Swatting im Kreis Paderborn: Wenn überraschend Polizei und Feuerwehr vor der Tür stehen

Kreis Paderborn. Ein ahnungsloser Mann, der dieser Redaktion bekannt ist, sitzt abends vor seinem PC im Paderborner Land. Im Internet streamt er live auf einer Plattform für Gaming. Plötzlich klingelt es an der Tür, Polizei und Rettungswagen sind zu seiner Adresse ausgerückt. Es habe einen Notruf gegeben, doch der Mann hatte gar keinen abgesetzt. Wenige Tage später dasselbe Szenario: Wieder streamt der Mann live im Internet, erneut stehen Einsatzfahrzeuge und Beamte vor seinem Haus. Ein Unbekannter hatte wiederholt Einsätze ausgelöst. Dahinter steckt ein bedenklicher Trend, der als "Swatting" bezeichnet wird. "Swatting" ist eigentlich ein amerikanisches Phänomen, bei dem Unbekannte einen größeren Polizeieinsatz auslösen. Abgeleitet wird es von der Spezialeinheit der Polizei in den USA, dem SWAT-Team, das dann zu den Adressen der Opfer geschickt wird. In Deutschland spricht man dabei von einem Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln. Das Strafmaß für Täter ist hoch "Das es absolut kein Kavaliersdelikt ist, sieht man schon daran, dass der Gesetzgeber es als Straftat aufführt", mahnt Michael Biermann von der Polizei Paderborn. "Immerhin besteht durch einen unnötigen Einsatz von Polizei und Rettungskräften immer das Risiko, dass diese bei einem echten Notfall fehlen und somit Menschenleben in Gefahr sind." Als Strafmaß sieht der Gesetzgeber eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor. Potenzielle Täter müssten jedoch mit weiteren Konsequenzen rechnen, ein Schadensersatz kann fällig werden. "Je nach Einsatzgröße können sich die Kosten schnell zwischen 50.000 und 100.000 Euro bewegen", sagt Biermann. Sollten durch den ausgelösten Einsatz zusätzlich Menschen zu schaden kommen, könnte sogar eine Anzeige wegen Körperverletzung drohen. In Paderborn gab es im vergangenen Jahr 40 solcher Fälle. Dass die Häufigkeit solcher Delikte in Deutschland eher niedrig sei, "liegt daran, dass wir meistens erst eine Polizeistreife vorbeischicken, bevor das SEK ausrücken würde", führt er weiter aus. Bekannter Fall im Streaming-Bereich Da "Swatting" in vielen Fällen im Gaming- und Streamingbereich stattfindet, fällt es unter die Kategorie des Cybermobbings. Einer der bekanntesten Fälle in Deutschland ist dabei der Streamer "Drachenlord". 2015 wurde er während eines Livestreams Opfer von "Swatting". Ein Feuer solle ausgebrochen sein, daraufhin rückten mehr als 100 Feuerwehrkräfte aus. Der Täter konnte ermittelt werden und wurde von einem Gericht zu eineinhalb Jahren verurteilt. Auch bei dem Fall des Mannes aus dem Paderborner Land bewegen sich Täter und Opfer vermutlich in der gleichen Streaming-Szene. Die Ermittlungen im Fall des Mannes wurden jedoch von der Paderborner Staatsanwaltschaft eingestellt. Es sei nicht möglich gewesen, die Täter zu ermitteln. "Das sind Computerfreaks und Hacker, die ihre Identität professionell verschleiert haben", sagt Michael Biermann. Dieser Umstand erschwere die Ermittlungen. Paderborner Polizei mit hoher Aufklärungsquote "Ich wollte präventiv meine Handynummer bei den Einsatz- und Rettungskräften hinterlegen, das wurde jedoch gut begründet abgelehnt", sagt der Mann aus dem Paderborner Land gegenüber dieser Redaktion. Polizei und Feuerwehr müssten immer von echten Notrufen ausgehen. "Sollte tatsächlich ein Notfall vorliegen, können wir oder die Feuerwehr nicht erst prüfen, ob dieser echt ist. Dabei geht wertvolle Zeit verloren", sagt Biermann. Das Opfer fühlt sich hingegen machtlos: "Ich verstehe die Begründung und hoffe inständig, dass es nun aufhört." Er habe sich mittlerweile vom Streaming zurückgezogen. Über die Ziele der Täter lasse sich nur spekulieren, "meistens gibt es aber eine Beziehung zwischen Opfer und Täter", sagt Biermann. "Offensichtlich wollen sie dem Opfer schaden, sei es aus Konkurrenzneid, Rache oder sonstigen Beweggründen." Dabei sollten Täter sich nicht zu sicher fühlen. "Auch wenn in diesem Fall kein Verantwortlicher ermittelt werden konnte, haben wir bei diesen Delikten im vergangenen Jahr eine Aufklärungsquote von 77 Prozent zu verzeichnen", führt er weiter aus. Das solle potenziellen Tätern eine Warnung sein.

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