Eklige Hinterlassenschaften: Paderborner Kirche an Brennpunkt bleibt geschlossen

Paderborn. &bdquo;Eigentlich sollte eine Kirche für alle offen sein, beispielsweise um vorbeizukommen und innezuhalten“, sagt Pfarrer Thomas Stolz. Doch genau das – eine offene Herz-Jesu-Kirche – sei außerhalb der Gottesdienstzeiten nicht mehr möglich. Die Kirche bleibt seit wenigen Wochen geschlossen. Stolz: &bdquo;Das ist sehr traurig, aber was anderes kann man unseren Mitarbeitenden nicht mehr zumuten.“ Die Schließung ist die Folge der Brennpunkt-Situation auf dem Paderborner Herz-Jesu-Platz, wo sich eine von Alkohol und Drogenkriminalität geprägte Szene trifft. &bdquo;Es findet kein verlässliches Miteinander mehr mit den Menschen statt, die sich dort aufhalten“, zeigt sich Stolz enttäuscht. Der Kirchenvorstandsvorsitzende der Herz-Jesu-Gemeinde berichtet von ekligen Hinterlassenschaften, die regelmäßig im Kirchenraum gefunden wurden: Die Kirche wurde als Toilette genutzt, es wurde dort gekifft und Spritzen wurden hinterlassen. Auch hätten Kirchenbesucherinnen und -besucher Angst gehabt, wenn sie Angehörigen der Szene begegnet seien. Lesen Sie auch: An der Herz-Jesu-Kirche herrscht Alkoholverbot Der Kirchenvorstand habe einiges probiert, Vertreter sprachen mit den Szeneangehörigen. Dann wurden die Seitentüren der Kirche geschlossen. Es folgten Schilder, die mitteilten, dass der Alkohol- und Drogenkonsum direkt vor der Herz-Jesu-Kirche untersagt ist. &bdquo;Das alles hat aber nicht gefruchtet“, sagt Stolz. Daher nun der aus Gemeindesicht traurige Höhepunkt mit der Schließung zur allermeisten Zeit. Fahrradbügel auf dem Herz-Jesu-Platz werden &bdquo;missbräuchlich“ genutzt Der Kirchenvorstand ist nicht der einzige Akteur, der schon länger nach einer Lösung für Paderborns Brennpunkt sucht. Mehrfach haben Geschäftsleute deutliche Kritik formuliert. Am Donnerstagnachmittag schauten sich betroffene Anlieger, die Interessengemeinschaft (IG) Innenstadt und CDU-Vertreter die Situation vor Ort an. &bdquo;Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, wenn auf dem Platz alle Fahrradhäuschen verschwinden“, sagt Astrid Hunstig, Sprecherin der IG Innenstadt, gegenüber der &bdquo;NW“. Die Angehörigen der dortigen Szene nutzen die überdachten Fahrradbügel zum Sitzen – &bdquo;missbräuchlich“, wie die Stadt Paderborn auf Anfrage schreibt. Denn ein Abstellen der Fahrräder sei zunehmend nicht mehr möglich gewesen. Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung einen Teil der Bügel abgebaut. &bdquo;Von der Stadt wird kontinuierlich geprüft, ob und wann temporäre Fahrradständer in die leeren Fahrradunterstände gestellt werden“, heißt es von Verwaltungsseite weiter. &bdquo;Im Zuge eines für die nächsten Jahre geplanten weitergehenden Umbaus des Bereichs vor der Herz-Jesu-Kirche werden auch Standorte für Fahrradabstellanlagen und Sitzgelegenheiten geprüft.“ Für Hunstig und ihre Mitstreiter ist klar: Die Unterstellhäuschen und verbliebenen Fahrradbügel müssen weg. Diese Forderung richte sich nicht gegen Radfahrerinnen und -fahrer, sondern schütze sie, meint Hunstig. Ihr zufolge werde auf abgestellte Räder gerotzt und Alkohol verschüttet. Idee eines Treffpunkts hinter der Herz-Jesu-Kirche ist vom Tisch Über Lösungen für all diese Probleme wird schon länger diskutiert. Ende 2023 wurde öffentlich die Idee ins Spiel gebracht, für die Szene einen neuen Treffpunkt inklusive Toilette hinter der Herz-Jesu-Kirche zu schaffen. &bdquo;Die Idee kam von mir“, sagt Pfarrer Stolz. Nachdem sich der Kirchenvorstand beraten hat, werde der Vorschlag aber nicht weiter verfolgt. Denn es gebe Zweifel, ob die Szeneangehörigen den Ort annehmen würden. So sei für sie der Kiosk am Westerntor – also auf der anderen Kirchenseite – ein wichtiger Anlaufpunkt. Stolz’ Einschätzung nach wollen sie zudem am sozialen Leben teilhaben, und das spiele sich auf dem Platz und nicht hinter der Kirche ab. Lesen Sie auch: Lösungsansatz für Brennpunkt vor der Herz-Jesu-Kirche Welche Lösung könnte es stattdessen für Paderborns Brennpunkt am Herz-Jesu-Platz geben? Da wäre zum einen der ordnungspolitische Ansatz. &bdquo;Wir müssen versuchen, mehr Druck zu machen“, sagt Ordnungsamtsleiter Claus Josephs. Das Ordnungsamt und die Paderborner Polizei berieten sich derzeit, welche rechtlichen Möglichkeiten sie haben. Doch um beispielsweise konsequent Platzverweise aussprechen zu können, damit sie eine Wirkung zeigten, bräuchte es genügend Personal. Josephs: &bdquo;Wir können mit unseren BOSS-Leuten nicht ständig vor Ort sein.“ Streetworker beraten die Szeneangehörigen Ein weiterer Ansatz sieht Beratung für die Menschen vor, die teilweise obdachlos sind, oft aber einen festen Wohnsitz haben. Von montags bis freitags steuern Streetworker den Herz-Jesu-Platz an, erklärt Nicole Wiggers, Geschäftsführerin von KIM – Soziale Arbeit. Fünf bis zehn Beratungen machen die drei Mitarbeitenden täglich, etwa zu Therapie-Angeboten und zur Notübernachtungsstelle. Das Beratungsangebot werde &bdquo;sehr gerne angenommen“, sagt Wiggers. Seit vergangenem Sommer hat KIM eine zusätzliche Streetworkerstelle, was den Vorteil habe, dass ein engerer Kontakt zu den Szeneangehörigen aufgebaut werden könne.

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