Angeklagter verschickte Erpressermails im Plauderton

Paderborn. &bdquo;Liebe Grüße – Ihr Erpresser." Um Lockerheit ist Andreas O. (Name geändert) augenscheinlich in jeder Situation bemüht. Selbst als der Geseker in einem umfangreichen E-Mailverkehr mit Polizei und Daimler Benz drohte, immer wieder große Steine von Brücken in den Verkehr zu werfen, um eine satte fünfstellige Summe zu bekommen, pflegte er einen seichten Plauderton. &bdquo;Schlechte Neuigkeiten: Sie werden erpresst", schrieb er, als er sich am 28. April bei der Polizei in Dortmund meldete, um zu gestehen, dass er in den sehr frühen Morgenstunden eine fast 15 Kilo schwere Betonplatte auf einen Sprinter geworfen hatte. Jetzt vor dem Schwurgericht Paderborn mag der 21-Jährige von seiner Schnodderigkeit nichts mehr wissen. &bdquo;Ich habe eine Rolle gespielt. Ich wollte mich in der Rolle des Erpressers völlig kalt geben", sagt er am zweiten Prozesstag. Ein skrupelloser Krimineller, der das Leben von Menschen in Gefahr bringt, um an Geld zu kommen, das will der Geseker, der sich wegen versuchten Mordes und Erpressung verantworten muss, nicht sein. Zuvor hat er geschildert, wie er in der Nacht zum 28. April bei Erwitte auf einer Brücke stand, die sich über die A 44 erstreckt. Dort will er genau nachgedacht und überlegt haben, bevor er die Betonplatte, die er auf einer Baustelle vor seiner ehemaligen Schule in Geseke mitgenommen hatte, auf die Fahrbahn warf. Keinesfalls habe er Menschen verletzen wollen, selbst der Schaden an dem Fahrzeug hätte überschaubar sein sollen, behauptet Andreas O. Er habe nur an eine &bdquo;Delle am rechten Kotflügel" im Sinn gehabt. &bdquo;Ich war mir sicher, ich kenne die richtige Stelle. Es war für mich selbstverständlich, dass ich wusste, wann ich den Stein loslassen muss". Dass die 26-jährige Kurierfahrerin aus Hildesheim ihren Transporter noch abbremsen und am Fahrbahnrand abstellen konnte, sei für ihn die Bestätigung gewesen, alles unter Kontrolle zu haben. Er sei überzeugt gewesen, &bdquo;dass das Vorhaben geklappt und ich die richtige Stelle getroffen hatte". Im ironischen Ton Tatsächlich hat Andreas O., der vor Gericht reuevoll die junge Frau um Entschuldigung bittet, die ihren Beruf aufgeben muss, weil sie unter starken Ängsten leidet, einfach weitergemacht. Noch zwei Mal warf er schwere Steine von Brücken hinunter auf Fahrbahnen – in der Nacht des 4. Mai auf die L 776 bei Salzkotten, 24 Stunden später in Hövelhof auf die Autobahn 44 – ohne dass Fahrzeuge in der Nähe waren, wie der Geseker beteuert. Flankierend schrieb er weiter im ironischen Ton Nachrichten an die Polizei und den Autokonzern, um seine Geldforderung aufrechtzuerhalten. Als ein Mensch, der alles Griff hat, geriert sich der junge Mann auch jetzt vor Gericht. Schon vor seiner Festnahme am 13. Mai sei ihm klar gewesen, dass der Autokonzern nicht zahlen würde. &bdquo;Ich habe die Steinwurfserie selbst beendet", betont er. Seine finanzielle Situation hatte er augenscheinlich aber nicht unter Kontrolle. Andreas O. hat nach eigenen Angaben Schulden in Höhe von 16.000 und 20.000 Euro angehäuft – &bdquo;durch meine Selbstständigkeit und mein Konsumverhalten", wie er sagt. Während er Rechnungen und Mahnungen einfach in einer Schublade ablegte, sei ihm irgendwann der Gedanke gekommen, &bdquo;auf einen Schlag an Geld" kommen zu müssen. &bdquo;Da kam ich auf den illegalen Bereich", gibt er zu und erzählt von seinen Recherchen über Erpressungsfälle. Was tiefer hinter dem Fall steckt, wollen die Richter unter dem Vorsitz von Tabea Rustemeyer am Montag, 21. Dezember, erarbeiten. Dann soll auch der Psychiater Tilman Elliger sein Gutachten erstatten. Er hat sich mit der Persönlichkeit von Andreas O. befasst.

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