Tötungsdelikt in Paderborn: Bruder erinnert sich an die letzten Stunden des Opfers

Paderborn. Dieser graue Novembertag dürfte zu den schwersten Tagen im Leben von Ralf L. (Namen geändert) gehören. Der 35-Jährige muss einer Ladung des Paderborner Landgerichts folgen. Er ist der Bruder von Lukas L., der in der Nacht auf den 1. Mai in der Marienstraße schwer verletzt wurde und wenige Tage später starb. Und er war bis kurz vor den verhängnisvollen Vorfällen mit dem 30-Jährigen zusammen. Eigentlich hat Ralf L. als Nebenkläger das Recht, den gesamten Prozess gegen Omar E. und Amir B. im Saal zu verfolgen, die laut Anklage für den Tod seines Bruders verantwortlich sein sollen. Doch seine Anwältin Ruth Kanzlsperger hat schon am ersten Verhandlungstag mitgeteilt, dass der 35-Jährige lediglich für seine Aussage erscheinen werde. Dem Driburger geht es nämlich nicht gut. Mit Lukas L. hat er den letzten leiblichen Angehörigen verloren. &bdquo;Ich bin jetzt allein“, sagt Ralf L. Bruder beschreibt den getöteten Paderborner als &bdquo;eigene Persönlichkeit“ Sein fünf Jahre jüngerer Bruder sei eine &bdquo;sehr eigene Persönlichkeit“ gewesen, erzählt er und berichtet von einem sehr engen Verhältnis. Hörbar bewegt lässt er die letzten gemeinsamen Stunden Revue passieren. Er erzählt von der Gehaltserhöhung, die Lukas L. an diesem Tag mit ihm gut gelaunt feiern wollte, von gemeinsamen Stunden im Paderquellgebiet mit einigen Mixgetränken und guten Gesprächen. Um 23 Uhr sei man dann auseinandergegangen, beide in der Absicht, sich nach Hause zu begeben. &bdquo;Ich habe schon gemerkt, dass wir alkoholisiert waren“, sagt Ralf L. Deshalb habe er den Bruder auch angerufen, als er selbst mit dem Zug sein Zuhause in Bad Driburg erreicht hatte, doch dieser sei noch unterwegs gewesen. .responsive23-JRLgnL9ft6sjQmai-map-0814-toedliche-gewalttat { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-JRLgnL9ft6sjQmai-map-0814-toedliche-gewalttat { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-JRLgnL9ft6sjQmai-map-0814-toedliche-gewalttat { padding-top: 142.86%; } } Dass Lukas L. Opfer einer körperlichen Auseinandersetzung geworden war und im Krankenhaus lag, erfuhr sein Bruder erst Stunden später. Sehr überrascht sei er von der Mitteilung der Ärzte gewesen, dass nicht nur Alkohol, sondern auch noch mehrere andere &bdquo;aktive Substanzen“ im Blut des Schwerverletzten festgestellt wurden. Lukas L. habe nur gelegentlich Cannabis oder Kokain konsumiert. &bdquo;Diese Mischung ist nicht plausibel“, sagt Ralf L. &bdquo;Die muss er ja in der letzten Stunde konsumiert haben.“ Für ihn &bdquo;ist alles unerklärlich“. 17-jähriger Tatverdächtiger bittet unter Tränen um Verzeihung Als er zum Schluss berichtet, dass dank einer Spendenaktion alle finanziellen Belastungen, die nach dem plötzlichen Tod seines Bruders entstanden, aufgefangen werden konnten, ist ihm erneut seine tiefe Trauer anzumerken. Trotzdem nimmt er Omar E.s Bitte um Verzeihung entgegen. Der 17-Jährige muss unter Tränen seinem Verteidiger Maximilian Steinert einen Zettel geben, auf dem er einige Sätze notiert hat. &bdquo;Ich kann nichts rückgängig machen. Aber ich wollte ihm nichts antun“, so Omar E. Der Tod des Lukas L. tue ihm unendlich leid. Lesen Sie auch: Tödliche Gewalt in Paderborn: Angeklagte schildern Angriff in der Marienstraße Für die Vorsitzende Richterin Nicole Klein ein Anknüpfungspunkt für eine Erläuterung zum Verlauf der Verhandlung. &bdquo;Es geht nicht darum, den Tod Ihres Bruders kleinzureden“, wendet sie sich an Ralf L. und nimmt nochmals Bezug auf das Video, das das Gericht bislang zu anderen Erkenntnissen kommen ließ, als in der Anklage formuliert. &bdquo;Es scheint jetzt anders zu sein, als es anfangs ausgesehen hat“, sagt die Richterin und findet bei dem 35-Jährigen ein offenes Ohr. &bdquo;Es geht nur um die Wahrheitsfindung“, sagt er, bevor er den Gerichtssaal verlässt. Paderborner Richterin verbietet herabsetzende Wortwahl Dort lässt die Kammer keinen Zweifel daran, dass hier nicht der richtige Ort für Alltagsrassismus ist. Als ein Zeuge behauptet, die Angeklagten gehörten zu einer Bande von &bdquo;Taschendieben“, und diese als &bdquo;Gesindel“ bezeichnet, geht Richterin Klein sofort dazwischen und verbittet sich falsche Beschuldigungen ebenso wie herabsetzendes Vokabular. An dem Studenten, der an Wochenenden regelmäßig als Türsteher arbeitet, prallen diese Worte aber ebenso ab wie der gestrenge Hinweis von Ankläger Kai Uwe Waschkies. Der 23-Jährige gehört mit zu den Zeugen, die den Ermittlern wider besseres Wissen von Tritten gegen den am Boden liegenden Lukas L. berichtet hatten, aber vor Gericht von dieser Darstellung abrückten. Lesen Sie auch: Tötungsdelikt in Paderborner Marienstraße: Zeuge nimmt falsche Aussage zurück Als der Staatsanwalt von einer &bdquo;falschen Verdächtigung“ spricht, zuckt der Student nur mit den Schultern. &bdquo;Es zählt doch nur, was ich vor Gericht sage“, so seine Überzeugung. Die Verhandlung wird am Montag, 11. November, fortgesetzt.

Meistgelesen