Rechtsruck auch im Kreis Paderborn? Hier liegen die AfD-Hochburgen

Kreis Paderborn. Der Wahlkampf ist vorbei, die Stimmen sind ausgezählt. Auch im Kreis Paderborn gibt es Gewinner und Verlierer. Der Blick auf die einzelnen Parteien und in die Stimmbezirke zeigt aber noch weitere Auffälligkeiten. Und es wird diskutiert: über den Rechtsruck, aber auch mögliche Neuwahlen. Was sagen die Parteien dazu? Wie haben die Parteien bei der Europawahl 2024 im Vergleich zu den Vorjahren abgeschnitten? Klarer Wahlsieger im Kreis Paderborn ist, wenig überraschend, die CDU. Sie holte mit 40,9 Prozent fast genau so viele Stimmenanteile wie SPD, Grüne, AfD, BSW und FDP zusammen (ca. 46 Prozent). Damit liegt sie zwar klar über dem Ergebnis der vergangenen Europawahl (35,9 Prozent), hat im Vergleich zu den jüngsten Landtags- und Kommunalwahlen von 2022 beziehungsweise 2020 jedoch rund 5 Prozent verloren. Die AfD, wie bundesweit auch im Kreis Paderborn auf Platz zwei gelandet, übertraf mit ihren 13,8 Prozent alle Ergebnisse der vergangenen Wahl seit 2019 deutlich - bei der Landtagswahl 2022 hatte sie noch bei knapp 6 Prozent gelegen. Nach den unerreichten 22 Prozent bei der letzten Europawahl hatten die Grünen schon bei den folgenden beiden Wahlen wieder Verluste eingefahren. Dieser Trend setzte sich fort, es ging im Vergleich zur Landtagswahl nochmals 4,5 Prozent runter auf jetzt 12,1 Prozent. Runter ging es auch für die SPD: Nach den 13,7 Prozent 2019 hatten sich die Sozialdemokraten auf 15,5 bei der Kommunal- und 18 bei der Landtagswahl gesteigert. Nun der erneute Absturz auf 11,3 Prozent - die SPD ist damit nur noch viertstärkste Kraft im Kreis Paderborn. Die FDP hielt mit 5,4 Prozent ihre Stimmenanteile konstant, während die Linke den Abwärtstrend fortsetzte und mit 1,8 Prozent nur noch unter &bdquo;sonstige Parteien“ läuft. Das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) hingegen schaffte aus dem Stand auch im Kreis Paderborn 4 Prozent. Wo holten die Parteien bei der Europawahl 2024 die meisten und die wenigsten Stimmen? Hochburg des Wahlsiegers CDU im Kreis Paderborn ist Delbrück, wo die Christdemokraten auf 53,7 Prozent kommen. Die wenigsten Wählerstimmen holten sie mit 33,7 Prozent in Paderborn - in allen anderen Kommunen liegt die CDU teils deutlich über 40 Prozent. Und in manchem Dorf wird kaum eine andere Partei gewählt: In Büren-Eickhoff machten 76,8 Prozent der 77 Wahlberechtigten ihr Kreuz bei der CDU, in Barkhausen waren es 75 Prozent (bei 100 Wahlberechtigten). Den größten Zuspruch erhielt die AfD mit 17 Prozent in Altenbeken, während sie in Borchen nur 11,7 Prozent Stimmen bekam. Wie schon bei vorigen Wahlen ist Paderborn aus Grünen-Sicht die stärkste Gemeinde, hier bekamen sie 15,9 Prozent. Am anderen Ende der Tabelle liegt Bad Wünnenberg (6,9 Prozent). Die meisten Kreuze für die SPD wurden in Borchen gemacht (13,3 Prozent), in Delbrück gab es nur 8,3 Prozent. In Bad Wünnenberg und Bad Lippspringe verbuchte die FDP mit 5,9 Prozent ihre besten Ergebnisse. Außer in Altenbeken (4,4) und Salzkotten (4,9) übersprang sie in jeder Kommune die 5-Prozent-Hürde. Das aus den Linken hervorgegangene BSW, von dem es bislang gar keinen Kreisverband gibt, erreichte in Bad Lippspringe knapp 5 Prozent (Lichtenau 2,9 Prozent). Gibt es eine mögliche Perspektive für den Paderborner Stadtrat? Wäre die Europawahl stattdessen eine Kommunalwahl gewesen, dann hätte die Paderborner Rathaus-Koalition aus CDU (33,7 Prozent) und Grünen (15,9 Prozent) auch weiterhin eine - wenn auch nur knappe - Mehrheit. Nur mit dem derzeitigen Partner könnten die Christdemokraten überhaupt in eine Zwei-Parteien-Koalition eintreten. Der Stadtrat würde sich voraussichtlich weiter zersplittern, da rund 15 Prozent der Wähler sich für Kleinparteien entschieden haben. Update (11. Juni): Paukenschlag in Paderborn: Die CDU lässt die Rathauskoalition mit den Grünen platzen. Wo hat die AfD im Kreis Paderborn ihre Hochburgen? Auch wenn die AfD nicht in allen Stimmbezirken im Kreis Paderborn so hohe Zahlen erreicht wie im Gesamtergebnis, so gibt es doch einige Hochburgen mit erheblichen Stimmenanteilen. So liegt die Kommune Altenbeken unter anderem deshalb bei den AfD-Stimmen ganz vorne, weil die Partei im Ortsteil Buke 26,08 Prozent der Wähler überzeugen konnte. Ein ähnlich hoher Wert ist für Herbram notiert, wo 25,7 Prozent ihr Kreuz bei der AfD machten. Uneinholbare AfD-Hochburg im Kreis Paderborn ist allerdings Herbram-Wald: 43,4 Prozent bedeutet, dass 53 der 122 Wahlberechtigten für die AfD votierten. Und auch in der Kernstadt Paderborn gibt es Stimmbezirke, in denen die Partei deutlich über ein Drittel der Stimmen für sich vereinnahmen konnte. Auf dem Kaukenberg kommt die Partei auf 33,98 und 37,61 Prozent, Auf der Lieth sind es 33,81 und 36,53 Prozent. 2019 hatte sie bei der Europawahl den Sieg Auf der Lieth mit 22 Prozent geholt. Und auch in Sennelager behauptet die AfD ihre starke Position mit 30,4 Prozent. Lesen Sie hier unseren Kommentar: Hohe Wahlbeteiligung, aber Tausende haben nicht gewählt Was sagen die Parteien im Kreis Paderborn zum Rechtsruck bei der Europawahl? Dass die AfD zweitstärkste Kraft in Deutschland geworden sei, schockiert die Kreisvorsitzende der Sozialdemokraten. &bdquo;Wir müssen das auf lokaler Ebene aufbereiten. Dafür müssten alle Parteien an einem Strang ziehen“, fordert Nele Czaniera. Der Paderborner Staatssekretär im NRW-Heimatministerium, Daniel Sieveke (CDU), zeigte sich gegenüber der &bdquo;Neuen Westfälischen“ ebenfalls besorgt über den Rechtsruck in Europa. Die Zugewinne für die AfD beschäftigen auch Klaus Schröder, Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Paderborner Rat. &bdquo;Wir müssen sehen, dass in den letzten Monaten viele Diskussionen in unserem Land gewaltig nach rechts gedriftet sind. Und ich persönlich mache dafür auch verantwortlich, was Merz und Linnemann tun“, sagt Schröder. Man könne nur versuchen, den Menschen deutlich zu machen, &bdquo;dass es überhaupt keinen Zweck hat, Leute an die Macht zu wählen, die bloß mit großem Getöse Parolen in die Welt setzen“. Stattdessen müsse man sich mit den wirklichen Problemen auseinandersetzen. Auch Holger Drewer vom Team Die Linke fordert: &bdquo;Wir müssen gegen den Rechtsruck kämpfen.“ Und was sagt die AfD selbst zu ihrem starken Abschneiden auch im Kreis Paderborn? &bdquo;Die Europawahl war für uns ein Etappenziel. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir die Meinung eines Großteils der Bürger in der Region vertreten“, so Marvin Weber. Er wolle die Probleme, die durch die aktuelle Migrationspolitik bestünden, weiter beim Namen nennen. &bdquo;In unseren Innenstädten fühlen sich Menschen immer seltener sicher, das wollen wir ändern.“ Im Kreis Paderborn sei es das Ziel der AfD, die Rolle als zweitstärkste Kraft weiter zu behaupten. .responsive23-D4sUuCGXTIoyJG72-bar-vertical-20240608-column-chart-eu-wahl { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-D4sUuCGXTIoyJG72-bar-vertical-20240608-column-chart-eu-wahl { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-D4sUuCGXTIoyJG72-bar-vertical-20240608-column-chart-eu-wahl { padding-top: 166.67%; } } Wie stehen die Parteien im Kreis Paderborn zu möglichen Neuwahlen? Ein leises Raunen ging am Sonntagabend durch die Reihen der Genossinnen und Genossen, als CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann aus Paderborn kurz nach der Prognose die Vertrauensfrage forderte. Für den SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Roger Voigtländer ist das allerdings reines &bdquo;Getöse“. An Neuwahlen glaubt er nicht. &bdquo;Wir haben einen Kanzler, die CDU nicht mal einen Kandidaten“, sagt er. Anders klingt das naturgemäß bei den Christdemokraten. Deren Kreisvorsitzende Corinna Rotte wird deutlich: &bdquo;Die CDU ist mit Friedrich Merz und Carsten Linnemann auf einem guten Weg, um die Ampelregierung abzulösen.“ Lesen Sie auch: CDU-Politikerin aus Paderborn vor Einzug ins EU-Parlament Wie blicken die Parteien im Kreis Paderborn auf die nächsten Wahlen? Die FDP sieht ihr Ergebnis als Bekräftigung für ihren &bdquo;harten Kurs“. Laut ihres Kreisvorsitzenden Marc Lürbke dürften die Liberalen kein Stück locker lassen: &bdquo;Es braucht dringend klare Kante.“ Nach der Europawahl will sich Grünen-Kreisvorsitzende Anne Birkelbach das Ergebnis im Kreis und in Paderborn mit ihren Parteifreunden anschauen. Birkelbach: &bdquo;Wir müssen genau analysieren, müssen uns genau die Wahlbezirke anschauen, wie dort die Ergebnisse sind.“ Dies sei auch deshalb wichtig, um entsprechende Erkenntnisse für die Bundestags- und Kommunalwahl in NRW im nächsten Jahr zu erlangen. Auch die SPD will jetzt Stück für Stück den Wahlkampf vorbereiten und Themen einsammeln. Der Paderborner Ortsvereinsvorsitzende Voigtländer etwa bleibt zuversichtlich, was die anstehenden Wahlen angeht: &bdquo;Die Situation kann im Herbst 2025 eine ganz andere sein“.

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