Der Kirchenkreis Paderborn sieht in leeren Kirchenbänken keine Gefahr

Paderborn. Die Verbreitung des Evangeliums, das ist das Ziel von Superintendent Volker Neuhoff im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn. Doch nicht nur die Pandemie hat diese Aufgabe erschwert, sondern ebenso Kirchenaustritte und fehlender Nachwuchs. Doch all diese Herausforderungen hätten bewirkt, dass Kirche diverser geworden sei und neue Wege eingeschlagen habe. Fast 2.500 Quadratkilometer umfasst der Einsatzbereich von Volker Neuhoff. Wenn er am Telefon gefragt werde, ob er schnell mal vorbeikommen könne, sage er nur: Ja, so in einer Stunde. Nicht nur die Strecken, die er zwischen den Kirchengemeinden im Kirchenkreis zurücklegen muss, sind lang, sondern auch die Liste der Herausforderungen, der sich der Kirchenkreis stellen muss. Die größte Herausforderung sei weiterhin die Corona-Pandemie, die das kirchliche Leben immer noch massiv einschränke. "Vor allem der Wegfall der persönlichen Begegnungen, das Leben der Gemeinschaft, das hat uns weh getan", betont der Superintendent. Um den Wegfall dessen zumindest etwas zu kompensieren, habe der Kirchenkreis nach Lösungen gesucht. Vor allem auf digitalem Weg sei versucht worden, Alternativen in Form von Andachten, Gottesdiensten und geistlichen Impulsen zu schaffen. Digital in die Zukunft Zwar habe dabei der Resonanzraum gefehlt, den es nur gebe, wenn Menschen zusammenkämen. Dennoch sei das Angebot gefragt - und werde deshalb auch weitergeführt, wenn sämtliche Corona-Beschränkungen aufgehoben worden seien. Angst, dass dadurch niemand mehr den Weg in die Kirche findet, hat er nicht. "Ich habe keine Furcht davor. Wir brauchen viele Zugänge zum Glauben, die es leichter machen. Wenn sich Menschen eher aufgehoben fühlen, wenn sie einen Podcast hören oder den Online-Gottesdienst anschauen, dann herzlich gerne", sagt Neuhoff. Man müsse den Anspruch überdenken, immer alle Generationen gleich ansprechen zu können. "Gottesdienste müssen divers sein, wie die Menschen es auch sind. In einen Präsenzgottesdienst muss man auch reinwachsen." Gerade für Familien mit kleinen Kindern seien flexiblere Formate wichtig, berichtet auch Gemeindepfarrer Gunnar Wirth. Dennoch sollte nach Meinung von Volker Neuhoff der Sonntag ein geschützter Tag bleiben, auch, wenn nicht jeder Gläubige um 10 Uhr den Gottesdienst besuche. Denn trotzdem könne man an diesem Tag zur Ruhe kommen und seelische Erbauung finden. "Es braucht in der Gesellschaft etwas, das uns zusammenführt, wo Zeit ist für den Glauben, für die Familie und Freunde", so Neuhoff. Daran sollte man nicht kratzen. Diverse Gottesdienstformen Anders beurteilt er Veränderungen bei Gottesdienstformen - wie beispielsweise in Schloß Neuhaus. "Da im vergangenen Jahr Familienfeiern, wie Taufen, nicht wie üblich stattfinden konnten, haben wir in der Alme getauft", berichtet Evelyne Schubert, Vorsitzende der dortigen Kirchengemeinde. Auch am kommenden Wochenende würden auf diese Weise mehrere Kinder in die Gemeinschaft eingeführt. "Das ist doch toll. Warum muss es ein Entweder-oder geben? In Zukunft sollte beides möglich sein", ergänzt Neuhoff. Während der Pandemie hätten sogar Konfirmationen im Garten der Familien stattgefunden. Investieren will der Kirchenkreis in die junge Generation: Kitas werden bis zu einer Million Euro jährlich unterstützt, auch die Jugendarbeit soll mobiler aufgestellt werden. Zudem wurde eine Fachstelle für sexualisierte Gewalt ins Leben gerufen. "Die richtet sich allerdings nicht nur an Kinder und Jugendliche, sondern auch an Erwachsene", so Neuhoff. Alle Mitarbeitenden, ob haupt- oder ehrenamtlich tätig, würden geschult, um denjenigen Hilfe anbieten zu können, die sie bräuchten. Im Kirchenkreis habe es zwar keinen akuten Fall gegeben, dennoch sei Prävention wichtig. Neben diesen Schwerpunkten hat sich der Kirchenkreis zudem zum Ziel gesetzt, den Klimaschutz weiter voranzubringen und zu unterstützen. Strukturelle Veränderungen Neben den inhaltlichen Herausforderungen stehen dem Kirchenkreis auch strukturelle Veränderungen bevor. "Bis 2060 wird prognostiziert, dass die Kirchensteuereinnahmen um die Hälfte einbrechen werden", berichtet Neuhoff. Um den gesellschaftlichen Aufgaben dennoch gerecht zu werden, müsse über alternative Einnahmequellen nachgedacht werden. Auch der Mangel an Pfarrern und Pfarrerinnen sei ein Problem. "Wie viele andere Branchen auch, leiden wir unter dem Fachkräftemangel", so Neuhoff. Deshalb würden Ehrenämter wichtiger und Pfarrstellen würden durch interprofessionelle Teams ergänzt, die sich beispielsweise aus einem Pfarrer und einer Pfarrerin und Gemeindepädagogen zusammensetzen würden.

Meistgelesen