Kommunalpolitisches Erdbeben in Paderborn: CDU lässt Koalition platzen

Paderborn. Für die CDU hat dieser Knall eine längere Vorgeschichte, aus Sicht der Grünen kommt er überraschend: Am Montagabend haben die Christdemokraten die gemeinsame Paderborner Rathauskoalition beendet. Damit ist die mit 24 Sitzen vor den Grünen (14) und SPD (7) größte Ratsfraktion für eigene Anträge künftig auf die Unterstützung anderer Fraktionen angewiesen. Wie CDU-Fraktionschef Markus Mertens sagte, sei er &bdquo;zuversichtlich, diese Mehrheiten unter den gestaltenden Parteien zu finden“. Eine neue Koalition mit einer anderen Fraktion schließt er aktuell genauso aus wie Absprachen mit der AfD. Gegen 20.20 Uhr besuchten Mertens, seine Stellvertreter Karsten Grabenstroer und Markus Bürger sowie die stellvertretenden Parteivorsitzenden Susanne Meiche und Tilman Pöppel die Fraktionssitzung der Grünen. &bdquo;Das kam völlig überraschend. Nachmittags gab es noch Gespräche mit der CDU“, sagt Fraktionssprecher Klaus Schröder. &bdquo;Ich frage mich, was die CDU glaubt, wie es weitergehen kann.“ Recht einfache Mehrheiten gebe es nur mit den Grünen und der SPD. Das sagt der Paderborner Bürgermeister Bürgermeister Michael Dreier (CDU) erklärte: &bdquo;Die Entscheidung über die Bildung und Beendigung von Bündnissen und Koalitionen obliegt den handelnden Fraktionen.“ Sein Bestreben sei es immer gewesen, für größtmögliche Mehrheiten im Rat zu werben. &bdquo;Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“ Lesen Sie auch unseren Kommentar: Politik geht auch ohne Bündnis Die Gründe der CDU für das Aus der Koalition im Paderborner Stadtrat Auch wenn es viele anders sehen: Laut Mertens sei die Entscheidung unabhängig von der Europawahl. Auf deren Ergebnisse werde geschaut und die CDU sehe sich bestärkt. Eine Rolle gespielt hätten die Ereignisse in den vergangenen Wochen. &bdquo;Da hat sich etwas aufgebaut. Es war kein Schnellschuss“, so Mertens. Die CDU werde &bdquo;weiter konstruktiv Politik machen“, sagt Mertens. &bdquo;Und zwar so, dass wir sie tragen können.“ Der Weg sei &bdquo;pure CDU“. &bdquo;Koalition bedeutet immer Kompromiss“, schreibt die CDU in einer Pressemitteilung. Man müsse sich zum Teil verbiegen, aber irgendwann komme es zum Bruch. Mertens sprach von einer &bdquo;Zweckgemeinschaft“, die sich lange gut zusammengerauft habe: am Anfang bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2020, zuletzt bei den Haushaltsberatungen für 2024. Zunächst die Corona-Pandemie und dann die zunehmende Finanznot hätten die Rahmenbedingungen verschlechtert. Während der jüngste Haushalt noch regelkonform gestemmt wurde, habe es daneben immer mehr Probleme gegeben. Mertens nennt als Beispiel einen Antrag zum Neubaugebiet Winkelland, das die Grünen zur Hälfte als autofreies Quartier haben wollten. Das Fass zum Überlaufen brachte das &bdquo;Elend mit dem Mobilitätshub“ und das Beharren der Grünen auf die ursprünglichen Flächen fürs Fahrradparken trotz einer Neuplanung, die aufgrund gestiegener Kosten notwendig wurde. Die CDU habe hier auf eine &bdquo;breite Zustimmung“ gesetzt, die es wegen der Grünen nicht gab. Schon vorher hat es zwischen CDU und Grünen Probleme gegeben Schon vorher habe es neben Kontroversen mit den Grünen auch Gegenwind aus den eigenen Reihen gegeben. Vieles wurde dem Haushalt untergeordnet. &bdquo;Es hat geschmerzt, viele Entscheidungen mitzugehen“, betont Mertens. Eine Reaktion darauf seien etliche und auch besondere Parteiaustritte. Auch die Parkgebühren und die Stelle für eine öko-faire Beschaffung hätten die Lage zugespitzt. Beschlüsse etwa zur öko-fairen Beschaffung &bdquo;waren intern wie extern nur sehr schwer zu vermitteln“, erklärt Markus Bürger. .responsive23-zaFh6rM0TFm5yznV-parl-20240611-sitze-rat-pb { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-zaFh6rM0TFm5yznV-parl-20240611-sitze-rat-pb { padding-top: 76.92%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-zaFh6rM0TFm5yznV-parl-20240611-sitze-rat-pb { padding-top: 100%; } } Über allem stehe die Finanzierbarkeit, die aufgrund der Wünsche der Grünen immer problematischer geworden sei. Diese Ideologie auf der anderen Seite und der stärkere Blick aufs Geld bei der CDU seien laut Mertens der &bdquo;Hauptknackpunkt“. Vor allem bei den Themen Klima und Verkehr bestehe Handlungsbedarf, so Karsten Grabenstroer. Nach CDU-Ansicht hätten die Grünen in zahlreichen Ansätzen &bdquo;Maß und Mitte verloren“. Zur geänderten Finanzlage kämen verschobene Prioritäten in der Politik und vor allem auch in der Bevölkerung. Grüne sehen keinen Versuch, um das Bündnis im Paderborner Rathaus zu retten &bdquo;Wenn sich das so aufgestaut hat, hätte ich mir Klärungsgespräche gewünscht, anstatt alles hinzuschmeißen“, betont Klaus Schröder. &bdquo;Es gab keinen Versuch, die Koalition zu retten. Ich kann das nicht nachvollziehen.“ Schröder sah kein Thema, über das nicht noch hätte geredet werden können. Bei den Grünen seien &bdquo;Gesprächs- und Kompromissbereitschaft immer vorhanden“. Noch am Montagnachmittag habe es die regelmäßige Telefonkonferenz mit der CDU zu aktuellen Themen gegeben. Da sei noch nichts zu spüren gewesen. &bdquo;Wenn die CDU tatsächlich so schwerwiegende Differenzen sieht, wäre es gut gewesen, wenn sie zunächst einmal ein offenes Gespräch gesucht hätte, wie wir das im Koalitionsvertrag vorgesehen haben“, erklärt Schröder in einer Presseinformation. &bdquo;Das ist leider nicht passiert.“ Die Grünen bangen jetzt um zahlreiche Großprojekte. &bdquo;Wie sich die Pläne rund um das Zukunftsquartier jetzt weiterentwickeln, bleibt völlig offen und bereitet uns Sorgen“, sagt Fraktionssprecherin Petra Tebbe. Der Merz-Linnemann-Kurs sei kein erfolgversprechendes Rezept Vor wenigen Wochen sei gemeinsam der Haushalt verabschiedet worden - aus der Verantwortung, &bdquo;die Zusammenarbeit gerade in einer für die Stadt schwierigen Lage weiterzuführen und Kompromisse zu finden“, so Tebbe. Es werde in Zukunft schwieriger, Mehrheiten für die Antworten auf die drängenden Fragen zu finden. &bdquo;Wir Grünen sind bereit, dazu mit allen demokratischen Fraktionen, der ehemaligen Opposition wie der CDU, Gespräche zu führen.“ &bdquo;Die CDU agiert leichtfertig und kurzsichtig. Sie gibt die Stabilität auf und sorgt für Unsicherheit“, erklärt der Grünen-Stadtverband in einer Mitteilung und fragt, ob sie sich von dem gemeinsam Erreichten distanziere und von dem notwendigen Fortschritt für Paderborn verabschiede. &bdquo;Ordnet sie sich dem von der Bundespartei verordneten Gegnerbild unter?“ Der Merz-Linnemann-Kurs sei kein erfolgversprechendes Rezept, um die AfD einzudämmen. Lesen Sie auch: Was die anderen Fraktionen in Paderborn sagen &bdquo;Gerne hätten wir weiter miteinander an gemeinsamen zukunftsfähigen Lösungen für die Stadt Paderborn gearbeitet“, erklärt die Stadtverbandsvorsitzende Catharina Scherhans. Man werde aber weiter zum Wohl der Menschen in Paderborn arbeiten &bdquo;und für eine lebenswerte Stadt mit intakter Umwelt.“

Meistgelesen