Anlässlich seines 80sten Geburtstags fiel mir ein Statement von Eugen Drewermann ein, dass er 2019 dem Stern gegeben hatte. Er sprach von der notwendigen Veränderung der Gesellschaft, da sie auf einen Kapitalismus basiert, der ganze Kontinente versklavt. Der Paderborner Kirchenkritiker beendete den Gedanken mit dem Satz: „Wie kann man das als Bürger mitmachen und sich trotzdem Christ nennen? Das begreife ich nicht."
Ich kann mich da als Bürger nur entschuldigen und sagen: „Wir bemühen uns. Wir sind nicht so viele." Wenn es denen, die gut sind, besser gehen würde, als denen, die nicht gut sind, gäbe es bestimmt mehr Gute. Es ist nicht immer leicht, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wo sollen wir denn anfangen? Fahren wir dahin mit dem Fahrrad oder dürfen wir das Auto nehmen? Nicht nur als Christ müsste man doch laut schreiend durch die Westernstraße laufen, weil man das nicht ändern kann, was man ändern sollte. Ich schaffe es gerade meinen Müll zu trennen, und bin trotzdem nicht sicher, ob ich das Müllsystem begriffen habe.
Wer kennt sich noch in der Welt aus?
Wussten Sie, dass ein Kleiderbügel, der zusammen mit der Kleidung verkauft wurde, in die Gelbe Tonne gehört, aber wenn er weiterhin als Kleiderbügel genutzt wird, später in den Restmüll muss? Wer kennt sich noch in der Welt aus? Ich habe mich jetzt mit meiner Friseurin darüber unterhalten, dass die Wohnsituationen der Arbeiter im Tönnies-Werk schon lange bekannt waren, und dass die Hoffnung, dass unsere gewählten Vertreter uns da vertreten werden, anscheinend ein Irrtum war. Wir wollen das nicht. Wir machen das nicht mit.
Ist es so kompliziert uns Menschen wie Menschen zu behandeln? Müssen wir wieder demonstrieren gehen? Muss ich mich in meinem Alter wieder an Gleise ketten lassen? Gute Menschen sorgen oft bei anderen Menschen, die nicht so gut sind, für ein schlechtes Gewissen, aber sind es dann noch gute Menschen? So einfach ist das alles nicht. Nur weil etwas nicht schmeckt, muss es auch automatisch gesund sein. Eugen Drewermann hat es gut. Er ist in einer Position, wo er etwas tun kann. Doch was ist mit uns?
Wir bemühen uns doch
„Bist du kein Stern am Himmelszelt, sei eine Leuchte, die alles erhellt." Wir bemühen uns doch. Jeden Augenblick, jeden Tag, jeden Monat bemühen wir uns. Ich töte zum Beispiel keine Biene mehr, es könnte eine Biene aus dem Bienenstock unseres Bürgermeisters sein. Ich habe in den Anfangstagen des Coronaausbruchs meiner Nachbarin eine Rolle Klopapier vor die Haustür gestellt, obwohl ich selbst nicht viel hatte. Ich stand sogar für die Menschen, die im Supermarkt an den Supermarktkassen arbeiten, am Fenster und habe geklatscht. Okay, ich habe dabei auch gleichzeitig gesonnt, aber es kann doch auch Spaß machen gut zu sein.
Erst gestern habe ich einer Frau den Weg zum Finanzamt erklärt, obwohl ich gar nicht wusste, wo das Finanzamt ist. Es ist doch besser, ein gutes Gespräch zu führen, als wirklich das Finanzamt zu finden. Danke Eugen Drewermann, dass es Sie gibt. Sie regen uns zum Nachdenken und zum Umdenken an. Diese Stadt ist mit Ihnen erst vollständig. Und haben Sie Geduld mit uns. Wir bemühen uns.