Arm trotz Arbeit? IG Bau kritisiert Niedriglöhne im Kreis Paderborn

15.700 Vollzeit-Beschäftigte in der Region arbeiten der Gewerkschaft zufolge im Niedriglohnsektor.

Schöner Beruf, aber oft schlecht bezahlt: In der Floristik müssen sich laut IG Bau viele Beschäftigte mit Mini-Löhnen begnügen, die bei weitem nicht zum Familienunterhalt reichten. | © IG Bau

06.10.2020 | 06.10.2020, 05:55

Kreis Paderborn. Aktuell arbeiten im Kreis Paderborn nach Angaben der Gewerkschaft IG Bau 21 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Demzufolge erzielen insgesamt rund 15.700 Menschen trotz voller Stundenzahl ein Einkommen unterhalb der amtlichen Niedriglohnschwelle von derzeit 2.350 Euro brutto im Monat (Wert für Westdeutschland). Die Zahlen der IG Bau gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag hervor.

„Dass selbst eine Vollzeitstelle häufig nicht ausreicht, um finanziell halbwegs abgesichert zu sein, ist alarmierend", sagt Sabine Katzsche-Döring, Bezirksvorsitzende der IG BAU Ostwestfalen-Lippe. In der Region zählten unter anderem die Landwirtschaft, die Gebäudereinigung und die Floristik zu den Branchen, in denen besonders wenig gezahlt werde. Grund dafür sei auch die schwindende Tarifbindung. „Je mehr Firmen aus Tarifverträgen aussteigen, desto schlechtere Karten haben die Beschäftigten. Es droht eine immer tiefere Spaltung des Arbeitsmarktes", warnt Katzsche-Döring. Diese werde durch die Corona-Pandemie teils verschärft: Beschäftigte im Handwerk könnten nur selten Homeoffice machen. Wegen hoher Mieten in den Städten müssten sie zudem oft weite Pendelwege in Kauf nehmen.

Was die Gewerkschaft fordert

Die Gewerkschafterin ruft die Unternehmen im Kreis dazu auf, sich zu Mitbestimmung und Tarifautonomie zu bekennen: Die Sozialpartnerschaft dürfe nicht unter die Räder kommen. Nach Untersuchungen der Hans-Böckler-Stiftung würden davon auch die Firmen profitieren: In tarifgebundenen Unternehmen steige die Produktivität, Mitarbeiter seien motivierter.

„Aber auch die Politik ist am Zug. Sie sollte mehr für die Tarifbindung tun", fordert Katzsche-Döring. Klar sei aber auch: "Je mehr Menschen sich in den Gewerkschaften engagieren, desto mehr lässt sich gegenüber den Arbeitgebern herausholen", so Katzsche-Döring.