Tödliche Gewalt in Paderborn: Angeklagte schildern Angriff in der Marienstraße

Paderborn. Fast genau ein halbes Jahr ist vergangen, seit ein 30-Jähriger in der Nacht auf den 1. Mai schwer misshandelt wurde, als er wohl nach fröhlichen Feierrunden in der Marienstraße unterwegs war. Wenige Tage später verstarb Lukas L. (alle Namen geändert) infolge einer Hirnblutung. Ob Omar E. und Amir B. dafür die Verantwortung tragen, muss jetzt die 5. Große Strafkammer des Paderborner Landgerichts klären. Während am ersten Verhandlungstag lediglich die Anklage von Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies verlesen wurde, hat jetzt die Beweisaufnahme begonnen - mit einer Einlassung der beiden 17 und 18 Jahre alten Männer. Dass sich die Angeklagten äußern würden, hatten ihre Verteidiger bereits angekündigt. Und so ergreift zunächst Verteidiger Martin Mauntel das Wort und gibt im Namen seines Mandanten Amir B. eine Schilderung der Ereignisse ab. Angeklagter schildert die Ereignisse in der Paderborner Marienstraße Demnach wurde der 18-Jährige in dieser Nacht vor dem Kiosk von Lukas L. angesprochen. &bdquo;Ich hatte keine Lust auf ihn“, zitiert Mauntel seinen Mandanten, und er sei dann weitergegangen. Weil ihn aber der 30-Jährige an der Schulter festgehalten habe, habe er diesem drei Faustschläge ins Gesicht verpasst. Zu Boden gegangen sei Lukas L. aber nicht. &bdquo;Für mich war die Situation abgeschlossen“, so Amir B. Dass sich dann Omar E. plötzlich näherte und nach dem 30-Jährigen trat, sei für ihn selbst überraschend gewesen. Er habe zu keiner Zeit gesagt, &bdquo;dass mir jemand helfen oder gar eingreifen sollte“. Aus Angst, in etwas hineingezogen zu werden, sei er weggelaufen und habe sich bei Freunden versteckt. Lesen Sie auch: Tödliche Gewalttat in Paderborn: Zwei Verdächtige wegen Totschlags in U-Haft Bevor wenig später Verteidiger Maximilian Steinert für seinen Mandanten Omar E. eine Erklärung abgibt, geht er mit der Staatsanwaltschaft hart ins Gericht. Dieses Verfahren biete &bdquo;einigen sozialen Zündstoff“, sagt er. &bdquo;Menschen bilden sich ihre Meinung.“ Steinert berichtet von &bdquo;abfälligen Bemerkungen“ über seinen minderjährigen Mandanten und erinnert an den Anspruch der Staatsanwaltschaft im deutschen Rechtssystem, die sich regelmäßig als &bdquo;objektivste Behörde der Welt“ bezeichne. Ankläger Kai Uwe Waschkies aber habe seine Pflicht unterlassen, auch nach entlastenden Umständen zu suchen. Verteidigung: Gericht hat Anklage &bdquo;völlig zu Recht eingedampft“ Steinert erinnert an das Video, das bereits die 5. Große Strafkammer veranlasste, nicht mehr einen gemeinsamen Totschlag als Vorwurf des Verfahrens zuzulassen. &bdquo;Völlig zu Recht“ habe das Gericht &bdquo;die Anklage eingedampft“. Lesen Sie auch: Tödliche Gewalt in Paderborn: Tatverdächtige stehen bald vor Gericht Doch selbst der Sprecher des Gerichts habe die Darstellung von Ankläger Waschkies vor laufenden Fernsehkameras wiederholt. &bdquo;Es wird alles auf dem Rücken der Angeklagten ausgetragen“, so Steinert, bevor er sich im Namen seines Mandaten zur Sache äußert. Demnach wollte Omar E. dem ein Jahr älteren Amir B. anscheinend tatsächlich zu Hilfe kommen. &bdquo;Ich habe ihn getreten“, zitiert Steinert seinen Mandaten. Aber &bdquo;nie im Leben gegen den Kopf“, er habe lediglich den Körper von Lukas L. getroffen. &bdquo;Ein großer Fehler“ sei dieser Tritt gewesen, so Omar E., der von einer &bdquo;spontanen Entscheidung“ spricht. &bdquo;Ich schäme mich sehr.“ Zu keinem Zeitpunkt habe er es für möglich gehalten, dass L. sterben könnte. Aufnahmen zeigen Auseinandersetzung in der Paderborner Marienstraße Bevor die Kammer unter dem Vorsitz von Nicole Klein mit der Vernehmung der drei ersten Zeugen beginnt, wird die Aufnahme gezeigt, die in dieser Nacht von der Überwachungskamera eines Barber-Shops gemacht wurde. Dort ist jede Menge Leben auf der Marienstraße zu sehen. Man sieht, wie ein Mann einem anderen, der nicht von der Kamera erfasst wird, drei Schläge versetzt - und wie sich eine andere Person nähert und einen hohen Tritt ausführt. .responsive23-JRLgnL9ft6sjQmai-map-0814-toedliche-gewalttat { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-JRLgnL9ft6sjQmai-map-0814-toedliche-gewalttat { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-JRLgnL9ft6sjQmai-map-0814-toedliche-gewalttat { padding-top: 142.86%; } } Dann gehen die beiden sofort davon. Nicht zu sehen ist, dass Tritte gegen einen am Boden liegenden Menschen ausgeführt werden. Diese Aufnahme spielt bei der Befragung der Zeugen eine wichtige Rolle, in die das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Nicole Klein anschließend einsteigt. Los geht es mit einer 40-Jährigen, ihrer 22 Jahre alten Tochter und deren Freund. Kein einfaches Unterfangen. Zwar stand das Trio wohl ganz nah am Geschehen, doch die Erinnerungen der drei sind nur teilweise mit der Videoaufnahme in Übereinstimmung zu bringen. Und auch in den verschiedenen Stadien der Ermittlungen haben diese Zeugen den Sachverhalt teilweise deutlich anders geschildert. Widersprüchliche Zeugenaussagen vor dem Paderborner Landgericht Anfangs war die 40 Jahre alte Paderbornerin überzeugt, dass drei Täter Lukas L. misshandelten. Jetzt, ein halbes Jahr später, ist sie sicher, dass es nur zwei Männer waren. &bdquo;Ich habe das falsch gesehen“, sagt sie nun. Allerdings bleibt sie dabei, dass Omar E. ganz zu Anfang des Geschehens Lukas L. eine Flasche auf den Kopf geschlagen habe - obschon das Video ein solches Geschehen unmöglich erscheinen lässt, denn der 17-Jährige nähert sich erst später und aus einer ganz anderen Richtung, als es die Schilderung dieser Zeugin nahelegt. Ihre Tochter hat zwar den Schlag mit der Flasche nicht gesehen, beschreibt aber, dass der 30-Jährige weiter getreten worden sei, als er bereits am Boden lag. Das wiederum hat ihr Freund ganz anders wahrgenommen. &bdquo;Es hat keiner auf ihn eingetreten“, sagt der 25-Jährige, der allerdings ebenso wie die beiden Frauen zunächst der felsenfesten Überzeugung war, dass ein dritter Täter beteiligt gewesen sei. Das aber, so der junge Mann, hätte sich nach einer Woche als falsch herausgestellt. Die Verhandlung wird am Donnerstag, 31. Oktober, fortgesetzt. Anm. d. Red.: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um die Zeugenaussagen ergänzt.

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