Wie die Menschen in Paderborner Seniorenheimen Weihnachten feiern

Paderborn. "Ich war Weihnachten schon oft allein, das macht mir nichts aus", sagt die 90-jährige Marie-Sigrid Temme. Im Grunde sei sie ja auch nicht allein. "Ich bin ja in einer Gemeinschaft und werde super versorgt", erzählt die Bewohnerin des Hauses St. Veronika an der Husener Straße in Paderborn im Telefonat mit der NW. Besonders freut sie sich auf den Gottesdienst - coronabedingt mit Mund-Nasen-Schutz und weit auseinander - in der hauseigenen Kapelle am 1. Weihnachtstag um 10.30 Uhr. Für etwas adventliche Stimmung sorgen zwei Sterne an ihrem Fenster, von denen einer beleuchtet ist. Zu viel Deko ist aber nicht ihr Ding. Deshalb zieht Temme auch abends den Vorhang zu, weil es ihr in einem anderen Haus zu sehr weihnachtlich erstrahlt. "Ich mag lieber einen stillen Advent." An Heiligabend freut sie sich aufs Kaffeetrinken im Haus St. Veronika. "Sonst kam immer ein Chor, aber das geht ja in diesem Jahr nicht. Wir müssen ja alle Verzicht üben. Das muss sein." Abends werde sie dann wie immer noch die Nachrichten im ZDF schauen. "Das ist für mich notwendig, genauso wie ich morgens um 6 Uhr die Zeitung lese", sagt Temme. "Ich komme noch relativ gut zurecht. Es fällt mir zwar schwerer, aber ich zwinge mich dazu." "Corona lähmt alles" Mit 60 ist die in Ehringhausen im Kreis Soest geborene Frau nach Paderborn gezogen, weil sie in dieser Region einige Verwandte hat. Zuvor lebte sie nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Düsseldorf, wo sie für eine Bank tätig war, und in Köln, da sie hier als Geschäftsführerin den Sozialdienst katholischer Frauen und Männer leitete. Temme war selbst nie verheiratet, ihre drei Brüder sind bereits verstorben, der älteste im Krieg gefallen. Aber sie hat sieben Nichten und Neffen. Vor allem drei davon besuchen sie regelmäßig. Am Montag war der Neffe aus Bad Lippspringe da, am Mittwoch ihre Nichte aus Delbrück und an Neujahr komme ihre Nichte aus Altenbeken. Zu Weihnachten und zum neuen Jahr hat Marie-Sigrid Temme dabei vor allem einen Wunsch: "Dass es mit Corona besser wird." "Corona lähmt alles, das ist schade. Aber was soll man machen", sagt die 84-jährige Friedel Mrzik. Die Bewohnerin des Perthes-Hauses in Paderborn wünscht sich deshalb, "dass wir gesund bleiben". An diesem Mittwoch wurde sie von ihrer Tochter abgeholt, die in der Südstadt wohnt. So wie es immer mittwochs und samstags der Fall sei. Dann gehe es nicht nur zur Tochter nach Hause, auch Besuche beim Friseur oder auf dem Friedhof am Grab ihres Mannes ständen an. Seit ihr Mann vor drei Jahren gestorben ist, lebt sie im Seniorenheim an der Neuhäuser Straße. Zuvor wohnte sie in der Stadtheide. Das Singen fehlt An Heiligabend wird sie allein sein, was ihr aber nichts ausmache. Schade sei aber, dass in diesem Jahr nicht gesungen werden dürfe. Stattdessen gebe es Weihnachtsmusik und -geschichten. Dabei werde viel über früher gesprochen. In Kleingruppen von acht Personen feiern die Perthes-Haus-Bewohner Weihnachten in einem Raum mit einem geschmückten Baum. Sonst wären es 30 bis 35 Personen, sagt Mrzik. Der Christbaum ist es auch, der an Weihnachten auf keinen Fall fehlen darf. Ein kleines mit Lichtern und Kugeln verziertes Bäumchen steht auch in einer Vase in ihrem Zimmer. Außerdem sorgen Sterne und eine Amaryllis für weihnachtliche Stimmung. Ein schönes Gesteck mit einer dicken Kerze und einen Kalender hat Hildegard Wibbeke in ihrem Zimmer. Die 80-Jährige lebt ebenfalls im Perthes-Haus. An Heiligabend wird sie von ihrem Sohn abgeholt, der mit seiner Familie - genau wie sie früher - in Schloß Neuhaus lebt. Am ersten Weihnachtstag wird sie Zeit bei ihrer Tochter und deren Familie in Thüle verbringen. Das ist zumindest der Plan. Daneben hat sie noch zwei weitere Töchter. "Wichtig ist, dass man ein paar Stunden zusammen verbringt" Der früher im Paderborner Schöningh-Verlag tätigen Büroangestellten fehlt in der Corona-Zeit besonders, "dass man nicht so mit so vielen Leuten zusammen sein darf. Wir wollen hoffen, dass sich das wieder ändert", betont Wibbeke. Darüber hinaus hat sie den Wunsch, "sich noch weiter allein versorgen zu können und bei klarem Verstand zu bleiben". Weihnachten steht für die Witwe - ihr Mann ist bereits 1995 gestorben - für das Zusammenkommen der Familie anlässlich der Geburt Christi. Sie sei christlich groß geworden, könnte aber auch "ohne Weihnachten leben und ohne das ganze Drumherum". Geschenke gehörten dazu, es sollte aber nicht übertrieben werden. "Wichtig ist, dass man sich versteht und ein paar gemütliche Stunden zusammen verbringt." Lesen Sie auch: Weihnachten im Seniorenheim: "Die ganze Zeit ist eine Ausnahmesituation" [NW+]

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