Paderborner Gastronomen befürchten saftigen Preissprung zum Jahreswechsel

Paderborn. Mit Sorge blicken derzeit Gastwirtinnen und Gastwirte auf den 1. Januar 2024. Auch in Paderborn. Wenn an diesem Stichtag der derzeit reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Speisen wieder angehoben wird und der gesetzliche Mindestlohn steigt, könnte bei Gastronomen der Puffer zwischen Kosten und Einnahmen schmelzen. Und das könnte eine Spirale aus immer höheren Preisen und weniger Kunden befördern. Die Sorge ist in Gesprächen der "NW" mit mehreren Inhabern, einem Geschäftsführer sowie einem Gastwirt und Vertreter des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) deutlich herauszuhören. Am Januar 2024 soll der gesetzliche Mindestlohn auf 12,41 Euro steigen. Zudem könnte der reduzierte Mehrwertsteuersatz von derzeit sieben Prozent auf Speisen in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent angehoben werden. Bislang gilt der reduzierte Satz bis zum 31. Dezember 2023. Grundlage hierfür ist das sogenannte Corona-Steuerhilfegesetz. Verband will kämpfen Burkhard Bernemann (60) ist Vize-Schatzmeister des Dehoga Ostwestfalen, engagiert sich dort im Kreisvorstand Paderborn und führt in zweiter Generation das "Bernemanns zum Hölzchen" in Wewer. Beim Thema Mehrwertsteuer erwartet er weitere Informationen oder gar eine Entscheidung im November. "Bis dahin wird unser Verband dafür kämpfen, dass der Mehrwertsteuersatz bei sieben Prozent bleibt", sagt er. Corona und die Auswirkungen aufgrund des Krieges in der Ukraine nennt er als Gründe dafür, dass auch Gastronomen auf höhere Einkaufspreise für Waren reagieren müssen. Darauf, dass der Dehoga sich für Gastwirte einsetzt, hofft auch Karl-Heinz Militzer, Geschäftsführer der Bono-Gastronomie (Deutsches Haus und Paderborner Brauhaus). Auf die Mehrwertsteuer bezogen sagt er: "Für uns wäre eine Erhöhung absolut schlecht. Und ich hoffe, dass es nicht dazu kommt." Reduzierte Mehrwertsteuer als Puffer Warum der aktuelle Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen für Gastronomen wichtig ist, verdeutlichen Alexander Varchmin (32) und Sebastian Hohnschopp (41). Seit Januar 2023 ist Varchmin Inhaber des Ausspann am Kasseler Tor. Ebenfalls seit Januar ist Hohnschopp Geschäftsführer der Bobberts Gastro GmbH in Paderborn. "Gerade der verringerte Mehrwertsteuersatz von derzeit sieben Prozent ist eine Spanne, an der wir was verdienen können. Eine Erhöhung um zwölf Prozent würde uns sehr treffen. Schon jetzt verdienen wir nicht groß", sagt Varchmin. Zudem sehe er "die Gefahr, dass Gäste nicht mehr bereit sind, die Preise zu zahlen". Auch Hohnschopp sieht eine Wiederanhebung des Mehrwertsteuersatzes kritisch, "da wir gezwungen wären, diese Kostensteigerung an die Kunden weiterzugeben und somit die Preise zu erhöhen". Und mit Blick auf Energie- und Personalkosten fügt er hinzu: "Daraufhin gegebenenfalls ausbleibende Kunden wären angesichts ohnehin stark gestiegener Betriebskosten für viele Betriebe möglicherweise eine existenzielle Herausforderung." Höherer Mindestlohn Auch die geplante Erhöhung des Mindestlohns wird sich deutlich auf die Kosten auswirken, sagt Anne Ewers. Sie ist Inhaberin des Galerie-Hotels in Paderborn. Mehr als 30 Angestellte, darunter Aushilfen und Teilzeitkräfte, sind hier beschäftigt. "Die Gehälter sind bereits horrende gestiegen. Deshalb betrifft uns das Thema enorm", sagt Ewers. Und sie sieht den Frieden innerhalb von Teams im Gastgewerbe in Gefahr, wenn "Fachkräfte auf die gestiegenen Gehälter der Aushilfen" schauen würden. Die allgemeine Stimmung in der Branche beschreibt sie unterdessen so: "Ich habe das Gefühl, dass Gastronomen der Hahn zugedreht wird." Gedanken macht sich auch Nadine Peters (31), Inhaberin von Le Feu im Riemekeviertel. Seit 2019 bietet sie mit ihrem Team vor allem Flammkuchen in verschiedenen Variationen an. Peters ist Franchise-Nehmerin der gleichnamigen Le-Feu-Kette. Und die Themen Mehrwertsteuer sowie Mindestlohn seien bei einem Franchise-Treffen rege diskutiert worden. Zum Thema Mindestlohn verweist sie darauf, dass dieser seit 2018/19 mehrfach gestiegen sei, von damals etwa acht Euro auf nun etwa zwölf Euro. "Mein Gehalt ist seitdem nicht mal um ein Prozent gestiegen", sagt Peters. Dafür fehle der finanzielle Spielraum. Für das Restaurant Bobberts hätte eine Anhebung des Mindestlohns allerdings keine unmittelbaren Folgen, teilt Hohnschopp mit. Weil das Restaurant nach Tarif zahle. "Auch alle Aushilfen erhalten bei uns jetzt schon mehr als den geplanten künftigen Mindestlohn von 12,41 Euro", teilt er mit. Aktuell hat das Bobberts 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon elf Festangestellte und neun Aushilfen. Fehlendes Personal Zugleich verweisen Burkhard Bernemann, Anne Erwers und Nadine Peters auf ein anderes Problem: Sie finden kein Personal. Bei Bernemann sind elf Kräfte im Team, darunter seine Ehefrau. Peters hat fünf Kräfte im Service, drei in der Küche. Peters blickt dabei regelmäßig auf die jeweils neuen Uni-Jahrgänge in der Hoffnung, von dort aus Kräfte zu bekommen. Mit mäßigem Erfolg. Aus dem Kreis mehrerer Tausend Studentinnen und Studenten habe es aktuell nur eine Bewerbung gegeben. Auch Ewers sagt: "Es ist schwer, gutes Fachpersonal zu finden." Blick auf die Gäste Unterdessen hat Alexander Varchmin eine Befürchtung mit Blick auf den Mindestlohn und die Mehrwertsteuer und mögliche Preissteigerungen: "Dass viele unserer Stammgäste nicht mehr so häufig kommen werden."

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