Kosten für Stalag-Gedenkstätte in der Senne steigen

Kreis Paderborn. Das Stammlager (Stalag) 326 bei Schloß Holte-Stukenbrock war vermutlich das größte Kriegsgefangenenlager im Deutschen Reich. Über 300.000 sowjetische Kriegsgefangene durchliefen das Lager, um als Zwangsarbeiter auf Bauernhöfe und Fabriken verteilt zu werden - sehr viele überlebten die Torturen nicht. Die etwa 65.000 Toten auf dem nahe gelegenen Ehrenfriedhof belegen das. Und dennoch wissen sehr viele Menschen in dieser Region nichts oder nur wenig davon. Das ging auch Barbara Rüschoff-Parzinger lange so. Obwohl die heutige LWL-Kulturdezernentin im Münsterland aufwuchs, sei diese dunkle Geschichte aus der Senne kein Thema im Geschichtsunterricht gewesen. &bdquo;Ich denke, es geht vielen von Ihnen so“, sagte sie vor den Mitgliedern des Paderborner Kreistages. Man müsse dafür sorgen, dass die künftigen Generationen besser darüber aufgeklärt seien. Daher sei es sehr wichtig, dass es einen authentischen Ort mit wissenschaftlich aufgearbeiteten Fakten gebe. Planungen für eine Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Lagers gibt es schon lange. Nun stellte Rüschoff-Parzinger den aktuellen Stand des millionenschweren Gedenkstättenausbaus vor. 2030 soll die Gedenkstätte fertig sein 64 Millionen Euro Gesamtkosten – darin sind auch die 14 Millionen Trennungskosten von der Polizeischule enthalten – stehen für die Umsetzung im Raum. 29 Millionen Euro sollen vom Land NRW kommen, 25 Millionen vom Bund und 10 Millionen soll der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) übernehmen. &bdquo;Mit dem Geld werden wir hinkommen, wir werden auch keine Nachforderungen haben“, betonte Rüschoff-Parzinger. Da der ursprüngliche Plan aufgrund der Kostensteigerungen nun nicht mehr finanzierbar sei, wurde nun abgespeckt. &bdquo;Wir hatten deutlich größer geplant, nun wird gespart beim Eingang, der Ausstellung und dem Infogebäude, um im Kostenrahmen zu bleiben“, erklärte sie. Bis 2030 soll die Gedenkstätte fertiggestellt sein. Im Finanzierungsplan seien auch die bis dahin zu erwartenden Baukostensteigerungen mit eingerechnet. Mit 200.000 Besuchern pro Jahr werde mittel- bis langfristig gerechnet. Damit würde sich das Stalag 326 zwischen den KZ-Gedenkstätten Neuengamme (120.000) und Bergen-Belsen (230.000) verorten. Neben den noch bestehenden Gebäuden wie die Entlausungs- oder Arrestbaracke soll auch ein neues Besucherzentrum entstehen. Die archäologischen Funde (Schuhe, Essgeschirr, Marken) werden dort ausgestellt, Arbeitsbereiche des Lagers sollen auf Bodenkarten begehbar dargestellt werden und anhand eines Nummernfeldes können Besucher die Schicksale der Menschen, die sich dahinter verbergen, kennenlernen. Sowjets waren die zweitgrößte Opfergruppe der Nazis &bdquo;Es geht hier um die zweitgrößte Opfergruppe der Nazis. Zum Teil lebten die Menschen dort in Erdhöhlen und wer kein Essgeschirr hatte, war dem Tode geweiht, denn die ausgeteilte Suppe lief durch die Hände“, beschrieb die LWL-Kulturdezernentin die im Stalag herrschenden, unmenschlichen Bedingungen. Auch weitere umliegende Orte wie der Bahnhof Hövelhof, der so genannte Russenpatt oder das Lazarett Staumühle sollen in die Gedenkstätte mit integriert werden. Und es soll zu einer digitalen Gedenkstätte erweitert werden, so werden die nicht mehr vorhandenen Baracken oder Gebäude digital zu sehen sein. Mit Handys oder anderen Endgeräten können die Besucher noch tiefer in die Geschichte des Lagers und die Schicksale der Gefangenen eintauchen. Das alles wird auch viel Geld für die Unterhaltung verschlingen. Man plane mit rund fünf Millionen Euro Betriebskosten pro Jahr. &bdquo;Das muss aber noch genauer berechnet werden, wahrscheinlich werden wir noch darunter bleiben. Auch weil der nun geplante Bau deutlich kleiner ist und wir auch weniger Personal benötigen“, so Rüschoff-Parzinger. Wie viele Menschen dort mal arbeiten werden, könne sie verlässlich noch nicht sagen. Kreis soll anteilig die Betriebskosten bezahlen An den Folgekosten sollen sich auch die Kreise beteiligen. 25 Prozent soll die kommunale Familie tragen, das Land NRW 20 und der LWL 55 Prozent. Zur kommunalen Familie gehören die umliegenden Kreise im Regierungsbezirk Detmold und die Stadt Bielefeld. Wer wie viel davon übernehmen soll, stehe noch nicht fest. Das werden die Kreise unter sich absprechen, so Rüschoff-Parzinger. Im Falle der Beteiligung des Bundes würden sich die Kosten für die kommunale Familie aber reduzieren. &bdquo;Es ist eine Gedenkstätte von nationaler und internationaler Bedeutung. Da ist es auch wichtig, dass sich der Bund an den Folgekosten beteiligt“, unterstrich sie noch einmal die Bedeutung. Diese sprachen ihr auch keine Mitglieder des Kreistages ab, sondern spendeten für ihren Vortrag anerkennenden Applaus. Michael Pavlicic (CDU) erinnerte noch daran, dass Stukenbrock bis 1970 zum Kreis Paderborn gehörte und man daher auch eine besondere Beziehung zum Stalag haben müsste. Bezüglich der finanziellen Beteiligung des Kreises hatte aber Meinolf Päsch (CDU) etwas Bedenken. &bdquo;Die kommunale Familie ist Teil des LWL. Warum sollen wir dann noch einmal zur Kasse gebeten werden“, fragte der Delbrücker. Barbara Rüschoff-Parzinger erklärte aber, dass es keine Beteiligung des Bundes ohne die Beteiligung der kommunalen Familie geben werde. Sie versprach aber sich weiter stark beim Bund dafür einzusetzen. Ein Gespräch mit der Kulturstaatsministerin Claudia Roth habe sie bereits gehabt. Diese wolle sich nun für eine Änderung der Gedenkstättenförderung einsetzen.

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