im September 2016 Zahlungsunfähigkeit eingetreten. Bereits damals seien Konten gepfändet und Forderungen von Sozialversicherungsträgern nicht beglichen worden, weiß der Insolvenzverwalter. Ebenso erinnert er, dass 3,8 Millionen Euro von der &bdquo;Safeguard“ in das &bdquo;Wirtschaftsforum“ flossen. Für Edgar K.s Verteidiger ein wichtiges Stichwort. Sie sind der Ansicht, dass dieser Umstand berücksichtigt werden muss, schließlich habe es einen Vertrag gegeben, in dem eine Rückzahlungsverpflichtung festgeschrieben worden sei, für den Fall, dass das &bdquo;Wirtschaftsforum“ verkauft werden solle. Allerdings ging dieses Unternehmen bereits im Februar 2017 in die Insolvenz. Ehemaliger Angeklagter hält sich bei Zeugenaussage in Paderborn bedeckt Zum Abschluss dieses Verhandlungstages erscheint Wolfgang W. als letzter Zeuge. Er hat selbst lange auf der Anklagebank gesessen, bis das Verfahren gegen ihn im Oktober 2024 eingestellt wurde - gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 10.000 Euro. Sein Geständnis war zwar laut Staatsanwalt Ernestos Tschaschnig &bdquo;etwas dünn“, reichte aber anscheinend trotzdem. Auch jetzt beteuert der gelernte Bankkaufmann erneut, nicht in die strategischen Überlegungen der Chefetage eingebunden gewesen zu sein. Ansonsten hält sich der 62-Jährige bedeckt. Natürlich seien im Verlauf der Zeit neue Kunden für &bdquo;Safeguard“ hinzugekommen, sagt er. Doch ob stattliche Versicherungsbestände übernommen wurden, die eine entsprechende Wertsteigerung des Unternehmens bedeutet hätten, mag er konkret nicht berichten. Die Verhandlung wird am Freitag, 21. März, fortgesetzt. Dann wird das Gericht wohl vor allem mit der Verkündung seiner Entscheidungen fortfahren. Die Kammer hat bis zum 23. Mai sechs weitere Termine vorgesehen. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn.

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