Religion

Paderborner Muslime feiern historisches Fastenbrechen im Rathaus

Das gemeinsame Gebet und Essen nach Sonnenuntergang soll das friedliche Zusammenleben in der Paderstadt weiter fördern. Aus der Premiere soll eine Tradition werden.

Imam Ismail Albayrak (v.l.), Emin Özel (Schura Paderborn), Aaron Langenfeld (Theologische Fakultät), Bürgermeister Michael Dreier, Abdul Ghafar Sahak (Schura Paderborn), Recep Alpan (Integrationsrat) und Imam Morad Tassamart gemeinsam mit den Gästen des Fastenbrechens im Rathaus. | © Stadt Paderborn / Moritz Jülich

30.03.2023 | 31.03.2023, 08:07

Paderborn. Die Muslime begehen derzeit den Ramadan, den islamische Fastenmonat. Auch in Paderborn beteiligen sich viele Gläubige aus örtlichen muslimischen Verbänden und Vereinen, die unter dem Dachverband „Schura Paderborn“ organisiert sind. Dabei gab es in diesem Jahr eine Premiere: Zum ersten Mal konnten Vertreter jener Vereine gemeinsam mit weiteren Muslimen, Bürgermeister Michael Dreier und Menschen anderer Religionen jetzt, wie von der „NW“ berichtet, im Rathaus ein Fastenbrechen feiern. Mehrmals fiel in den Reden das Wort „historisch“, um dieses besondere Ereignis zu würdigen.

„Dieses Miteinander und der gemeinsame Austausch unterstreichen erneut, dass Paderborn sich zurecht als eine Stadt der Vielfalt bezeichnen darf“, freut sich Michael Dreier darüber, dass das Fastenbrechen nach einem pandemiebedingt abgesagten ersten Anlauf 2020 nun doch stattfinden konnte. Die Stadt hatte gemeinsam mit dem Paderborner Integrationsrat und dem Dachverband „Schura“ rund 130 Gäste zu der besonderen Veranstaltung im großen Sitzungssaal eingeladen. Knapp eine Stunde vor Sonnenuntergang, der Zeitpunkt, an dem die Muslime wieder essen und trinken dürfen, begann das Fastenbrechen mit der Rezitation zweier Koranpassagen aus den ersten beiden Suren durch Imam Morad Tassamart.

Wichtiges Zeichen für die Muslime in Paderborn

„Die Veranstaltung im Rathaus ist ein wichtiger Bestandteil für den interreligiösen Dialog in Paderborn“, so Dreier. Damit reihe sich das Fastenbrechen in andere Projekte wie das Forum der Religionen, bei dem alle in der Paderstadt gelebten Glaubensrichtungen gemeinsamen Austausch erreichen können, oder dem Institut für islamische Theologie an der Universität Paderborn ein. „Die Tradition des gemeinsamen Fastenbrechens führt zu gutem Zusammenhalt und sozialem Miteinander in der muslimischen Gemeinschaft und auch in der gesamten Stadtgesellschaft“, zeigt sich Dreier überzeugt, der in seiner Amtszeit regelmäßig an Fastenbrechen in den Gemeinden teilgenommen hatte. Er kündigte an, dass aus der Premiere eine Tradition werden solle – zur großen Freude aller Anwesenden.

Recep Alpan, Vorsitzender des Integrationsrats, sieht in dem Rathaus-Fastenbrechen ein wichtiges Signal an die rund 15.000 Muslime im Kreisgebiet. „Wir sind oft mit Vorurteilen konfrontiert, die Religion wird gerade medial häufig als Verursacher von Gewalt bezeichnet und nicht die Täter.“ Doch der Islam sei eine friedliche, gewaltverurteilende Religion, die von vielen Muslimen in und um Paderborn auch so gelebt werde. Sein Appell an diese Gläubigen: „Lasst euch von den vorurteilsbehafteten Sprüchen nicht irritieren.“

Das gemeinsame Fastenbrechen im Rathaus zeige, dass viele Menschen an einem gemeinsamen Austausch mit dem Islam interessiert seien. Abschließend richtete er sich auch noch an die muslimischen Vereine und betonte, dass sie zahlreiche soziale Projekte betreuen, die auch der Stadtgesellschaft zugutekommen. „Danke für die gute Arbeit. Und bekennt euch weiterhin zur Transparenz, zur Offenheit und zur Grundgesetztreue.“

Paderborn hebt sich von anderen Städten ab

Laut Emin Özel, Ehrensprecher der „Schura Paderborn“, habe sich die Stadt mit der Organisation des gemeinsamen Fastenbrechens wieder einmal von anderen Städten in Deutschland abgehoben. „Es gehört auch Mut dazu, so eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen.“ Das Fasten gehöre zu den wichtigen Pflichten eines Muslims. Es diene dazu, sich zu vergegenwärtigen, wie gut es einem gehe, um so an die Menschen zu denken, die weniger haben, und ihnen zu helfen. „Ich sehe das Fasten als eine jährliche Therapie für die Menschlichkeit“, so Özel. Das Fastenbrechen sei ein spirituelles Essen, jedoch nicht mit Fremden, sondern mit Freunden. „Deshalb bin ich sehr froh, nun alle im Rathaus Anwesenden als Freunde betrachten zu können.“

Vor dem Gebetsruf durch Imam Ismail Albayrak, der den Beginn des Fastenbrechens einläutete, teilte Aaron Langenfeld, Rektor der theologischen Fakultät Paderborn, noch einige Gedanken zum Fasten aus der christlichen Perspektive, welches nahezu zur selben Zeit wie der Ramadan stattfände. „Für mich ist das Fasten eine Form der Einübung des Unerwarteten.“ Die Gläubigen gewöhnten sich an Entbehrungen, falls eines Tages entbehrungsreichere Zeiten anbrächen. „Wichtig ist die bewusste Unterbrechung des Alltags, um sich auf die wesentlichen Dinge im Leben zu fokussieren“, so Langenfeld.

Aus seiner Sicht würden sich das christliche und das muslimische Fasten also in vielen Ansätzen ähneln. Jedoch seien ihm im Austausch mit der islamischen Fakultät auch neue Aspekte aufgefallen. „Das christliche Fasten kann relativ düster sein, im Islam herrscht zusätzlich dazu auch eine deutlich feierlichere Ästhetik.“ Insgesamt könne der Austausch der beiden Religionen, auch in der Fastenzeit, viel bewirken.