Flüchtlingsfamilie findet ein neues Zuhause in Paderborn

Paderborn. Eine dicke Winterjacke ist das erste, was Ardo und ihre vier Kinder brauchen, als sie in Deutschland ankommen. Ardo floh vor vielen Jahren vor dem Krieg aus Somalia nach Kenia. Dort lernte sie ihren Mann kennen, der inzwischen gestorben ist. Mit ihren vier Kindern lebte sie jahrelang in einem Flüchtlingslager in Kenia. Die Kälte in Paderborn ist vollkommen ungewohnt. Kurz vor Weihnachten sind Ardo (47), Abdullahi (19), Fadumo (18), Mohamed (15) und Aisha (12) in Paderborn angekommen. Von Geflüchteten, die auf der Flucht übers Mittelmeer ertrinken oder in die Hände von Schleppern geraten, ist immer wieder zu lesen. Ardo und ihre Kinder haben Glück: Ganz legal können sie nach Deutschland einreisen - und sicher, mit dem Flugzeug direkt aus Kenia. Beim Ankommen in der neuen Heimat in Paderborn hilft eine Gruppe von sechs Ehrenamtlichen vom SC Aleviten. Möglich macht all das das Resettlement-Programm "Neustart im Team" (NesT). Das ist ein humanitäres Aufnahmeprogramm der Bundesregierung unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft für 500 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, die legal und sicher nach Deutschland einreisen dürfen, nachdem ihr Asylantrag genehmigt wurde. Die Aufnahme ist an die Unterstützung einer Mentorengruppe gebunden, die sich verpflichtet, die Wohnmiete für zwei Jahre zu finanzieren und die Geflüchteten mindestens ein Jahr zu begleiten und bei der Integration zu unterstützen. Wohnungssuche gestaltet sich schwierig Die Paderborner Ehrenamtlichen vom SC Aleviten, die sich seit vielen Jahren zum Thema Integration engagieren, hören im Frühjahr zum ersten Mal von NesT. Schnell ist klar: Das wollen wir machen. Eine Familie oder Alleinerziehende mit vielen Kindern möchten sie unterstützen, weil die es auf dem Wohnungsmarkt oft besonders schwer haben. Denn bevor die Geflüchteten einreisen können, muss eine Wohnung gefunden werden. Gar nicht so einfach, wie der VorsitzendeVerani Kartum berichtet. Viele Vermieter hätten abgelehnt, als sie hörten, dass die Wohnräume für eine Flüchtlingsfamilie sein sollten. Mit viel Zureden und Überzeugungsarbeit sei schließlich eine ausreichend große Wohnung in zentraler Lage gefunden worden. Dank Spenden und dem Engagement vieler Helfer wurde sie in den vergangenen Wochen renoviert und eingerichtet. Im Flüchtlingslager in Kenia hatten die Fünf eine kleine Hütte - selbst gebaut, aus Holz und Plastik. Dass hier jeder ein eigenes Zimmer hat und sie ihr Zuhause mit niemandem teilen brauchen, hätten sie zunächst kaum glauben können. "So langsam dringt es in ihr Bewusstsein, dass das ihre neue Heimat wird und sie bleiben dürfen", sagt Tobias Kunold. Ein "wahrer Marathonlauf" an Behördengängen Die ersten Tage in Paderborn sind aufregend - für die Familie und die Ehrenamtlichen. Dass es hier überall Strom gibt, findet er faszinierend, sagt Abdullahi. An das Wetter müsse er sich aber noch gewöhnen.Vieles muss jetzt organisiert werden, "ein wahrer Marathonlauf", beschreibt Angela Kartum: Behördengänge zum Einwohnermeldeamt, Kontoeröffnung, Jobcenter, Anmeldung bei der Krankenkasse, Impftermine. Im Vereinsheim des SC Aleviten steht eine große Pinnwand, auf der vermerkt ist, wer sich wann um was kümmert.Mülltrennung, Geld am Automaten abheben, ein Busticket kaufen. Dass man an der Ampel den Knopf drücken muss und wartet, bis sie grün wird, oder dass man im Supermarkt den Einkaufswagen mit einem Euro-Stück leiht: "Viele für uns ganz alltägliche Dinge, müssen wir erklären, das braucht Zeit", erzählt Julia Rustemeier. Hilfreich sei es deshalb, dass sie ein großes Team seien. "Das geht nur gemeinsam und mit einer großen Portion Idealismus", sagt Kunold. Integration durch Sprache und Sport Trotzdem soll es nicht nur darum gehen, die Familie zu belehren, betont Verani Kartum: "Wir sind nicht Betreuer und Betreute. Wir sind Familie, Freunde und gehen diesen Weg gemeinsam." Eine wichtige Rolle spiele dabei der Sport. Auch um die Sprache zu lernen: "Das Alltagsdeutsch lernen sie am besten, wenn sie einfach dabei sind und wir gemeinsam Zeit verbringen", ist Kartum überzeugt. Ein bisschen Fußball gespielt haben sie auch schon zusammen. Soweit es das Wetter und Corona zulassen, soll das demnächst noch intensiviert werden. Ardo, Abdullahi und Fadumo werden bald einen Sprachkurs machen, dann vielleicht eine Ausbildung. Für Mohamed und Aisha geht es nach den Ferien in die Schule. Darauf freut sich besonders die Jüngste schon sehr.

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