Kritik am Kita-Navigator: "Eine Katastrophe für Elterninitiativen"

Paderborn. Der Kita-Navigator in Paderborn wird sich verändern. Hintergrund ist ein Update, das vom Anbieter ITK Rheinland durchgeführt wird. Es betrifft alle 45 Kommunen, die den Kita-Navigator nutzen. Das berichtet Susanne Niggemeier, Verwaltungsleitung und stellvertretende Leiterin des Jugendamts, dem Jugendhilfeausschuss. Mit dem Informations- und Vormerksystem Kita-Navigator erhalten Interessierte einen Überblick über alle 89 Kindertageseinrichtungen in städtischer, kirchlicher und freier Trägerschaft in der Stadt Paderborn. Am veränderten Vergabeverfahren übt Ulla Wesseler, Leiterin der Elterninitiative und des Kinderhauses Potz-Blitz, massiv Kritik. Sie hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. Laut Niggemeier führt das bisherige Verfahren teilweise zu monatelangen Wartezeiten, bis alle Kinder versorgt sind. Durch das Update würden nun an einem Tag alle Plätze vergeben werden. Eltern hätten so eine höhere Planungssicherheit und – was der Wunsch vieler Eltern gewesen sei – die Möglichkeit einer Priorisierung bei der Kita-Auswahl. Eltern wählen sieben bis zehn Kitas aus, die Kitaleitungen werden nicht über die Priorisierung informiert. Auch die Kitaleitungen können Prioritäten vergeben. Der Kita-Navigator arbeitet jetzt mit einem Algorithmus, der die Entscheidung der Kita mit den Wünschen der Eltern zusammenführt. "Jedes Kind bekommt genau einen, den bestmöglichen Platz, zugewiesen", sagt Niggemeier. Wissenschaftlich begleitet wird das Verfahren von der Universität Paderborn. "Die volle Trägerautonomie bleibt erhalten", verspricht Niggemeier. Doch das sieht Ulla Wesseler anders. "Die Vergabefreiheit, die vom Kinderbildungsgesetz garantiert wird, wird hier aus der Hand gegeben", befürchtet sie. Kitas in privater Trägerschaft leben laut Wesseler davon, Eltern und Kinder zu finden, die sich bewusst für diese Einrichtung und für eine besondere Mitarbeit entschieden haben. Im Kinderhaus Potz-Blitz sei die Eltern-Kind-Kita-Beziehung etwas sehr Familiäres. "Ich sehe die Gefahr, dass durch dieses Lottospiel mit dem Algorithmus viele Leute in die Einrichtungen kommen, die kein Interesse an diesem Konzept haben", sagt Wesseler. Das sei eine Katastrophe für Elterninitiativen. Ein Beispiel: Wesseler habe 2022 acht Plätze zu vergeben und acht Geschwisterkinder, denen sie zusagen möchte. Sie müsse aber zwölf Prioritäten im Kita-Navigator vergeben, danach entscheide der Algorithmus, wer den Platz erhält. "Trägerhoheit und Trägervielfalt sind dann Geschichte." Das sagen andere Träger Auf die Frage der NW, was passiert, wenn Eltern den vom Algorithmus errechneten Kitaplatz nicht annehmen, teilt die Stadt schriftlich mit: "Der Kita-Navigator versendet eine Annahmemitteilung. Der Betreuungsvertrag wird dann mit der entsprechenden Kita geschlossen. Der Vertrag kann im Einzelfall (aus welchen Gründen auch immer) auch nicht geschlossen werden." Zudem heißt es: "Die Kritik ist der Stadtverwaltung bekannt, von über 90 Prozent der Kindertageseinrichtungen hat die Stadtverwaltung jedoch bisher positive Rückmeldungen zu dem Update erhalten." Wesseler hat bereits einen Anwalt eingeschaltet und will die Kooperationsvereinbarung, die von der Stadt geschickt wurde, nicht unterzeichnen. Laut Stadtverwaltung wird darin festgelegt, wie die Träger mit dem Programm umgehen. "Sollte ein Träger die Kooperationsvereinbarung nicht unterschreiben, ist die Teilnahme nicht mehr möglich. Die Eltern können die Kita dann nicht mehr im System sehen und keine Vormerkungen für die entsprechende Kita vornehmen." Detlef Müller, Geschäftsführer der Katholischen Kindertageseinrichtungen Hochstift, plant, die Vereinbarung zu unterschreiben. "Aus meiner Trägerrolle heraus sehe ich darin kein Problem. Ich werde den Prozess aber kritisch begleiten und kann die kritische Haltung kleinerer Träger nachvollziehen." Ralf Pahlsmeier, Vorsitzender des Vereins Paderborner Kindertagesstätten, hat sich nach Gesprächen mit der Verwaltung ebenfalls für eine Unterschrift der Vereinbarung entschieden. "Wir gehen davon aus, dass wir durch eine gegenseitige Priorisierung optimistisch in das Vergabeverfahren gehen können." Das Update des Kita-Navigators wird laut Stadtverwaltung in jedem Fall in der Zeit vom 4. bis 10. Oktober durchgeführt, da es seitens des Anbieters keine andere Möglichkeit gibt.

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