Unter Hochdruck: Impfaktion beschert Arbeitstage bis spät in die Nacht

Paderborn. Alle 3.050 Dosen mit dem Impfstoff Astrazeneca, die für Über-60-Jährige in der Stadt Paderborn aus dem Sonderkontingent des Landes zur Verfügung standen, haben ihre freiwilligen Abnehmer unter der Ärzteschaft gefunden und werden nun unter Hochdruck bis zum 14. April verimpft. Und sogar noch ein paar Dosen mehr: Weil der Kreis aus den Beständen, die wegen des plötzlichen Impfstopps unlängst nicht verbraucht wurden, das Kontingent für Paderborn auf 3.880 erhöht hatte, seien letztlich 3.270 Dosen an insgesamt 38 interessierte Praxen (von 250 möglichen in Paderborn) ausgegeben worden, berichtet Michael Beivers, der seitens der Feuerwehr Paderborn die Verteilaktion leitete. Die letzten 40 Dosen seien am Mittwochnachmittag nachgeordert worden, so Beivers - kurz bevor der verbliebene Rest wieder ans Impfzentrum nach Salzkotten gebracht wurde. Alle Praxen seien also mindestens mit ihren Wunschkontingenten versorgt worden, einige auch mit mehr. Der größte abgegebene Posten habe 300 Dosen betragen, der kleinste zehn. Die Aktion verlief nicht nur aus Sicht der Feuerwehr problemlos, sondern ganz zur Freude von Ulrich Polenz, der als Bezirksvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung die Organisation betreute: "Ich bin wirklich froh, dass das in der Kürze der Zeit geklappt hat." Immerhin laute die Vorgabe, die Impfungen mit der Sonderration bis zum 14. April abzuschließen - und das neben dem Verimpfen der regulären 20 Dosen mit dem Mittel von Biontec-Pfizer für Über-80-Jährige und Risikopatienten pro Praxis. Polenz: "Bei diesem kurzen Vorlauf ist allein die Terminierung eine Riesenaufgabe. Und dann gibt es ja noch den normalen Praxisbetrieb." Da helfen nur Sonderschichten So fahren viele Praxen jetzt Sonderschichten: Manche haben halbe, manche ganze Tage nur fürs Impfen freigemacht. Auch am nächsten Wochenende. Die restliche Arbeit bleibt dann tagsüber erst mal liegen. "Wir stecken bis über beide Ohren in Arbeit und sind nur am Organisieren", heißt es aus den Praxen. Eine Angestellte berichtet gegenüber der NW von Arbeitstagen, die für sie gerade bis tief in die Nacht dauern. Alles bis zum 14. April zu verimpfen, sei eine unmögliche Vorgabe. Trotzdem mache man mit. "Weil wir wollen, dass wir endlich durch diese Pandemie kommen", sagt sie. Ihre Praxis gehört zu jenen, bei denen sich Über-60-Jährige selbst melden sollen, wenn sie Interesse an Astrazeneca haben. "Gerade zu diesem Impfstoff gibt es aber viele Fragen", berichtet sie bei allem Interesse dennoch von einer gewissen Reserviertheit. In ihrer Praxis werde die Vorgabe, dieses Kontingent "ohne Priorisierung" zu verimpfen, wörtlich genommen: Geprüft wird nur, ob die Interessenten je nach persönlicher Indikation für die Impfung in Frage kommen. Andere Praxen wählen die Impflinge dagegen ihrerseits nach medizinischen Kriterien aus und laden sie gezielt ein - bei durchschnittlich fast 100 Impfungen pro Praxis in den nächsten paar Tagen ein riesiger zusätzlicher Terminaufwand. Denn die Kalender waren auch so schon voll. Längst nicht alle Praxen folgen also der Ansage des Kreises, wonach Impfwillige sich möglichst nicht selbst bei den Ärzten melden, sondern auf Anrufe warten sollen. "Das Argument der Chancengleichheit wird ad absurdum geführt", kritisiert ein NW-Leser. Mit Blick auf den Mai steigt der Druck noch Die Herausforderung bleibt für die Praxen in den nächsten Wochen hoch. Ulrich Polenz zum Beispiel rechnet für seine aus sechs Kolleginnen und Kollegen bestehende Gemeinschaftspraxis in Wewer ab Mai, wenn alle Impfwilligen zwischen 16 und 79 Jahre ihren ersten Impftermin bekommen sollen, mit rund 4.000 Extraterminen. Da nach sechs Wochen die zweite Spritze fällig wird, sollten diese alle innerhalb dieser Zeit zum ersten Mal geimpft worden sein, damit die Terminlage nicht noch weiter eskaliert. Ulrich Polenz: "Das schaffen wir nur mit täglichen Arbeitszeiten von 8 bis 20 Uhr, besonders für die Arzthelferinnen wird das sehr schwer." Momentan plane man, dann mittwochs und freitags ausschließlich zu impfen - jeweils 320 Menschen. Und an einem Extra-Wochenende noch zusätzlich. Um die Terminabsprache, für die normalerweise mindestens eine ganze Arbeitskraft nötig wäre, zu erleichtern, werde man wohl extra ein Terminbuchungssystem kaufen, sagt der Mediziner. Der Anspruch, in sechs Wochen mit dem ersten Durchgang fertig zu sein, bedeute zwar einen enormen Druck. Ulrich Polenz: "Doch je länger es dauern würde, um so höher würde der Stresspegel der Patienten."

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