Mammutprozess um Anlegerbetrug erreicht in Paderborn die Zielgerade

Paderborn. Es scheint sich der Kreis zu schließen im Prozess gegen Edgar K. vor dem Paderborner Landgericht. Wenige Wochen bevor im Januar die gerichtliche Aufarbeitung vor der 8. Großen Strafkammer ins dritte Jahr geht, erscheint mit einem 46 Jahre alten Versicherungskaufmann aus Erwitte nochmals jener Zeuge, mit dem 2023 die Beweisaufnahme ihren Anfang nahm. Mit ihm soll der Reigen der Zeugenbefragung sein Ende haben. Wie berichtet, lassen die Richter unter dem Vorsitz von Anne Zacharias die Geschichte der Unternehmungen des Edgar K. gründlich Revue passieren. Schließlich müssen sie klären, ob vor allem der Paderborner dafür verantwortlich ist, dass viele Anleger aus nah und fern nicht selten große Summen verloren, weil diese nicht sicher angelegt wurden, sondern im Firmengeflecht versickerten. Der Erwitter hatte vor fast genau zwei Jahren erste Einblicke gewährt in das &bdquo;Wirtschaftsforum“, das Anfang der 2000er Jahre in den Medien bejubelt worden war. Da seien noch einige Nachfragen aufgetaucht, erklärt die Vorsitzende die erneute Vorladung des Erwitters. Denn man könne erst seit vergangenem Winter auf dessen firmeninternes Email-Fach zugreifen. Da geht es dann zunächst um Edgar K.s Mitangeklagten Philipp P., den der Zeuge aber weniger in der Chefetage des Unternehmens verortet wissen will, denn als in den engen Freundeskreis des Unternehmers. Wert des Unternehmens sollte rasch gesteigert werden Sicherlich hätten die beiden bei privaten Treffen auch über die strategische Ausrichtung des &bdquo;Wirtschaftsforums“ gesprochen, sagt der 44-Jährige. Mehr kann oder will er über die Position dieses Angeklagten nicht sagen, den die Staatsanwaltschaft als Mitarbeiter des Edgar K. für einen Schaden in Höhe von rund 400.000 Euro verantwortlich macht. Gut im Gedächtnis hat der Erwitter aber die großen Pläne, die sein ehemaliger Chef mit seiner Unternehmung hatte. Ein Berater habe ein Modell empfohlen, mit dessen Hilfe deutschlandweit agiert werden sollte. 18 Agenturen, so der Plan, hätten jährlich über 9 Millionen Euro an Neugeschäften schreiben sollen, erinnert sich der Zeuge. Aber &bdquo;es ist gar nichts daraus geworden“. Lesen Sie auch: Ende in Sicht: Mammut-Prozess gegen Edgar K. könnte bald abgeschlossen werden Das Streben nach großem Wachstum habe zum Ziel gehabt, den Wert des Unternehmens rasch zu steigern, um es beim Erreichen des Spitzenwertes zu verkaufen. Während der 46-Jährige das Ziel auch in der Rückschau immer noch für richtig hält, kennzeichnet er die Taktik, die in Edgar K.s Betrieb angewandt wurde, als falsch. Es seien 2014, als er in das Unternehmen einstieg, viele Mitarbeiter eingestellt worden, &bdquo;obwohl die schlecht ausgebildet waren“. Die Fluktuation sei hoch gewesen, mit der Folge, dass dementsprechend die Kosten stiegen. Unternehmen miteinander verwoben Wo die Versicherungsbestände geblieben sind, nachdem das &bdquo;Wirtschaftsforum“ 2017 insolvent ging, weiß dieser Zeuge nicht, der zeitgleich als Prokurist in einer der anderen Firmen des Edgar K. tätig war. &bdquo;Ich glaube, sie sind aufgeteilt worden“, sagt er. Schließlich seien die Unternehmen ja miteinander verwoben gewesen. Wenig später geht das Gericht zum Verlesen einiger Dokumente über, bevor es erneut einige Schriftstücke verteilt, die die Prozessbeteiligten in den kommenden Wochen lesen sollen. Da sind etwa etliche Protokolle der Durchsuchungen darunter, die die Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität zwischen 2018 und Ende 2021 immer wieder vorgenommen hat. Im Mittelpunkt dürfte aber die Tabelle stehen, die die Strafverfolger in den letzten Wochen nach einer entsprechenden Aufforderung des Gerichts erstellt hat. Die Richter baten nämlich darum, die Höhe der Schäden zu ermitteln, die nach dem Verlauf der bisherigen Beweisaufnahme entstanden sind. Passend dazu: Prozess um Edgar K. in Paderborn: Verteidiger setzen auf Rituale im Gerichtssaal Weil sie anscheinend ihre Verhandlung auf der Zielgeraden sehen, geben sie schließlich Oberstaatsanwältin Sonja Lißek einen &bdquo;Denkanstoß“ mit auf den Weg. Sie regen an, für Bernd J. und Richard B. zumindest einen Teil der Vorwürfe einzustellen und keine Verurteilungen mehr wegen Beihilfe zum Bankrott anzustreben. Die beiden Angeklagten hatten im Unternehmen des Edgar K. als Vorsitzende des Aufsichtsrates fungiert und trugen somit nach Überzeugung der Strafverfolger dafür die Verantwortung, dass für mehrere Jahre keine Jahresabschlüsse angefertigt wurden. Bestand hat hingegen weiterhin der Vorwurf &bdquo;Beihilfe zur Insolvenzverschleppung“. Als ein Tatkomplex zu werten Zudem äußern die Richter die Auffassung, dass all die 70 Betrugsfälle, die in der Anklageschrift aufgelistet sind, gegebenenfalls als ein einziger Tatkomplex zu werten sind. Denn Edgar K. habe möglicherweise &bdquo;eine Organisationsstruktur geschaffen und diese ausgenutzt“. Die Verhandlung wird am Freitag, 10. Januar, fortgesetzt, weitere sechs Termine stehen bis Ende Februar auf dem Plan der 8. Strafkammer.

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