Musik gegen den Krieg: Paderborner wollen Grenzen überwinden

Paderborn. Das Grundkonzept ist denkbar einfach – Musik verbindet, kann vergleichsweise einfach sprachliche wie kulturelle Grenzen überwinden und Gemeinschaft schaffen. Dasselbe hat sich auch Sarah Kass vor einigen Monaten gedacht und das Paderborner Projekt &bdquo;Musik gegen den Krieg“ initiiert. Dabei kommen Menschen aus unterschiedlichen Nationen zusammen, um gemeinsam ein Album zu gestalten und aufzunehmen. Konzipiert ist die Aktion laut Kass besonders für die ukrainischen Geflüchteten, die seit dem im Frühjahr begonnenen Krieg in Paderborn angekommen sind. Allerdings bestehe das Projekt neben Deutschen und Ukrainern, die die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellen, auch aus russisch- und marokkanischstämmigen Bürgern. Insgesamt zehn bis zwölf aktive Musiker und Hobby-Musiker arbeiten an dem Album, zusätzlich zu zwei Dolmetschern, die bei etwaigen Kommunikationsbarrieren helfen. Aufgebaut sei das Projekt laut Kass auf drei grundlegenden Säulen – veranstaltet wird die Aktion vom erst vergleichsweise kürzlich gegründeten &bdquo;Tonika e.V.“, der sich dem multinationalen Austausch von Kunst und Kultur verschrieben hat. Finanzielle Unterstützung kommt von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Kooperationspartner sind die &bdquo;Lava Studios“ Paderborn, in denen das gesamte Album aufgenommen und &bdquo;CD-tauglich“ produziert wird, erklärt Tontechniker und Komponist Maurice Stute. Auch er erlebe immer wieder, wie die Musik die Menschen verbindet. &bdquo;Obwohl viele Teilnehmer andere Sprachen sprechen als ich, funktioniert die klassische Kommunikation mit Händen und Füßen erstaunlich oft, um sich beispielsweise auf einen Takt oder eine Tonart zu einigen. Durch die Musik versteht jeder, was das Gegenüber umsetzen möchte.“ Veröffentlichung des Albums bis Ende des Jahres Der Startschuss für das Projekt fiel laut Kass im Oktober, als Castings für die Freiwilligen im &bdquo;Multicult“-Jugendkulturzentrum stattfanden. So erzählen beispielsweise Juliana Labortas, Olivia Pekala und Jana Neumann, dass sie an diesem Tag nur zufällig im &bdquo;Multicult“ gewesen seien. Spontan hätten sie sich dann zur Teilnahme entschlossen. Die Mehrheit von ihnen hatte zuvor keine Erfahrung mit professioneller Arbeit im Tonstudio und freut sich neben dem interkulturellen Austausch auch über die Möglichkeit, den eigenen kreativen Ideen eine Plattform zu geben. Um dies zu bewerkstelligen, habe es laut Kass im Vorfeld der Aufnahmen mehrere Workshops zum Schreiben von Liedern, aber auch einen zum Vertrieb in sozialen Medien oder auf Streaming-Diensten gegeben. &bdquo;Dies ist besonders wichtig, da wir erst mal nur mit einer digitalen Veröffentlichung des Albums planen“, so Kass. Bis Ende des Jahres sollen die Lieder des Projekts veröffentlicht werden. &bdquo;Musik gegen den Krieg“ sei dabei nur ein Arbeitstitel, auf die konkrete Benennung des Albums werde sich erst nach Abschluss der wichtigsten Aufnahmen geeinigt. Texte sollen Hoffnung auf ein Ende des Kriegs wecken Das Schreiben der Lieder läuft laut Kaas immer ähnlich ab – ein oder mehrere Teilnehmer entwerfen zusammen den Großteil eines Stücks und werden in den meisten Fällen durch die anderen Mitglieder des Projekts ergänzt, beispielsweise durch Texte in einer anderen Sprache oder zusätzliche Soli. Die Texte werden im Regelfall auf Englisch, Ukrainisch oder Deutsch eingesungen. Auf diese Weise arbeiten auch Valerija Romanenko, Kateryna Holikova und ihr Mann Igor Holikov. Zusammen komponieren sie ein Stück, das sich ins Deutsche mit &bdquo;Alles wird Ukraine“ übersetzen lässt. Dabei handelt es sich laut den Liedermachern jedoch gerade nicht um etwaige Territorialansprüche. Stattdessen fungiere &bdquo;Ukraine“ hier als Synonym für &bdquo;Gut“, der Satz werde bei Geflüchteten häufig als eine Verabschiedung verwendet und solle sowohl die positive Konnotation mit dem Heimatland zum Ausdruck bringen als auch Hoffnung für eine bessere Zeit nach dem Krieg spenden. Viele Teilnehmer verarbeiten ihre Erlebnisse mit Flucht und Gewalt &bdquo;Musik war in der Ukraine schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens“, erzählt Romanenko. Nach ihrer Flucht habe das Fehlen von musikalischer Betätigung ein großes Vakuum hinterlassen. Deshalb sei sie sehr froh über das Paderborner Projekt, welches ihr auch wieder zu etwas Normalität in ihrem Alltag verhelfe. Ein Großteil der Lieder lasse sich laut Kass der Pop-Musik sowie klassischen Pop-Balladen zuschreiben, es würden jedoch auch Rap-, Rock- und Klassik-Elemente verarbeitet. Für letztere sorgt insbesondere Rimma Kuzmenko, die in der Ukraine als Pianistin viele Erfolge feiern konnte. In Paderborn hatte sie zunächst an einem klassischen Instrumentalstück für &bdquo;Musik gegen den Krieg“ mitgearbeitet. Schließlich sei sie jedoch durch die Zusammenarbeit mit den anderen Teilnehmern zu einem weiteren Lied inspiriert worden, welches sich textlich besonders mit den für sie traumatischen Ereignissen der ersten Kriegszeit und der Flucht beschäftigt. So wie sie schreiben viele der Teilnehmer über ihre Erfahrungen mit dem Krieg und wollen diese so auch irgendwie verarbeiten. Es ist ihnen aber auch wichtig, mit anderen Liedern Hoffnung zu wecken auf ein Ende der Flucht und vor allem der Gewalt in der Ukraine.

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