Kranke Paderbornerin sticht auf Schwester ein: Vorwurf „Versuchter Mord“ ist vom Tisch

Paderborn. Was soll mit einer 31-jährigen Paderbornerin geschehen, die in ihrem Leben schon viel auf die Reihe bekommen hat, aber letztlich, wie bereits ihre Mutter und ihre ältere Schwester, psychisch krank wurde? Soll Merith E. (Name geändert), die ihr Lehramtsstudium erfolgreich absolvierte und stets für ihre beeinträchtigten Familienmitglieder die Verantwortung übernahm, auf unbestimmte Zeit in der forensischen Psychiatrie untergebracht werden, obschon ihre Erkrankung mithilfe von Medikamenten sehr gut in Schach zu halten ist? Keine einfachen Fragen, mit denen sich zurzeit die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Paderborn beschäftigen muss. Es sind schwere Vorwürfe, die Merith E. zur Last gelegt werden. Sie soll im Sommer vergangenen Jahres mit einem Messer auf ihre eigene Schwester losgegangen sein - als sich ihre psychische Erkrankung, unter der sie seit 2022 immer wieder leidet, erneut Bahn gebrochen hatte. Die vier Jahre ältere Frau kam mit einigen wenigen Verletzungen an Oberarm und Oberschenkel glimpflich davon, ebenso der Vater, der in das nächtliche Geschehen eingegriffen hatte. Dass Merith E. ihre Schwester hatte töten wollen, könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, fasst am dritten Verhandlungstag der Vorsitzende Richter, Eric Schülke, die Auffassung der Kammer zusammen. Deshalb sei auch keine Verurteilung für den von der Staatsanwaltschaft formulierten Vorwurf &bdquo;versuchter Mord“ zu erwarten, wohl aber möglicherweise für &bdquo;gefährliche Körperverletzung“. Lesen Sie auch: Fatale Familienerkrankung: Frau aus Paderborn sticht auf ihre Schwester ein Paderbornerin greift Schwester in einer Sommernacht an Allerdings war die 31-Jährige in der Sommernacht, als sie aggressiv ihre Schwester mit einem Messer anging, nicht mehr Herrin ihres Handelns. Davon ist der psychiatrische Gutachter überzeugt, der Merith E. untersucht hat. Wie ihre Mutter und ihre Schwester hat auch sie eine genetische Veranlagung an Schizophrenie zu erkranken. Wohl ausgelöst durch den Konsum von Cannabis brach bei ihr diese im Jahr 2022 aus. Sie verspürte große Ängste, fühlte sich verfolgt und hörte Stimmen. Die passende Medikation drängte die Krankheit sehr rasch erfolgreich zurück. Allerdings sei die Paderbornerin überzeugt gewesen, nunmehr wieder gesund zu sein, und habe die Tabletten eigenmächtig abgesetzt, berichtet der Psychiater Gerhard Dankwarth. &bdquo;Das ist typisch. Sobald die Symptome weg sind, glauben die Kranken geheilt zu sein.“ Ein fataler Trugschluss. Denn &bdquo;Schizophrenie ist einer überdauernde, lebenslange Krankheit“. Und die lässt anscheinend Merith E. so handeln, wie es so gar nicht zu ihr passt. Denn gewalttätige Übergriffe, aber auch wohl jegliche andere kriminellen Taten seien der jungen Frau persönlichkeitsfremd, erklärt der Gutachter. Sie sei sozial integriert, verantwortungsbewusst und verhalte sich eigentlich stets regelkonform. Ohne Behandlung sind weitere Taten wahrscheinlich Beste Bedingungen also, dass die Paderbornerin nie wieder auffällt - wenn sie ihrer Erkrankung gewissermaßen Zügel anlegt. Ohne eine psychiatrische Behandlung seien weitere ähnliche Taten sehr wahrscheinlich, so Dankwarth. Nur wenn gesichert sei, dass die 31-Jährige dauerhaft ihre Medikamente nimmt, keinerlei Cannabisprodukte konsumiert, bestehe keine Gefahr, dass sie erneut gewalttätig werden könnte. Dazu passend: Prozess in Paderborn: Frau sticht im Wahn auf ihre Schwester ein Eine &bdquo;forensisch-psychiatrische Nachsorge“, die die Schizophrenie ebenso im Blick hat wie Merith E.s Cannabisabhängigkeit, sei unumgänglich, wenn das Gericht die zu verhängende Unterbringung im Maßregelvollzug zur Bewährung aussetzen wolle, so Dankwarth. Dieses Ziel hat Verteidiger Thorsten Fust schon früh formuliert. Er hat von Bemühungen der Forensik Eickelborn berichtet, die für Merith E. einen Platz in einer Wohngemeinschaft bereitstellen will, die ihr ein großes Maß an Freiheit bei gleichzeitiger psychiatrischer Betreuung böte. Ob diese Chance der jungen Frau gewährt werden kann, will das Gericht am nächsten Verhandlungstag (Montag, 27. Januar) entscheiden.

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