Paderborner Schützenfest: Private Gartenpartys statt großer Parade

Paderborn. Die innere Uhr lässt sich nicht so einfach abstellen, das weiß jetzt auch Oberst Thomas Spieker. Eigentlich wäre an diesem Wochenende Schützenfest in Paderborn. Aber eben nur eigentlich. Wegen der Corona-Pandemie fällt die Großveranstaltung aus; bis auf die Schützenmesse im Dom gibt es keinerlei offizielle Veranstaltungen. Und dennoch wird der Oberst immer wieder denken: "Eigentlich wäre jetzt Zapfenstreich oder Parade oder Schützenfrühstück." Wie Spieker wird es vermutlich den meisten der 4.200 Mitglieder des Paderborner-Bürger-Schützenvereins (PBSV) und auch Teilen der Bevölkerung gehen, so stark ist das Fest im Leben der Stadt verankert. "Natürlich ist man da wehmütig", sagt Spieker, der sich schon in den Tagen zuvor immer wieder dabei erwischt hat, zu denken, was er jetzt eigentlich tun würde. Wenn, ja wenn das Fest stattgefunden hätte. Dass es das nicht tut, hat die Spitze des PBSV sehr frühzeitig beschlossen. "Im Verein war allen klar: Dieses Jahr muss ausfallen, damit alle gesund bleiben", sagt der Oberst. Da habe es auch bei den Mitgliedern ein hohes Maß an Verständnis und Bereitschaft gegeben. Gewiss gebe es jetzt zum ursprünglichen Termin auch einen gewissen Zwiespalt. "Wir würden alle gerne feiern und sind traurig, dass wir es nicht können." Aber es gebe nun mal sehr gute Gründe für die Entscheidung. Vom normalen Schützen in die Geschichtsbücher Das sehen auch die beiden Paderborner so, für die die Absage des Schützenfestes vielleicht die einschneidendsten Auswirkungen hatte: Dirk Scholl und Jana Mirk, das amtierende Königspaar des PBSV. Statt beim Zapfenstreich vor dem Rathaus dabei zu sein, in der Kutsche auf dem Schützenplatz vorzufahren oder die Parade abzunehmen, werden sie die als Höhepunkt ihrer Regentschaft gedachten Tage eher gemütlich verbringen - und Kleid und Uniform gegen legere Klamotten tauschen. "Das fehlt auf jeden Fall", gibt Schützenkönig Dirk Scholl zu. Schließlich habe er sich schon riesig auf diese Tage gefreut, so der 42-Jährige, der im Verein eine Blitzkarriere hingelegt hat. Schließlich ist er eigentlich "nur" normaler Schütze und erst seit vier Jahren im Verein. Dann überlegte er sich 2019 spontan, beim Königsschießen anzutreten - und setzte sich gegen die starke Konkurrenz durch. Jetzt ist der Fliesenleger nicht nur König, sondern bekommt mit seiner Königin auch einen ganz besonderen Eintrag in die Vereins-Geschichtsbücher. Schließlich sind Scholl und Mirk das erste Königspaar seit dem Krieg, das zwei Jahre lang amtiert. Die Verlängerung der Regentschaft sei von Verein und Hofstaat sehr schnell und einmütig beschlossen worden. "Alles wird also nachgeholt", freut sich Scholl. Wie das Königspaar das Wochenende verbringt Das tröstet auch Schützenkönigin Jana Mirk, die die Absage "wirklich, wirklich schade" findet. Auch ihre innere Uhr ist ganz aufs Fest getaktet, so studiere sie beispielsweise regelmäßig den Wetterbericht. Ihr elegantes Kleid bleibt am Wochenende zwar im Schrank hängen, verbringen wird sie die Tage aber dennoch mit ihrem König. Die beiden werden am Sonntag nach der Schützenmesse mit Zeremonienmeisterin und Zeremonienmeister im kleinen Kreis frühstücken, am Montag gibt es auch ein Treffen mit den drei Prinzen des Vereins - alles natürlich unter Berücksichtigung der geltenden Abstands- und Hygieneregeln. Solche informellen privaten Treffen werde es am Wochenende wohl etliche geben, vermutet PBSV-Oberst Thomas Spieker. Er selbst hat am Montag die Führungsspitze des Vereins zum Frühstück eingeladen. Und auch der ein oder andere Schützenbruder werde im Garten wohl ein paar Gäste im erlaubten Umfang empfangen. Spieker betont jedoch, dass auf dem Schützenplatz selbst nichts stattfinden wird, sprich: die fünf Kompaniebauden, in denen es sonst drei Tage lang hoch her geht, bleiben geschlossen. Dafür hofft Spieker, dass möglichst viele Schützen und Paderborner dem Aufruf des PBSV folgen, am Wochenende vor ihren Häusern Flaggen in Vereinsfarben zu hissen, ganz getreu dem Jahresmotto "Paderborner Schützen zeigen Flagge" (das im Übrigen auch in die Verlängerung gehen soll). Für ein wenig zusätzliche Schützenfeststimmung sollen dann noch zwei Videos des Oberst und des Königspaares in den sozialen Netzwerken sorgen - verbunden mit der Hoffnung, dass 2021 wieder "Horrido! Horrido! Horrido!" in der Stadt erklingen möge.

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