Misslungener Überfall im Kreis Paderborn: Ein Räuber gerät an den Falschen

Paderborn/Salzkotten. Das, was Leander H. (alle Namen geändert) am 29. Dezember passierte, ist für viele Menschen, die im Einzelhandel arbeiten, eine Horrorvorstellung. Kurz vor Ladenschluss sah er sich einem vermummten Mann gegenüber, der in seiner Hand ein Messer hielt und den Inhalt der Kasse forderte. Was dann passierte, kann der 28-Jährige selbst nicht verstehen. Leander H. gab nämlich trotz der bedrohlichen Situation nicht nach – und schlug damit den Täter in die Flucht. Ein halbes Jahr später begegnet er diesem wieder. Denn mit Denis U. konnte der mutmaßliche Täter geschnappt werden. Jetzt muss sich der 19-Jährige vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn verantworten. Allerdings hat die Staatsanwältin nicht nur den Vorwurf des versuchten Raubes in ihrer Anklage notiert. An diesen Dezemberabend kann sich Leander H. sehr gut erinnern. &bdquo;So etwas ist mir noch nie passiert und meinen Kollegen auch nicht“, erzählt er. Das glaubt man gern, denn der Getränkemarkt, in dem der 28-Jährige arbeitet, ist einem kleinen Stadtteil Salzkottens gelegen. Trotzdem war ihm ein bisschen mulmig zumute, als kurz vor Geschäftsschluss Denis U. den Laden betrat. Schließlich trug der schmale junge Mann nicht nur den zu dieser Zeit noch vorgeschriebenen Nase-Mund-Schutz, sondern er hatte sich zudem die Kapuze seiner schwarzen Winterjacke übergezogen. Auf diese Gelegenheit hatte Denis U. augenscheinlich gewartet Einige Minuten streifte Denis U. durch die Regalgänge, bis er der einzige Kunde im Geschäft war. Dann sei dieser an die Kasse herangetreten, so als wolle er die Getränkedose, die er zuvor aus einem Regal genommen hatte, bezahlen und habe ein Zwei-Euro-Stück Richtung Kasse geworfen, weiß Leander H. noch genau und erzählt, wie er erst vergebens versucht habe, die in einer Ritze verschwundene Münze hervorzuholen, dann aber doch die Kasse geöffnet habe, um das Wechselgeld herauszugeben. Auf diese Gelegenheit hatte Denis U. augenscheinlich gewartet. Er warf dem 28-Jährigen eine Tüte zu und verlangte: &bdquo;Pack alles Geld ein, dann kriegen wir kein Problem.“ Obschon Leander H. bemerkte, dass der Mann vor ihm in einer Hand ein Messer hielt und mit der anderen in Richtung Geld griff, drückte er kraftvoll die Kasse mit den Worten zu: &bdquo;So etwas machen wir hier nicht.“ Als er aufstand und einen der Kohlensäure-Zylinder ergriff, die an der Kasse für Kunden zum Tausch bereitgehalten werden, hatte Denis U. anscheinend genug. Er machte sich schnell auf und davon. Warum er so couragiert handelte, kann Leander H. nicht erklären. Es gebe doch die Stressreaktionen &bdquo;Fight, Flight, Freeze“, sagt er und erklärt, sich in dieser Situation wohl für &bdquo;Fight“ entschieden zu haben. &bdquo;Mein Körper hat reagiert.“ Anschließend gelang es ihm, weitere Kunden zu bedienen und schließlich zusammen mit einem Kollegen den Laden zu schließen. Erst nach seiner Heimkehr verständigte er die Polizei. Die habe er zunächst überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt, sagt H. Freundin geschlagen und bedrängt Dass Denis U. der Polizei ins Netz ging, ist einer Bekannten von Denis U. zu verdanken, die regelmäßig in dem Supermarkt jobbt. Ihr hatte der Paderborner am Tattag zunächst eine Textnachricht geschickt, in der er sich erkundigte, wer denn an diesem Abend in dem Geschäft Dienst habe. Dass er ihr später den misslungenen Raubzug in einer zweiten Nachricht beschrieb, wurde ihm zum Verhängnis. Denn dieses Wissen mochte die 18-Jährige nicht für sich behalten, nachdem sie von dem Überfall auf ihren Kollegen erfahren hatte. Denis U. verfolgt die Aussagen von Leander H. und all der anderen Zeugen aufmerksam. Er bittet den 28-Jährigen und dessen Chef, ihm sein Verhalten zu verzeihen. Reinen Tisch gemacht hat er schon direkt nach Verlesung der Anklage. Ihr Mandant sei &bdquo;auf den falschen Weg geraten“, sagt seine Verteidigerin Stephanie Risse und berichtet von dessen Drogenabhängigkeit. &bdquo;Ich war außer Kontrolle“, beteuert Denis U. und erzählt von vielen Rauschmitteln und jeder Menge Alkohol. Anscheinend bekam die Folgen des Kontrollverlustes auch seine damalige Freundin zu spüren. Sie schlug er in einer Dezembernacht – unter anderem mit einem breiten Ledergürtel. Als sie ihn danach verließ, schickte er ihr innerhalb weniger Stunden zahlreiche Nachrichten mit Drohungen und Beleidigungen. Im Januar wollte er der jungen Frau an einer Bushaltestelle ein klärendes Gespräch aufzwingen, beschimpfte und bedrohte sie aber auch bei dieser Gelegenheit. Seit Januar sitzt Denis U. in einer Jugendstrafanstalt. Dort bekomme er Medikamente, es gehe ihm damit besser, sagt er. &bdquo;Ich arbeite an mir.“ Die Verhandlung wird am Mittwoch, 28. Juni, fortgesetzt.

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