
Paderborn. Silvio sitzt auf dem Fuß einer Säule am Paradiesportal des Paderborner Doms, mit einem dezenten Lächeln blickt er in die Kamera. Dieses, schon vor ein paar Jahren entstandene Foto steht jetzt nur wenige Meter entfernt – als Erinnerung. Denn der Wohnungslose, dessen Stammplatz das Paradiesportal war und den wohl viele Dom-Besucherinnen und -Besucher kennen, ist im Alter von 51 Jahren gestorben.
„Er gehörte sozusagen zur Dom-Einrichtung“, sagt Domkapitular Benedikt Fischer. „Jeden Tag, von morgens bis abends, saß er am Paradiesportal.“ Das Metropolitankapitel würdigt auf seiner Internetseite den Verstorbenen. Er sei dankbar gewesen für jede Münze, die in seinen Becher gelegt wurde, heißt es dort in einem Nachruf. „Jeden, der an ihm vorbeiging, beschenkte er mit einem freundlichen Lächeln. Die Menschen hier am Dom waren seine Familie, sein Zuhause. In Silvios Ruhe und herzlicher Offenheit lag eine besondere Kraft.“
Jahrelang blieb er seinem Stammplatz treu. „Der Geist Gottes schien durch ihn hindurchzufließen, und so wurde er für viele zu einem uns vertrauten Menschen, der uns angerührt hat, ein stiller Wächter am Paradiesportal“, schreibt das Metropolitankapitel. „Er hat unser Miteinander auf besondere Weise geprägt.“
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Silvio litt an einer schweren Krebserkrankung
Fischer erinnert sich gerne an eine Gegebenheit mit ihm. „Einmal brauchte er dringend zehn Euro und gab das Versprechen, das Geld zurückzugeben“, erzählt Fischer. Ein solches Versprechen gäben viele Bettler, ohne es einzulösen. Nicht so bei Silvio. „Am nächsten Tag kam er mit zehn Euro vorbei. Da war ich gerührt“, sagt Fischer. „Silvio war eine treue und sehr ruhige Seele.“

Sehr ruhig sei er auch mit seiner schweren Krebserkrankung umgegangen. „Für Obdachlose ist es noch einmal schwieriger, mit einer solchen Krankheit umzugehen“, meint Fischer. Allein schon wegen des Zugangs zu Medikamenten.
Vor einer Chemotherapie habe er Angst gehabt und sie daher nicht gewollt, sagt Dom-Eremitin Elisabeth Beckers, die Silvio gut kannte. Noch bis Oktober habe er regelmäßig am Paradiesportal gesessen. „Er hat sich da noch hingequält, weil ihm sein Stammplatz vertraut war“, sagt Beckers. Irgendwann waren die Schmerzen aber zu groß. Silvio kam erst ins Krankenhaus, dann auf eine Palliativstation. Die letzten Wochen in seinem Leben verbrachte er in einer Paderborner Sozialpflegestation. „Da ist er noch einmal aufgeblüht, weil er rundum versorgt wurde“, erzählt Beckers.
Sie hofft, dass Silvio mit seiner Art und Bekanntheit den Blick der Paderborner auf die wohnungslosen und drogenabhängigen Menschen richten konnte – und über seinen Tod hinaus auch weiter tut. „Man gibt diesen Menschen ein Ansehen, indem man sie ansieht“, meint Beckers.
Paderborner Elenden-Bruderschaft übernimmt Teil der Beerdigungskosten
Unweit seines Stammplatzes wird es am Dienstag, 3. Dezember, um 11.30 Uhr, in der Krypta des Paderborner Doms eine Trauerfeier für Silvio geben. Dompropst Monsignore Joachim Göbel wird durch den Gottesdienst führen. Die Beerdigung findet im Anschluss gegen 12.15 Uhr auf dem Ostfriedhof statt. „Einen Teil-Betrag der Beerdigungskosten werden wir übernehmen“, sagt Jürgen Seelhorst von der Elenden-Bruderschaft.
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Die Elenden-Bruderschaft in Paderborn kümmert sich darum, dass wohnungslose Menschen ohne Angehörige würdevoll bestattet werden. „Wir sorgen dafür, dass sie nicht anonym beigesetzt werden“, so Seelhorst. Die Mitglieder der Elenden-Bruderschaft seien herzlich zu der Trauerfeier und der Beerdigung eingeladen. Wahrscheinlich werden aber auch über diese Gemeinschaft hinaus Menschen ihre Anteilnahme zeigen.