Wie ein neues Verkehrskonzept Paderborn fit für die Zukunft machen soll

Paderborn. Für viele Wege setzen sich die Menschen in Paderborn ins Auto. Damit mehr Strecken mit dem Bus, dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden, wurde das Integrierte Mobilitätskonzept - kurz IMOK - entwickelt. Es benennt eine Vielzahl von Zielen und Alternativen für den Verkehr. Zweieinhalb Stunden hat sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität am Dienstag Zeit genommen, um die Schlüsselprojekte und Grundsätze zu beraten (der Bauausschuss folgte am Mittwoch). Beschlossen werden sollen sie bis zum Sommer. Ziel ist eine Umsetzung bis 2035. "Mit dem IMOK soll Paderborn zukunftsfit bleiben", sagte die Technische Beigeordnete Claudia Warnecke. Sie sieht die Schlüsselprojekte als "Leitplanken" für die nächsten etwa 15 Jahre. Das Konzept solle Paderborn "erreichbar und lebenswert machen". Sie lade jeden zum Umstieg auf den Umweltverband und umweltfreundliche Verkehrsmittel - wie Busse und Bahnen, Radfahren, Zufußgehen - ein. Zugleich sei aber auch die Erreichbarkeit für alle sicherzustellen. Schließlich pendeln täglich 46.000 Menschen mit dem Auto ein. Das IMOK ist eine gesamtstädtische Verkehrstrategie, sagte Christian Bexen von der Planersocietät Dortmund, der mit Harald Bock vom Stadtplanungsamt die Schlüsselprojekte vorstellte. Diese würden Paderborn den Zielen wie einer Kfz-Reduzierung auf dem inneren Ring näher bringen. Dabei müsse immer wieder geschaut werden, wie der Straßenraum für Kfz, ÖPNV, Radfahrer und Fußgänger bestmöglich verteilt werde. Kurzfristig wurde unter anderem auch der Lärmaktionsplan ins IMOK aufgenommen. "Ich bin keine Freundin von Einbahnstraßen dieser Dimension" Bis 2035 soll der Anteil des Umweltverbunds am Verkehr um 20 Prozentpunkte auf 67 Prozent steigen. Bei Strecken bis fünf Kilometern - diese machen 60 Prozent aller Wege aus - sollen es gar 80 Prozent sein (2018: 63). Eine gewünschte Erhöhung des ÖPNV-Anteils (2018: 7 Prozent) soll unter anderem durch Busspuren und ein besseres Angebot erreicht werden. Dazu passend wurde am Dienstag bei einer Gegenstimme (AfD) das Zukunftsnetz für die Padersprinter-Stadtbusse beschlossen. Es sieht unter anderem neue Linien und eine dichtere Taktung vor. Die jährlichen Mehrkosten betragen 3,24 Millionen Euro. Weitere Ziele im IMOK sind ein besseres Radwegenetz, mehr Querungsmöglichkeiten, Barrierefreiheit, die Bündelung des Parkens auf Großparkflächen und die Verlagerung des Durchgangsverkehrs - mit Umwegen - auf den äußeren Ring. Zu der ab 2030 denkbaren bereits öffentlich gewordenen Möglichkeit, die Friedrichstraße zwischen Westerntor und Neuhäuser Tor zu schließen, sagte Warnecke: Im Fall einer Abbindung könnten Anwohner- und Anlieger einfahren und auch die Tiefgarage Königsplatz wäre erreichbar. Zu der ebenfalls langfristigen Option einer Einbahnstraßenregelung auf dem inneren Ring sagte sie: "Ich persönlich bin keine Freundin von Einbahnstraßenregelungen in dieser Dimension - aber es ist eine Alternative, die zu gegebener Zeit mit untersucht würde." Tempo 30 für die Bahnhofstraße? Auch Tempo 30 ist ein Thema: Diese Debatte werde aus Bexens Sicht jedoch ideologisch geführt. Als Verkehrsplaner gehe es ihm um Sicherheit. Dennoch sei Tempo 30 beispielsweise auf der Bahnhofstraße oder Driburger Straße denkbar. Ulrich Koch (SPD) ist der Zeithorizont 2035 zu weit gefasst. "Da müssen wir schneller werden." Am Ende müsse man irgendeiner Gruppe von Verkehrsteilnehmern weh tun. Beim ÖPNV werde Paderborn nur vorankommen, wenn zugleich die Parkgebühren erhöht würden: Sonst steige niemand um. "Alle warten seit Langem auf Ergebnisse", sagte Ulrich Möhl (Grüne). Mit Blick auf die Verkehrswende sehe er das größte Potenzial beim Umstieg aufs Rad oder Zufußgehen. Dies müsste für die Menschen einladend sein. Dabei sei es unstrittig, dass der Handel die Pendler brauche. Beeinflussbar sei jedoch, wo geparkt werde. Florian Rittmeier (Grüne) erkenne beim Thema Parken "Stück für Stück" eine mit den Menschen erfolgende Verschiebung. CDU will Schnellschuss beim Verkehrskonzept in Paderborn vermeiden Der Verkehrsmix werde und müsse sich ändern, sagte Markus Mertens (CDU). Die Bedeutung des Autos nehme ab. Es sei aber wichtig, die Leute mitzunehmen. Deshalb dürfe das IMOK "kein Schnellschuss" sein, in Bielefeld sei ein ähnliches Vorhaben an verschiedenen Stellen schief gegangen. Nur wenige Menschen würden das komplette Konzept sehen. Sie schauten aber genau, was vor ihrer Haustür geschehe. "Es ist ganz wichtig, dass wir das Miteinander hinbekommen und nicht die einzelnen Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen", sagte Mertens' Fraktionskollege Dieter Honervogt. Für ihn ist das IMOK "eine Herkulesaufgabe". Robert Siemensmeyer (CDU) sieht "die Gefahr, Verkehr von der einen auf die andere Straße umzulagern". "Mobilität betrifft alle und wir wollen alle einbeziehen" "Wir brauchen den Pendelverkehr, um unsere Wirtschaft und unseren Einzelhandel hier am Leben zu erhalten", sagte Anke Zillmann (FDP). Die Menschen dürften in der freien Wahl ihrer Mobilität nicht eingeschränkt werden. Gerhardt Todt (Linke) hinterfragte, weshalb es in Paderborn kein Park-&-Ride-System mit einem vernünftigen Ticketing gebe. Offenbar sei man in Paderborn "nicht bereit, das Auto vom hohen Ross herunterzuholen", sagte Andreas Siegmund (Die Fraktion). Das müsse sich ändern, sonst werde es nicht funktionieren. Es sei nicht so, dass das Auto keine Rolle mehr spiele, betonte Bürgermeister Michael Dreier im Pressegespräch vor der Sitzung zu den Zielen. Das IMOK sei kein Gedankenspiel der Verwaltung, Mobilität werde von den Akteuren gepflegt. Daher würden auch die Bürgerdialoge fortgesetzt. Ziel sei der Einklang aller Verkehrsteilnehmer. Dreier: "Mobilität betrifft alle und wir wollen alle einbeziehen." Lesen Sie auch den Kommentar zum IMOK: Wir sind der Verkehr

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