Mann im Ausnahmezustand: War der Paderborner Angeklagte schuldunfähig?

Paderborn. Die Liste an Vorstrafen reicht von Steuerhinterziehung über Beleidigung bis hin zum räuberischen Diebstahl. Nun wird darüber verhandelt, ob Andreas N. (Name geändert) aufgrund einer psychischen Erkrankung schuldunfähig ist. Dafür hatte die Staatsanwaltschaft einen psychiatrischen Gutachter bestellt. Andreas N. wird vorgeworfen, am Weihnachtstag 2023 in seinem Wohnhaus in der Paderborner Südstadt randaliert, Nachbarn bedroht und sich der Polizei sowie dem SEK widersetzt zu haben. Selbst nachdem er mehrmals von Tasern getroffen wurde, haben die Einsatzkräfte ihn nicht beruhigen können. Erst das Sondereinsatzkommando (SEK) hätte ihn mit dem Einsatz eines Hundes überwältigen können. Am dritten Prozesstag berichtete der psychiatrische Gutachter, Gerhard Dankwarth. Dieser sprach in zwei Sitzungen im Februar mit dem Angeklagten und stellte schwere psychische Störungen fest. Er diagnostizierte eine schizoaffektive Störung und eine Amphetamin-Abhängigkeit. Psychische Probleme seien bei Andreas N. erst relativ spät im Leben, ab 2014 aufgetreten, als er 35 Jahre alt war. Zuvor habe er laut Dankwarth ein unauffälliges Leben geführt. Nachdem er in Gütersloh aufgewachsen ist, habe er in Bielefeld zunächst Jura studiert und im Anschluss als Gutachter für Versicherungen gearbeitet. 2015 wurde dann erstmalig eine Depression bei ihm diagnostiziert. In der Folge wurde er arbeitslos, später trennte sich seine Lebensgefährtin von ihm, mit der er ein Kind hat. Störung genetisch veranlagt Eine schizoaffektive Störung sei laut dem Gutachter immer genetisch veranlagt. Ein &bdquo;Bruch in der Lebenslinie“ könne dann dazu führen, dass sich die genetische Veranlagung zu einer Krankheit entwickelt. Bei Andreas N. gebe es viele Faktoren, die dies ausgelöst haben können. Endgültig könne nicht gesagt werden, was zu der Störung geführt hat. Die Symptome der schizoaffektiven Störung seien dabei depressive wie manische Phasen sowie Halluzinationen, Verfolgungswahn, Größenwahn und formale Denkstörungen. Diese Symptome würden bei der Erkrankung über einen längeren Zeitraum wiederholt zur gleichen Zeit auftreten. Lesen Sie auch: Prozess vor dem Landgericht: Ein Mann im Ausnahmezustand Hinzu komme im Fall von Andreas N. eine ADHS-Diagnose, die aus Dankwarths Sicht nicht zutreffend ist. Diese Diagnose habe dazu geführt, dass Andreas N. mit dem Medikament Elvanse in Kontakt gekommen ist. Dieses ist ein Amphetamin, wofür der Angeklagte dann eine Abhängigkeit entwickelt habe. Außerdem könne das Amphetamin Einfluss auf die Entwicklung seiner Psychosen gehabt haben. Auch Amphetamin-Abhängigkeit festgestellt Dass jedoch, wie der Angeklagte angab, sein Ausnahmezustand am Tattag eine Drogenpsychose sei, konnte der Psychiater ausschließen. Der Paderborner wurde nach der Tat in der Psychiatrie für neun Tage fixiert. Wären die Amphetamine für die Psychose verantwortlich gewesen, hätte diese nach spätestens zwei Tagen geendet. Aus Sicht des Psychiaters sei Andreas N. daher aufgrund seiner Erkrankung schuldunfähig. Darüber hinaus empfiehlt er eine Unterbringung des Angeklagten in einer Psychiatrie. Die Entwicklung seiner Probleme mit dem Gesetz habe nach seiner Erkrankung begonnen. Die Wahrscheinlichkeit sei daher sehr hoch, dass er wieder Taten begehe, sollte er aus der Psychiatrie entlassen werden. Zudem gebe es eine zunehmende Enthemmung seiner Taten. Nun liegt es an dem Richter, zu entscheiden, ob und in welchem Maße der Paderborner in den Maßregelvollzug muss. Derzeit ist er vorläufig in der LWL-Klinik in Lippstadt untergebracht. Am kommenden Dienstag, 6. August, werden die Abschlussplädoyers gehört. Dann ist auch mit einem Urteil zu rechnen.

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