Günstige Beerdigung: So kann man Körperspender an der Uni Bielefeld werden

Bielefeld. Sich zu Lebzeiten mit dem eigenen Ableben zu beschäftigen, ist nicht einfach. Doch immer mehr Menschen tun genau das sehr intensiv und entscheiden sich dafür, ihren Körper nach dem Tod der medizinischen Forschung und Lehre zur Verfügung zu stellen. Seit gut einem Jahr ist eine Körperspende auch an der Universität Bielefeld möglich. Das Interesse sei groß, sagen die Verantwortlichen. Häufig gehe es bei den Beweggründen neben der guten Sache auch um Bestattungskosten und den Wunsch, Angehörige zu entlasten. Doch was passiert mit meinem Körper nach dem Tod in der Anatomie? Welche Kosten bleiben? Und wer kommt als Spender überhaupt infrage? Zehn Fragen, zehn Antworten rund ums Thema Körperspende an der Universität Bielefeld: Was ist eigentlich eine &bdquo;Körperspende“? Bei einer Körperspende entscheiden sich Menschen dafür, ihren Leichnam nach dem Tod für die medizinische Forschung und Lehre zu spenden. Die menschlichen Überreste werden dann nicht direkt bestattet, sondern zur Anatomie einer Universität gebracht. Hier üben zum Beispiel Studierende der Medizin an den präparierten Leichnamen OP-Techniken. Später werden die Leichname zur Bestattung freigegeben oder die jeweilige Universität übernimmt die Beisetzung. Auch die Uni Bielefeld ist für die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten an der neuen Medizinfakultät jetzt auf Körperspenden angewiesen. Können Angehörige nach meinem Tod darüber entscheiden, meinen Körper zu spenden? Nein, das geht nicht. Anders als bei Organ- oder Gewebespenden für Transplantationen könne bei einer Körperspende nur der oder die Betroffene selbst zu Lebzeiten darüber entscheiden und müsse geschäftsfähig sein, erklärt Marko Schulze, der an der Universität Bielefeld die Abteilung für Körperspenden (Prosektur) leitet. An der Universität Bielefeld möchten Schulze und sein Team zudem alle Körperspender zu Lebzeiten einmal kennenlernen, Fragen beantworten und beraten. &bdquo;Wir wollen sichergehen, dass die Menschen aus freien Stücken zu uns kommen.“ Wie registriere ich mich für eine Körperspende an der Uni Bielefeld? Wer seinen Körper der Universität Bielefeld spenden möchte, tut das in Form eines sogenannten &bdquo;Vermächtnisses“ – eine Art Vertrag mit dem Anatomischen Institut. Darin wird der letzte Wille bekundet, den eigenen Körper nach dem Tod für medizinische Zwecke der Uni zu überlassen. &bdquo;Von dieser Einverständniserklärung können die Spender jedoch jederzeit ohne Angabe von Gründen schriftlich wieder zurücktreten“, betont eine Mitarbeiterin der Bielefelder Prosektur, die potenzielle Körperspender berät, aus beruflichen Gründen aber namentlich nicht genannt werden möchte. Wer sich registrieren lässt, erklärt sie, erhalte einen Spenderausweis. Mehr zum Thema: Platz für 100 Tote: Das ist der spannendste Neubau der Bielefelder Universität Wann komme ich als Körperspender(in) überhaupt infrage? &bdquo;Potenzielle Spenderinnen und Spender müssen mindestens 50 Jahre alt sein und in Bielefeld selbst oder in einem Umkreis von maximal 50 Kilometern wohnen“, erklärt Schulze. Denn die Leichname müssten nach dem Tod möglichst schnell von den autorisierten Bestattungsunternehmen abgeholt werden können. &bdquo;Die Körper müssen innerhalb von 72 Stunden bei uns sein, damit wir sie verwenden können.“ Darüber hinaus gebe es nur wenige Einschränkungen: So gebe es beim Alter zwar eine Grenze nach unten, aber nicht nach oben. &bdquo;Auch wer eine künstliche Hüfte oder einen Herzschrittmacher hat, eine Amputation oder eine Krebserkrankung hatte oder keine Gebärmutter mehr hat, kann seinen Körper spenden“, erklärt Schulze. Das spiegele die spätere Realität in den medizinischen Berufen wider. Wann ist eine Körperspende doch nicht möglich? Die vereinbarte Körperspende kann jedoch kurzfristig platzen: Wenn jemand keines natürlichen Todes gestorben sei, sei keine Körperspende möglich, sagt eine Beraterin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Das gelte auch bei Suizid. Eine meldepflichtige Infektionserkrankung wie HIV, eine zu starke Beschädigung des Körpers nach einem Unfall sowie eine Organspende könnten zudem die Körperspende verhindern. Die Universität müsse außerdem von einer Körperspende zurücktreten, wenn jemand auf Reisen versterbe und der Körper nicht vom beauftragten Bestatter in die Bielefelder Anatomie im notwendigen Zeitfenster transportiert werden kann. Welche Kosten werden bei einer Körperspende von der Universität Bielefeld übernommen? Die Uni Bielefeld übernimmt nach dem Tod die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebene amtsärztliche Untersuchung sowie die Ausstellung des Totenscheins und stellt den Bestatter, der den Körper in die Anatomie überführt. Sind die anatomischen Untersuchungen abgeschlossen, organisiert die Universität die Einäscherung und übernimmt die Kosten für Überführungen und Feuerbestattung. Inklusive sind zudem die Beisetzung auf dem Gräberfeld der Universitätsmedizin OWL auf dem Bielefelder Sennefriedhof sowie die dortige Grabpflege. Außerdem würden die Medizinische Fakultät und ihre Studierenden einmal im Jahr eine gemeinsame &bdquo;würdevolle Gedenkfeier“ für Freunde und Angehörige der Verstorbenen anbieten, sagt das Beraterteam zu Körperspenden. Lesen Sie auch: Junge Frauen auf dem Vormarsch: Immer mehr Ärztinnen übernehmen die Hausarztpraxen Welche Kosten müssen die Körperspender selbst tragen? Kostenlos ist die Körperspende an der Uni Bielefeld nicht: Wer sich dafür entscheidet, muss sich mit 1.190 Euro an Überführungs- und Bestattungskosten beteiligen. Ein solcher Kostenbeitrag sei an vielen Universitäten Standard, erklärt Schulze. &bdquo;Wir haben über den Eigenanteil lange diskutiert und wissen, dass das für manche zu teuer ist. Wir sehen aber angesichts der hohen Kosten, die wir finanzieren müssen, aktuell keine andere Möglichkeit.“ Wer sich jedoch umentscheide und von der Körperspende zurücktrete, erhalte auch den vollen Geldbetrag zurück. Zum Vergleich: Bei einer klassischen Urnen- oder Erdbestattung entstehen laut Bundesverband Deutscher Bestatter Kosten von mindestens 4.000 Euro, die Erben beziehungsweise Angehörige tragen müssen. &bdquo;Wir klären in unseren Gesprächen mit potenziellen Spendern aber auch darüber auf, dass das Sozialamt die Kosten für eine Bestattung übernehmen kann“, so die Beraterin vom Prosektur-Team. Auch für eine Erdbestattung mit Sarg. Was passiert nach meinem Tod mit meinem Körper in der Anatomie? Jeder Körper werde nach seiner Ankunft in der Bielefelder Anatomie anonymisiert, mit einer Nummer versehen, mit der chemischen Lösung Formalin konserviert und eingelagert, erklärt Prosektur-Leiter Schulze. &bdquo;So können wir die natürlichen chemischen Verwesungsprozesse nach dem Tod aufhalten.“ Das dauere etwa ein halbes Jahr. Anschließend wird an und mit den präparierten Körpern rund ein Jahr lang in der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie in der Forschung an der Medizinischen Fakultät gearbeitet. Wann wird mein Körper für die Beisetzung freigegeben? Vom Tod bis zur Urnenbeisetzung vergingen meistens zwei bis drei Jahre, sagt Schulze. Wichtig zu bedenken sei, dass es während dieser Wartezeit für Freunde und Angehörige keinen Ort zum Trauern gebe. &bdquo;Das ist in vielen Beratungsgesprächen ein wichtiger Punkt“, weiß die Beraterin. Einzelne Körperteile können zudem als Dauerpräparate Verwendung finden. Kann ich selbst bestimmen, wie und wo die Beisetzung stattfindet? Ja und nein. Wer sich aus persönlichen oder religiösen Gründen eine Erdbestattung wünscht, für den ist eine Körperspende nicht das Richtige. Denn die Einäscherung präparierter Körper sei vom Gesetzgeber vorgeschrieben, erklärt Schulze. Den Ort der Urnenbeisetzung können die Verstorbenen jedoch selbst wählen. Inklusive ist die Beisetzung im 40 mal 40 Zentimeter großen Urnengrab auf dem dafür bestimmten Gräberfeld auf dem Sennefriedhof – anonym oder nicht-anonym. Möglich ist auch die Beisetzung auf einem anderen Friedhof oder im Familiengrab, dann wird die Urne versendet. Die Kosten für Bestattung und Grabpflege werden jedoch in diesem Fall nicht übernommen. Lesen Sie auch: Reerdigung: Neue Variante der Beerdigung polarisiert in NRW Der Nachteil beim Gräberfeld der Universität: Die Gräber seien hier nicht frei wählbar, nicht gekennzeichnet und für Angehörige nicht erkennbar, erklärt Prosektor Schulze. &bdquo;Wir werden aber versuchen, zum Beispiel Paare auf Wunsch nebeneinander beizusetzen.“ Zudem verhinderten auf dem Sennefriedhof strenge Vorgaben der Friedhofsverwaltung das Ablegen von Engelsfiguren oder Blumen auf dem Gräberfeld. Geplant sei jedoch eine Gedenktafel mit den Namen der verstorbenen Spender. Das Team der Prosektur an der Universität Bielefeld informiert zu Körperspenden unter Tel. 0521 10686637 sowie auf einer eigenen Webseite.

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