Natürlich schimpfen alle über das Weihnachtsgebäck, welches schon im September in den Regalen der Supermärkte zu finden ist. Spekulatius, Stollen, Marzipan und Lebkuchen biedern sich an und verderben einem den Appetit auf das Weihnachtsfest. Keiner versteht, warum die Süßwarenindustrie das verdrängt, was uns lieb und teuer ist.
Wie wäre es, wenn die Kirche sich zu dem Thema melden würde? Man könnte Milka mit der Hölle drohen und Nestle mit der ewigen Verdammnis? Lasst uns Ferrero mit einem Fluch belegen und Lindt&Sprüngli, Ferrero und Mars aus der Kirche ausschließen. Es ist doch der Verzicht, der das Weihnachtssortiment so reizvoll werden lässt.
Einmal saß ich im Café Röhren und wollte etwas Neues probieren. Die Serviererin empfahl mir einen Gurkenapfelsaft, der so gut in die dunkle Jahreszeit passen würde. „Ein Gurkenapfelsaft schmeckt besser als man denkt", sagte sie. Ich probierte den Gurkenapfelsaft und was soll ich sagen, er schmeckte wirklich besser als man denkt, aber mehr auch nicht. Beim Trinken des Gurkenapfelsaftes wird einem nicht schlecht und man hat das Gefühl, der einzige Mensch auf der Welt zu sein, der so etwas in der dunklen Jahreszeit trinken wird.
Wie Grüne und CDU oder Heino und Rammstein
Wer kam nur auf die Idee, einen Gurkenapfelsaft zu kreieren, der besser schmeckt als man denkt? Das ist so, als wenn die Grünen mit der CDU eine Koalition eingehen würde oder Heino ein Lied von Rammstein in seinem Repertoire hätte.
Die Serviererin erzählte später, dass im Augenblick die Gurke total trendy sei. Die Leute dekorieren damit ihr Mineralwasser, legen sie sich über Nacht aufs Gesicht oder basteln daraus ein Weihnachts-Mobile. „Die Gurke war schon immer ein Lebensmittel, an dem sich die Politik abarbeiten konnte", sagte ich, schämte mich aber später für die Aussage.
Kürzlich entdeckte ich in der Auslage vom REWE-Bäcker einen Frühlingskuchen. „Was hat denn hier im Dezember ein Frühlingskuchen zu suchen?", fragte ich. Ich trug bereits eine Pudelmütze und wollte Geschenkpapier kaufen. „Das ist alles schon gemeldet worden", beruhigte mich die Kuchenverkäuferin.
"Weihnachten ist kein Ponyhof"
Der Mensch ist nicht perfekt, es ist sogar sympathisch, wenn mal etwas bei ihm nicht klappt. Warum soll man das Scheitern nur den Paderborner Stadtplanern und der Deutschen Bahn überlassen? Loben wir eher den Einsatz der beiden Bäckereifachverkäuferinnen. Da haben die beiden Johannas von Orléans einen Aufstand angezettelt und bei der Hauptstelle angerufen: „Wir weigern uns diesen Frühlingskuchen zu verkaufen. Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit, wo sich die Welt in einem so großen Durcheinander befindet, soll sich der Mensch wenigstens auf die Bäcker verlassen können. Es gibt Regeln. Weihnachten ist kein Ponyhof."
Ich nickte, sah die beiden jungen Frauen an und lobte sie mit den Worten: „Als ihr auf die Welt kamt, da weintet ihr und um euch herum lächelten alle. Lebt weiter so, dass, wenn ihr die Welt verlasst, alle weinen und ihr lächelt."
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