Paderborns erstes Zweitligator:„Es war nicht unbedingt ein Tor des Monats“

Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen...An diesen Satz erinnert sich wohl jeder Fußballfan, wenn er an das WM-Finale 1954 denkt. Wie muss denn der Satz bei dem ersten Zweitligator des TuS Schloß Neuhaus lauten? Schließlich haben Sie es vor genau 40 Jahren geschossen? Norbert Dölitzsch: Das war nicht so spektakulär. Es war die 68. Minute im Spiele gegen Solingen. Pedro Aguilar brachte eine Ecke herein, der Ball prallte von einem Gegenspieler mir vor die Füße und ich halte drauf. Irgendwie in Zeitlupe rutscht der Ball dann über die Linie. Es war nicht unbedingt ein Tor des Monats. Aber es war ein besonderes Tor, Ihr erstes im Profibereich? Natürlich. An mein erstes Zweitligator denke ich gerne zurück. Das erste Spiel hatten wir zu Hause im ausverkauften Hermann-Löns-Stadion vor über 13.000 Zuschauern gegen Waldhof Mannheim mit 0:2 verloren. Dann kam das erste Auswärtsspiel und wir haben dank meines Tores bei Union Solingen unseren ersten Punkt geholt. Witzigerweise im Stadion am Hermann-Löns-Weg. Konnte man das Tor auch im TV sehen? Nein, leider nicht. Damals wurde die 2. Liga kaum gezeigt, ganz anders als heute, wo sogar Testspiele übertragen werden. Nur in der Zeitung waren Fotos von dem Tor. Unsere ersten Heimspiele waren alle ausverkauft, da hätte es sich gelohnt zu filmen. Mit dem ausbleibenden Erfolg ließ dann aber das Zuschauerinteresse nach. Weitere vier Tore von Ihnen folgten in der Zweitliga-Saison, aber am Ende stand der Abstieg. War damals die Liga zu hoch für den Vorläufer des SC Paderborn? Ja, eindeutig. Wir haben ein paar respektable Ergebnisse holen können, aber es gab auch einige böse Niederlagen. Wie das 0:7 gegen Darmstadt oder das 1:6 gegen Hannover. In der Saison wurden mit Fritz Grösche, Jan Liberda und Norbert Wagner gleich drei Trainer entlassen. Hatte damals der Mäzen Josef Peitz zu viel Macht? Unser Manager war damals Ingo Bollhorst. Aber der Macher war Josef Peitz. Das kann man vergleichen mit Hannover 96, wo Martin Kind das Sagen hat. Ich denke, die Stärke der Liga wurde unterschätzt und die Mannschaft als zu gut eingeschätzt. Das zeigten ja die Panikkäufe noch in der Hinrunde. Gab es später auch noch Treffen der Mannschaft aus der Saison 1982/83? Leider nicht. Alle gingen auseinander. Schade ist, dass wir auch nicht vom Verein zum beispielsweise 25-jährigen Jubiläum ins Stadion eingeladen wurden. Jetzt ist es genau 40 Jahre her, dass wir in der 2. Liga spielten. Leider sind einige von unserer Mannschaft schon gestorben. In der Saison 1982/83 waren Sie 27 Jahre alt, als Sie Ihr Profidebüt gegeben haben. Das wäre in der heutigen Zeit gar nicht mehr denkbar. Wie kam es dazu? Ich spielte damals bei Arminia Hannover in der Regionalliga, das war früher die 3. Liga. In der Aufstiegsrunde trafen wir auch auf Schloß Neuhaus und verloren dort 2:3. Ich schoss ein Tor und machte ein gutes Spiel. Neuhaus setzte sich in der Runde gegen uns, TeBe Berlin und Lüttringhausen durch und stieg auf. Und ich bekam ein Angebot. Zur Verhandlung trafen wir uns an der Autobahnraststätte Bad Eilsen. Vom TuS kamen sie zu dritt, ich war allein ohne Berater. Heute gar nicht mehr vorstellbar. Was verdiente man vor 40 Jahren in der 2. Liga beim TuS, konnte man da eigentlich von Profifußball sprechen oder musste man nebenbei noch arbeiten gehen? In der 2. Liga musste ich nicht nebenbei arbeiten. Aber heute würden sich die Fußballer über das Gehalt kaputtlachen. Spieler in der Oberliga verdienen da heute mehr. Nach dem Abstieg hatte ich noch ein Angebot von Alemannia Aachen, das scheiterte aber an der Ablösesumme. Viele Spieler arbeiteten später bei Peitz in der Firma. Ich fing auch dort an und bin bis zur Rente auch da geblieben. Einige von Ihren damaligen Mitspielern blieben in der Region, später auch als Trainer. Sie blieben noch zwei Spielzeiten beim TuS Schloß Neuhaus in der Regionalliga, hatten danach aber noch Station unter anderem beim FC Gütersloh, RW Mastholte, SV Wewer oder Lippstadt. War war die schönste, erfolgreichste Station? Vom Leistungsdenken her war es ganz klar beim TuS Schloß Neuhaus, obwohl es noch nicht so hoch professionell wie heute war. Zudem hatten wir viele Zuschauer, es gab Autogrammjäger, man fuhr ins Trainingslager und ein, zwei Tage vor den Auswärtsspielen reiste man schon an. Sie als einen Fußballverrückten zu bezeichnen, ist sicher keine Beleidigung. Sie verfolgen sehr viele Profispiele im TV, aber auch auf den Plätzen der Region. Die Kluft zwischen Amateur- und Profifußball ist schon sehr weit auseinander. Bedroht das die Basis, also die kleineren Clubs? Im Moment sehe ich eine dramatische Entwicklung. Es gibt immer weniger Vereine auf dem Land, Spielgemeinschaften müssen gebildet werden, es gibt weniger Schiedsrichter. Bei den Profis finde ich das Verhältnis von Leistung und Bezahlung sehr bedenklich. Kein Fußballer ist 15 Millionen wert. Die Relationen passen nicht mehr. Was unterscheidet den SC Paderborn, der aktuell eine sehr gute Rolle in der 2. Liga spielt, mit dem Team, das 1982/83 im Hermann-Löns-Stadion spielte? Es ist heute alles viel, viel professioneller. Schon allein der Blick aufs Trainerteam sagt alles. Da gibt es für jeden Bereich jemanden. Bei uns gab es nur einen Trainer und einen Co-Trainer. Die Trainingsmöglichkeiten sind überhaupt nicht zu vergleichen. Wir haben manchmal in der Senne auf einem Platz der Engländer trainiert, mal im Inselbad-Stadion oder an der Maspernhalle. Zudem ist die Medienpräsenz unfassbar groß geworden. Und das Spiel ist heute viel athletischer, dynamischer, schneller, es wird sehr viel Wert auf Technik und Taktik gelegt. Manchmal bezweifele ich, ob wir damals überhaupt eine richtige Taktik hatten. Es gab wohl eine Vorbesprechung, aber keine Nachbereitung des Spiels.

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