Tochter von misshandelter Paderbornerin: „Ich will meinen Vater nie wieder sehen“

Paderborn. Die meisten Zeugen kommen mit dem eigenen Fahrzeug zum Gericht oder reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Bei Mario und Fiona B. (Namen genannt) ist das ganz anders, die 15 und 17 Jahre alten Teenager wurden in einem Polizeiwagen für ihre Aussage zum Landgericht Paderborn gefahren und durch einen Hintereingang ins Gebäude gebracht – zu ihrem Schutz. Die beiden sollen vor der 8. Großen Strafkammer aussagen. Dort muss sich seit Monatsbeginn ihr Vater Baran B. verantworten. Er soll ihre Mutter im Verlauf des letzten Ehejahres schwer misshandelt und vergewaltigt haben. Der 45-Jährige streitet, wie berichtet, die Vorwürfe vehement ab. Auf sein Drängen hin hat das Gericht Zeugen aus der Familie geladen, die klären sollen, wie es um den Alltag und das Zusammenleben von Baran B. und seiner Frau bestellt war. Während am dritten Verhandlungstag die Brüder des Angeklagten nichts von dem gewusst haben wollen, was sich hinter den Türen des Paderborner Eigenheims abgespielt haben soll, und ihre eigene, der jesidischen Religion angehörige Familie als offen darstellten, zeichnen die Teenager ein ganz anderes Bild. Die beiden Paderborner Teenager berichten vom harten Regiment des Vaters &bdquo;Ich will meinen Vater nie wieder sehen“, sagt Fiona B. mit fester Stimme. Zuvor ist es aus der 17-Jährigen und ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder geradezu herausgesprudelt, wie es jahrelang in der Familie zuging. Sie berichtet von einem harten Regiment des Paderborners, das sie bereits als kleines Mädchen im Grundschulalter erdulden musste. &bdquo;Ich habe mir vor Angst in die Hosen gemacht“, erinnert sie sich und berichtet von ständiger Alarmbereitschaft, die ihr Leben geprägt habe. Lesen Sie auch: Vergewaltigung und Gewalt: Ehemann soll Paderbornerin jahrelang misshandelt haben &bdquo;Ein Narzisst, der seine Schuld nicht einsieht“, sei Baran B., sagt die 17-Jährige. Jahrelang habe er seinen Kindern erzählt, ihre Großeltern mütterlicherseits seien gestorben. &bdquo;Aber dann sind sie anscheinend von den Toten auferstanden“, sagt sie mit bitterem Unterton, denn sie lernte die Eltern und Geschwister ihrer Mutter erst vor gut anderthalb Jahren kennen. &bdquo;Eine moderne Familie“ sei diese, in der Mädchen genauso hochgeschätzt würden wie Jungen. Druck, starke Kontrolle, Beleidigungen und wohl Schläge musste auch ihr Bruder einstecken. &bdquo;Das geht einfach gar nicht“, findet Mario B. Dabei habe er als kleiner Junge Hochachtung vor dem Vater gehabt, der sich so viel selbst aufgebaut habe. &bdquo;Aber ich habe den Respekt vor ihm verloren, als ich gesehen habe, wie er mit unserer Mutter umging.“ Sie hätte sich nämlich für die Verfehlungen ihrer Kinder stets Vorwürfe anhören müssen, weil sie ja schließlich für die Erziehung verantwortlich gewesen sei, erinnert er sich. &bdquo;Wer so mit meiner Mutter umgeht, ist nicht mehr mein Vater.“ Der Paderborner soll seine Frau an den Haaren die Treppe heruntergezerrt haben Zuletzt hätten die Eltern jede Nacht in ihrem Schlafzimmer gestritten, Mario B. hält es für möglich, dass Baran B. dann auch der Mutter Gewalt angetan haben könnte. Er habe Geräusche gehört, die darauf hindeuteten; eines Nachts habe er zudem gesehen, dass der 45-Jährige Ines B. gewaltsam die Treppe herunterzerrte, an ihren Haaren zog. Dass sein Vater glaubt, Ines B. habe eine Affäre mit dem deutlich älteren Nachbarn, und dass er deshalb das Haus mit Kameras ausgestattet hat, um seine Frau daheim überwachen zu können, hält der Teenager für &bdquo;so bekloppt. Ich frage mich, wie man sich so etwas Dummes ausdenken kann.“ Lesen Sie auch: Ehefrau vergewaltigt? Paderborner sieht sich als Opfer eines Komplotts Seine Schwester hat von den Drohungen gegen ihre Mutter gehört, die ein Bruder von Baran B. geäußert haben soll, und nimmt diese anscheinend ernst. &bdquo;Das macht einem Sorge“, sagt die Schülerin, die sich gerade aufs Abitur vorbereitet. &bdquo;Ich weiß, wie die ticken und welche Haltung sie zu Frauen haben. Das hat nichts mit Kultur zu tun“, mag die 17-Jährige das Wort &bdquo;Ehrenmord“ nicht einfach so stehen lassen. Die Verhandlung wird am Dienstag, 1. Oktober, fortgesetzt.

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