"Paderborn ungesehen": Neues Filmprojekt führt an unbekannte Orte

Paderborn. Eine große Mülltonne schiebt Julian Jakobsmeyer zur Seite, dann liegt die Tür frei: eine unscheinbare Holztür, in einem Hinterhof unter dem Capitol an der Leostraße. Von außen ist nicht zu erahnen, dass sich dahinter kein normaler Keller befindet. Mit Taschenlampe und Filmkamera ausgerüstet, beginnt Jakobsmeyer, die Stufen hinab zu steigen. Es ist dunkel, nur die Taschenlampe leuchtet den Weg. Spinnenweben hängen von der Decke, es riecht feucht, modrig. Die Treppe runter um die Kurve, durch eine Tür, hier stehen riesige Öltanks. Nach links, weitere Treppenstufen, nach rechts. "Sind wir jetzt unterhalb der Karlstraße?", fragt Jakobsmeyer. Schnell kann man hier die Orientierung verlieren. Der Paderborner Filmemacher ist unterwegs für sein aktuelles Projekt: "Paderborn ungesehen", lautet der Titel. Der Film soll die Zuschauer an Orte bringen, die üblicherweise im Verborgenen liegen. Anhand der vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft will Jakobsmeyer seinem Publikum Geschichten erzählen und Orte zeigen, die zwar mitten in der Stadt, aber doch für viele verschlossen sind: Aufnahmen aus der Luft, unterwegs mit Tauchern im Lippesee, eine Sprengung im Paderborner Zementwerk. Kindheitstraum als Motivation fürs Filmprojekt Oder der Bunker im Bahnausbesserungswerk. "Da wollte ich schon als Kind immer mal rein - das war eigentlich Ausgangspunkt und Motivation für den Film", sagt Jakobsmeyer. "Man wird Paderborn von einer ganz anderen Seite kennenlernen", verspricht er. Auf Instagram hat er nach Orten gefragt, die die Paderbornerinnen und Paderborner gerne sehen würden. "Das ist ein wenig ausgeartet", sagt er und lacht. Mit Abstand am häufigsten seien die alten unterirdischen Kellergewölbe genannt worden, allen voran die der alten Paderborner Brauerei an der Borchener Straße. Da hat es bislang noch nicht mit einer Drehgenehmigung geklappt. Für die Räume unter dem Capitol ging das einfacher. Hier stand früher die Brauerei Hester, 1859 gegründet von Carl Hester. Jakobsmeyer will hier filmen und hat dafür Stadtarchäologin Sveva Gai und Archäologe Robert Gündchen als Experten mitgebracht. Unterirdische Keller gibt es in Paderborn viele: Unter anderem gehörten sie früher zu den Brauereien, von denen es viele gab, meistens außerhalb der Stadtmauer. An der Leostraße gab es zwei große Gewölbekeller, erläutert Gai, sie wurden zur Lagerung von Eis genutzt. Einer der Keller wurde zugeschüttet, darauf entstand vor einigen Jahren an der Karlstraße ein Wohngebäude mit Kita. Premiere zehn Jahre nach Dokufim "Paderborn - Geschichten einer Generation" Der andere Keller allerdings ist noch weitgehend erhalten. Und in dem ist die Gruppe inzwischen verschwunden. Festes Schuhwerk ist empfehlenswert, denn nach dem Regen der vergangenen Tage ist es einigermaßen matschig. Einige Steine liegen herum, aber insgesamt ist das Gewölbe erstaunlich gut erhalten dafür, dass es mehr als 150 Jahre alt sein dürfte. Eine alte Bierflasche hat Jakobsmeyer entdeckt. "Geschätzt zehn Meter unter der Erde sind wir hier", sagt Gündchen. Eine Höhe von vier Metern habe das Gewölbe, überschlägt er. Was genau weiter im Keller passiert und was davon es in den Film schafft, soll an dieser Stelle noch ein Geheimnis bleiben. Premiere feiert der Film am 4. Februar 2024 um 18 Uhr im Pollux - zehn Jahre nach der Veröffentlichung seines ersten Dokumentarfilms "Paderborn - Geschichten einer Generation". Bis zur Premiere von "Paderborn ungesehen" gilt es aber erst noch, die dann rund 40 Drehtage - unzählige Gigabyte Filmmaterial - in 90 Minuten zu packen. Der 32-Jährige hat sich einiges vorgenommen: Er ist Drehbuchautor, Kameramann, Regisseur und Cutter in einem. Als Tonmann unterstützt ihn Christopher Langham; die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt Jakobsmeyers Frau Sinah. "Der Vorteil ist, dass einem keiner reinredet. Aber das ist schon richtig viel Arbeit", sagt Jakobsmeyer, der beruflich auch fürs Fernsehen und Werbevideos produziert. Für sein Herzensprojekt ist er nach jedem Drehtag abends noch zwei bis drei Stunden damit beschäftigt, das Material zu sichten, zu sortieren und schnittfertig zu machen. Trotzdem ist er froh, sich aufgerafft zu haben, dieses Megaprojekt anzugehen: "Dieses Gefühl, nach einem langen Drehtag mit vollen Speicherkarten ins Büro zurückzukehren - das ist das beste Gefühl der Welt."

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