Besondere Perle: Damit will ein Paderborner Forscher Studenten in der Elektrotechnik helfen

Paderborn. An einer ungewöhnlichen Anwendung hat Mesut Alptekin (37) von der Universität Paderborn getüftelt. Die von ihm federführend entwickelte App Pearl, auf Deutsch Perle, ist für Studenten der Elektrotechnik gedacht. Die müssen im Praxisteil des Studiums zeigen, dass sie sich auch mit komplizierten Geräten wie Oszilloskopen auskennen. Die neue App soll ihnen helfen, virtuell Erfahrungen im Labor zu sammeln – ohne ins Labor gehen zu müssen. Denn Laborzeiten sind rar. Auslöser für die Entwicklung von Pearl ist folgendes Problem: Studenten der Elektrotechnik kommen meist mit wenig praktischem Wissen in die Laborpraktika, werden dort aber bewertet. Das sei auch 2017 bei einem Austausch zwischen Paderborner Studenten der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik sowie Professoren deutlich geworden. &bdquo;Studierende fühlten sich überfordert“, sagt Alptekin, &bdquo;und Laboringenieure und Professoren haben bemängelt, dass Studierende unvorbereitet kommen.“ Deshalb forscht der Wirtschaftsingenieur, Schwerpunkt Elektrotechnik, seit 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Technikdidaktik, an innovativen Lehrmethoden im Zusammenhang mit Laborpraktika. Dabei hat er sich auch mit erweiterter Realität (Augmented Reality, AR) beschäftigt. Viele kennen die großen AR-Brillen, die Nutzer über den Kopf und vor die Augen ziehen können. Wissenschaft auf Weltniveau: Uni Paderborn forscht in neuem futuristischen Labor Paderborner Studenten können Laborgeräte &bdquo;auf der Couch“ testen Alptekin zufolge ist Pearl etwas Neues und die Nutzung zudem kostenlos. &bdquo;Die App gibt es weltweit noch nicht und vor allem nicht mit diesem Detaillierungsgrad.“ Für Pearl habe er &bdquo;digitale Zwillinge“ programmiert, zum Beispiel vom Oszilloskop, die in der Anwendung wie echte Geräte reagieren. Und das sei auch der Unterschied zu folgenden Lösungen, die es schon gibt. Bisher können sich Studenten Laborgeräte beispielsweise mit einer App und QR-Codes zeigen lassen – sie können sie aber nicht virtuell nutzen. Andererseits gibt es Fernlabore, bei denen die Nutzer Experimente an realen Geräten über das Internet durchführen können. &bdquo;Das ist aber extrem kostenintensiv“, sagt Alptekin. Zudem sind die Nutzer von zugewiesenen Zeiten abhängig. Mit Pearl können Studenten die Laborgeräte jederzeit nutzen, sogar &bdquo;zu Hause auf der Couch“. In Pearl und mit AR-Brillen absolvieren Studenten ein menügesteuertes Training, können beispielsweise das Oszilloskop anwählen, daran Knöpfe drehen, über Kabel elektronische Bauteile anschließen und so Messungen an Schaltungen durchführen. Zudem gibt es im mehrsprachigen Menü eine Einführung, eine Anleitung und ein Quiz. Trumps Streit mit Harvard und Co.: Uni Paderborn bleibt offen für US-Forscher Wie im Game: Paderborner App Pearl hat mehrere Level Pearl hat Alptekin mit Unterstützung von Professorin Katrin Temmen, Leiterin der Fachgruppe, und Daniel Münstermann entwickelt. Hinter der Abkürzung Pearl steht der Name &bdquo;Paderborn Electrical Engineering AR Laboratory“. Eingebettet ist die App-Entwicklung in das Gesamtprojekt Digitalisierung als Herausforderung und Innovation in der Hochschullehre. Sogenannte Drittmittel für die App stammen von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre. Fast acht Jahre hat die Entwicklung der App gedauert, sagt Alptekin. Die ist zunächst aber in eine andere Richtung verlaufen. Erster Ansatz von Pearl ist die Nutzung auf Smartphones und Tablets gewesen. Die sind aber letztlich zu klein für eine sinnvolle Nutzung, findet er. Und so hat der Paderborner Wissenschaftler die modular aufgebaute App innerhalb des vergangenen halben Jahres auf die Nutzung mit AR-Brillen umgestellt. Solche Brillen seien mittlerweile kostengünstiger und verbreiteter. Zudem werde auch die Uni Paderborn solche Brillen in einem Pool-Raum bereitstellen. Die Jahre der Arbeit haben Alptekin Spaß gemacht: &bdquo;Es ist schön, so etwas zu entwickeln.“ Von Anfang an habe er ein Ziel gehabt: Dass Pearl einfach zu durchlaufen ist und die App Studenten mehr bringt, als wenn sie ein Lehrvideo mit Laborgeräten anschauen. Hier hilft auch die Gamification: Der Begriff steht für Spielelemente, mit denen Apps interessanter werden können. Pearl hat zum Beispiel verschiedene Levels, die der Nutzer durchläuft. Erstsemester in Paderborn: Uni begrüßt mehr als 3.000 neue Studis Paderborner App hat einen internationalen Preis bekommen Die App gibt es laut Alptekin zum Herunterladen in den Stores von Apple und Meta. Bei Google sei sie noch nicht, weil es noch rechtliche Fragen zu klären gibt. Wer die App für seine Zwecke weiterentwickeln will, darf das übrigens. &bdquo;Wissenschaftliche Ergebnisse einer staatlich geförderten Universität sollten der Allgemeinheit zur Verfügung stehen“, sagt Alptekin. Interesse hätten schon die Technischen Universitäten Dresden und Dortmund mit Blick auf fehlende Laborzeiten gezeigt. Auch aus den USA gebe es Nachfragen. Und mit dem &bdquo;Online Laboratory Award“ der Fachorganisation Global Online Laboratory Consortium hat die Paderborner App im Juni 2025 schon einen Preis bekommen.

Meistgelesen