Kopftuch im Dienst: Diese Regeln gelten in Paderborner Krankenhäusern

Paderborn. Als die 15-jährige Samirah (Name geändert) einen Platz für ein Schulpraktikum sucht, denkt sie sofort an das Gesundheitswesen. Den medizinischen Bereich findet sie spannend, sie kann auf Menschen zugehen und ist empathisch. Eine Ausbildung zur Pflegefachfrau im Krankenhaus, das ist etwas, was sie sich später vorstellen könnte. Und Nachwuchs wird dort gebraucht. Die Gesamtschülerin bewirbt sich am St.-Vincenz-Krankenhaus und wird zum Gespräch eingeladen. Doch dann die Enttäuschung: Muslima, die wie Samirah ein Kopftuch tragen, werden in diesem katholischen Krankenhaus nicht beschäftigt. Pädagogin Elisabeth Coprian, die Samirahs 2016 nach Deutschland gekommene Familie in behördlichen und schulischen Angelegenheiten begleitet, ist empört. "Das ist doch weder im christlichen noch im integrativen Sinn und macht mich wütend". Das Mädchen, das fleißig und ehrgeizig sei und sich in die deutsche Gesellschaft integrieren möchte, trage das Kopftuch aus religiösen Gründen. Es gehöre zu ihrer Identität. Für Schwester Katharina Mock, Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vincenz von Paul, Träger des St. Vincenz-Krankenhauses, ist das Kopftuch einer Muslimin im Unterschied zur Kopfbedeckung der Vincentinerinnen kein religiöses Symbol, sondern ein persönliches Accessoire wie Schmuck an den Händen, der während der Dienstzeit untersagt sei. In den Heiligen Schriften des Islam werde das Tragen eines Kopftuches an keiner Stelle angeordnet, es werde vielmehr von Männern gefordert. Hingegen sei ihre Ordenstracht ein Zeichen dafür, dass die Schwester ihr Leben in den Dienst Gottes stelle. Kopftuch gehört nicht zur Dienstkleidung "Wir sind als Arbeitgeber ausdrücklich offen für Mitarbeitende aller Herkunftsländer, Kulturen und Religionen", betont die Generaloberin. Viele muslimische Beschäftigte gehörten zum Haus. Alle Mitarbeiter trügen eine vorgeschriebene Dienstkleidung, ein Kopftuch sei dabei nicht vorgesehen. So habe es der Träger für alle Einrichtungen entschieden, auch aus Hygienegründen. Bei Kopftüchern sei nicht sichergestellt, dass sie täglich angemessen gereinigt würden. Das Material der Schleier der Ordensfrauen erfülle den Hygienestandard am Krankenbett. Ein Zeichen für mehr Diversität im Klinikalltag Die beiden anderen Krankenhäuser, ebenfalls in konfessioneller Trägerschaft, gehen anders mit dem Thema um. "Wir im St. Johannisstift respektieren andere Kulturen und wollen ein Zeichen setzen für mehr Diversität, Respekt und Offenheit im Klinikalltag. Deshalb ist das Tragen eines Kopftuches am Krankenbett bei uns kein Tabu", erklärt Ute Panske, Vorstand des Johannisstiftes, auf Nachfrage. Hygienische Rahmenbedingungen seien jedoch stets zu beachten. So sei es zu vermeiden, dass Kopftücher verrutschten oder herabfielen. Eine Ausnahme bilden dort hochsensible Bereiche wie OP oder Isolierzimmer, wo stets Einmal-Schutzhauben zu tragen sind. Und auf eine Bedeckung der Arme müssten Mitarbeiter am Krankenbett verzichten. &bdquo;Lange Ärmel lassen die Hygienevorschriften nicht zu", sagt Ute Panske. Mariam Yassin beispielsweise trägt ihr Kopftuch auch im Dienst und zwar &bdquo;aus religiöser Überzeugung", wie die 39-jährige Muslima berichtet. &bdquo;Dazu zwingen mich weder mein Mann noch meine Familie", betont die Auszubildende in der Gesundheits- und Krankenpflegeassistenz des Johannisstiftes. Die Mutter einer 16-jährigen Tochter lebt schon lange in Deutschland und ist glücklich mit ihrem Ausbildungsplatz. &bdquo;Erst jetzt integriere ich mich wirklich in die Gesellschaft". Im Brüderkrankenhaus zählt die "innere Einstellung" Auch unter den Azubis am Brüderkrankenhaus St. Josef waren bereits mehrere Kopftuch tragende Muslima, weiß Matthias Hansjürgens, Leiter der dortigen Schule für Pflege und Gesundheit. "Bei uns spielt das Kopftuch bei der Auswahl von Auszubildenden keine Rolle. Wir haben uns bereits in den 90er Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt." Auch zwei muslimische Ärztinnen und eine Medizinische Fachangestellte mit Kopftuch arbeiten am Brüderkrankenhaus. &bdquo;Die Grundsätze und Leitlinien unseres Trägers der Barmherzigen Brüder Trier sind eindeutig: Wir sind dankbar für jede Frau und jeden Mann, die wegen ihrer persönlichen Einstellung zu uns kommen und bei uns arbeiten wollen", betont Siegfried Rörig, Kaufmännischer Direktor des Brüderkrankenhauses. Der Auftrag, der auf Ordensgründer Peter Friedhofen zurückgeht, beinhalte es, kranken, alten und benachteiligten Menschen zu helfen und so christliche Nächstenliebe zu praktizieren. "Es zählt die innere Einstellung, nicht das äußere Erscheinungsbild", meint der stellvertretende Pflegedirektor Ansgar Hermes. Wichtig sei das Einhalten der Hygienevorschriften. Auch Samirah hat am Brüderkrankenhaus inzwischen ihr Schülerpraktikum absolviert. Sie hat eine Anregung für das Vincenz-Krankenhaus: Bewerberinnen sollten direkt auf der Website über das Kopftuch-Verbot informiert werden.

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