Reerdigungen, Pilzsärge, Diamanten: Neue Bestattungsformen im Kreis Paderborn

Paderborn. Asche zu Asche und Staub zu Staub? Von wegen. Auf deutschen Friedhöfen gilt schon seit Längerem: Asche zu Erde. Sieben von zehn Begräbnisse sind mittlerweile auch in Paderborn Urnenbeisetzungen. Tendenz steigend. Doch jetzt halten zwei neue Bestattungsformen in Deutschland Einzug, bei denen es heißt: "Erde zu Erde". Diese Formel ist wörtlich zu verstehen. Denn bei der sogenannten "Reerdigung" wird tatsächlich Erde beigesetzt, beim "Pilzsarg" wird der Verstorbene im Boden viel schneller als normal zu Erde. Auch im Kreis Paderborn hat es bereits eine solche Bestattung gegeben. Ein Überblick: Reerdigungen Diese neben Feuer- und Erdbestattungen neue Bestattungsform ist aus den USA nach Deutschland gekommen. Dabei werden Tote auf ein pflanzliches Substrat aus Heu, Stroh und Schnittgut in einem abgeschlossenen Kokon gebettet. Nach 40 Tagen sollen die Körper durch natürliche Mikroorganismen in Humus transformiert sein. Aus 80 Kilogramm Mensch würden 110 Kilo Erde, heißt es. Diese kann dann in einem Tuch aus Naturfasern in einem Grab auf dem Friedhof beigesetzt werden. In Deutschland hat es bereits zehn solcher Reerdigungen gegeben, bislang allerdings nur im Norden. Denn dort läuft das Pilotprojekt von "Meine Erde", das damit wirbt, eine besonders nachhaltige Art der Bestattung zu sein. Anders als bei Verbrennungen oder Sargbestattungen würde kein CO2 in die Atmosphäre gelangen, dafür würden die Nährstoffe des Körpers nach der Umwandlung den Boden anreichern. In Paderborn hat es bislang noch keine Anfragen gegeben, berichten zwei große Bestattungshäuser aus dem Kreisgebiet. Die Methode sei noch nicht bekannt und werde deshalb von den Angehörigen auch nicht gewünscht, sagt Sebastian Voss. Er selbst sei für neue Möglichkeiten immer offen und hält Reerdigungen aus ökologischer Sicht für eine interessante Möglichkeit. Wenn Reerdigungen bundesweit genehmigt und nachgefragt würden, böte er diese Bestattungsform auch an. "Bestatter sind Wunscherfüller", so Voss, der auch Kreisverbandsvorsitzender der Bestatter im Hochstift ist. Das Bestattungshaus Sauerbier beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit dem Rekompostieren von Verstorbenen. Es habe schon einige Gespräche mit den "Meine Erde"-Gründern gegeben, berichtet Geschäftsführerin Anja Stein. Sie hält die Idee für interessant und stehe dem Ganzen aufgeschlossen gegenüber, auch wenn das Konzept in Deutschland noch nicht ganz ausgereift sei. &bdquo;Die Idee, den im Kokon kompostierten Leichnam nach 40 Tagen auf dem Friedhof beisetzen zu müssen, also Erde auf den Friedhof zu bringen, überzeugt noch nicht ganz", so Steins. Sie hält es dennoch für wahrscheinlich, dass Anfragen kommen werden, wenn Reerdigungen erst einmal bekannter und erlaubt sind. Pilzsärge Bereits möglich sind Beisetzungen im Pilzsarg der niederländischen Firma Loop. Statt aus Holz und Metallbeschlägen besteht dieser "lebendige Kokon" aus dem Myzelgeflecht von Pilzen. Der Sarg wächst buchstäblich innerhalb einer Woche heran. Im Boden verbindet sich das Pilzgeflecht dann durch die Feuchtigkeit des Bodens mit seiner Umgebung. Der Verstorbene wird dadurch viel schneller zersetzt. Innerhalb von nur zwei oder drei Jahren ist der Mensch in der Natur vollständig aufgegangen. So werde der Körper des Verstorbenen zurück in den Kreislauf des Lebens gegeben, mit einem Sarg, der die Umwelt bereichert und sie nicht mit schädlichen Materialien belastet, wirbt das Unternehmen für eine nachhaltige Bestattungskultur. Im Kreis Paderborn ist in diesem Jahr bereits ein Mensch im Pilzsarg beerdigt worden, berichtet Anja Stein. Diese Form des Begräbnisses koste etwa 400 Euro mehr als eine normale Erdbestattung. Einen "Kokon" hat das Bestattungsunternehmen Sauerbier in seiner Ausstellung stehen, wo ihn sich Interessierte anschauen können. Heimische Särge Doch Sauerbier hat aber auch eine eigene Form der nachhaltigen Bestattung im Angebot: das Projekt &bdquo;Waldleben". Dabei werden Fichten aus dem Bürener Forst zu Särgen verarbeitet, die bei Kremierungen genutzt werden. Im Gegenzug wird für jeden dieser Särge im heimischen Forst ein neuer Baum angepflanzt. "Diese Möglichkeit wird super angenommen", freut sich Geschäftsführerin Stein. Bäume, Berge, hohe See Größere Beliebtheit erfahren in Paderborn zunehmend Baumbestattungen. Davon zeugt auch die Etablierung des Bestattungswaldes bei Wewer. "Das wird wirklich gut angenommen", weiß Sebastian Voss. Die befragten Bestatter bieten darüber hinaus noch Bestattungen auf See oder in den Bergen an. Die seien zwar etwas außergewöhnlicher, aber würden verhältnismäßig häufig gewünscht, heißt es. Verstreute Asche In Salzkotten gibt es seit 2013 ein Aschenstreufeld auf dem Grabfeld der Anonymenbestattungen. Doch in den vergangenen zehn Jahren wurden dort bislang erst zehn Beisetzungen ohne Urne vorgenommen, bei denen die Asche also verstreut wird, teilt die Stadt Salzkotten auf Anfrage mit. Diamanten Ganz selten nur wird den Bestattern zufolge die Diamantbestattung gewählt, bei der die Asche des Verstorbenen zu einem Edelstein gepresst wird. Dieser ist jedoch kaum größer als ein Streichholzkopf, kostet dafür aber mindestens 4.200 Euro.

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