Prozess um Paderborner Millionenbetrug: „Ein Schaden ist gar nicht eingetreten“

Paderborn. Zwei volle Jahre ist die 8. Große Strafkammer des Landgerichts Paderborn bereits damit beschäftigt zu ergründen, ob vor allem der ehemalige Vorzeigeunternehmer Edgar K. dafür verantwortlich ist, dass zahlreiche Anleger ihr Geld verloren, weil er teilweise sehr hohe Summen nicht sicher anlegte, sondern in seine Unternehmen steckte - und die pfiffen nach Auffassung der Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität schon längst aus dem letzten Loch. Während die Richter unter dem Vorsitz von Anne Zacharias der Ansicht sind, dass sie genügend Beweismittel zusammengetragen haben, und nun zu einer Urteilsfindung schreiten wollen, legen sich die Verteidiger des Edgar K. mächtig ins Zeug, um auch jetzt noch ein Ende des Prozesses zu verhindern. Lesen Sie hierzu auch: Richter wollen Mammutprozess um Anlegerbetrug in Paderborn beenden Diese Gangart haben Matthias Cramer und Carina Tofall schon von Beginn an eingeschlagen. Sie protestierten gegen die Vernehmungen einiger Zeugen und beanstandeten als rechtswidrig die Anhörung von Experten ebenso wie die Beschlagnahmung etlicher Beweismittel. Doch vor allem ist ihnen das Vorgehen des Gerichts, zahlreiche Dokumente mithilfe sogenannter Selbstleseverfahren in die Verhandlung einzuführen, ein Dorn im Auge. Paderborner Verteidiger beantragen wiederholt Aussetzung der Verhandlung Drei Mal habe man deswegen schon beantragt, die Verhandlung auszusetzen, bringt Verteidiger Matthias Cramer an diesem Januarfreitag in Erinnerung. An diesem Termin läuft die Frist aus, an dem noch Anträge gestellt werden können, danach will das Gericht unwiderruflich die Beweisaufnahme schließen. Und so ist es fast eine Kaskade an Anträgen, die Carina Tofall und Matthias Cramer im Wechsel verlesen. Zunächst fordern sie erneut eine Aussetzung des Verfahrens. Sie hätten schlicht und ergreifend gar keine Möglichkeit, alle Dokumente außerhalb der Verhandlung zur Kenntnis zu nehmen. Zu viele seien es, &bdquo;die Vorgaben der Kammer sind nicht erfüllbar“, so die Ansicht der beiden. Weil große Teile der Dokumente nur elektronisch vorlägen, müsse die Kanzlei einen IT-Experten mit der Aufbereitung der Daten beauftragen, tun sie als Nächstes kund und beantragen dafür einen Vorschuss in Höhe von 5.000 Euro. Denn anders als von der Kammer ausgeführt, sei für einen Zugriff das Know-how von Fachleuten notwendig. Ende in Sicht: Mammut-Prozess gegen Edgar K. könnte bald abgeschlossen werden Zeugen sollen nochmals vor Paderborner Gericht aussagen Geht es nach den beiden Verteidigern, sollen einige Zeugen nochmals für eine vertiefte Befragung geladen werden. Selbst die Saarbrücker Gutachterin Sandra Comtesse wollen Matthias Cramer und Carina Tofall ein weiteres Mal hören. Die Expertin werde darlegen, dass die von ihr in den K.schen Unternehmungen gleich mehrfach festgestellten Liquiditätslücken lediglich vorübergehender Natur gewesen seien, sind sie überzeugt. Doch vor allem wollen sie einen Berater, der Edgar K.s Unternehmung einige Jahre begleitet hatte, erneut auf dem Zeugenstuhl sehen. Dieser könne bezeugen, dass die Unternehmung ihres Mandanten &bdquo;10 Millionen Euro“ und damit deutlich mehr wert gewesen sei als die möglichen Rückforderungsansprüche der Anleger. Auch interessant: Reise in die Vergangenheit des Edgar K. Firmen &bdquo;Wirtschaftsforum“ und &bdquo;Safeguard“ meldeten Insolvenz an &bdquo;Jederzeit hätte das Unternehmen verkauft und die entsprechenden Mittel generiert werden können“, argumentieren die Verteidiger. Die von der Staatsanwaltschaft ermittelte Schadensumme von 2,5 Millionen Euro belaufe sich damit auf lediglich ein Viertel des Verkaufswertes. &bdquo;Ein Schaden ist gar nicht eingetreten“, so ihre Quintessenz zu Edgar K.s &bdquo;Wirtschaftsforum“ und &bdquo;Safeguard“. Die beiden Firmen hatten allerdings 2017/2018 innerhalb eines Jahres Insolvenz angemeldet. Weil das Gericht an diesem Tag in Terminschwierigkeiten steckt, unterbricht es nach der Verlesung des zehnten umfangreichen Antrags die Verhandlung. Am Freitag, 31. Januar, soll das Verteidiger-Duo die verbliebenen, bereits angekündigten Anträge noch stellen dürfen. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn.

Meistgelesen