Wie sich das Paderborner Frauenhaus in 40 Jahren veränderte

Paderborn. Im Mai 1980 konnte das erste Frauenhaus in Paderborn öffnen: ein Abrisshaus, eingerichtet mit Sperrmüll und gespendeten Möbeln, das am Kasseler Tor stand. Nicht nur Frauen, die von ihren Partnern geschlagen und misshandelt wurden, lebten dort. Es gab mehrere Mieter, darunter auch eine Männer-Wohngemeinschaft. Seit 1994 ist das Frauenhaus an einer anderen Adresse in Paderborn verortet, die zum Schutz der Frauen geheim gehalten wird. Im Mai diesen Jahres feiert die Einrichtung ihr 40-jähriges Jubiläum. "Die Stadt hat uns anfangs klar gesagt, dass Paderborn kein Frauenhaus braucht", erinnert sich Katharina Mitlehner, Vorsitzende des Vereins Frauenhaus Paderborn. Das Kämpfen für den Zufluchtsort habe sich mehrere Jahrzehnte hingezogen. Für Zuschüsse und Stellen von Stadt oder Land mussten die Vereinsmitglieder sich stets stark machen: "Und dabei durften wir nicht den Eindruck vermitteln, zu anspruchsvoll zu sein", sagt Mitlehner. Norika Creuzmann, Mitarbeiterin im Frauenhaus, begründet das auch mit dem Zeitgeist, der damals herrschte: "Es war eine Schande, Beziehungen zu beenden und häusliche Gewalt war tabuisiert. Man muss sich mal vorstellen, dass die Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1997 strafbar ist." Die Situation sehe heute völlig anders aus. Keiner stellt in Frage, dass es Gewalt gegen Frauen und Kinder gibt. Auch die Bedeutung und Relevanz eines Frauenhauses in Paderborn wird laut Creuzmann nicht in Zweifel gezogen. Im Gegenteil: Das Frauenhaus wurde zu einer festen Größe. Hat sich auch die Arbeit verändert? Hat sich auch die Arbeit im Frauenhaus verändert? "Frauen kommen heutzutage oft mit einer Multiproblem-Lage zu uns", berichtet Creuzmann aus ihrem Arbeitsalltag. Sie seien oft verschuldet und psychisch schwer belastet. Was Creuzmann an ihrer Arbeit wertschätzt, ist die direkte Hilfe. Bereits nach wenigen Tagen sehe man vielen Frauen an, dass sie - und auch ihre Kinder - zur Ruhe kommen. In der Regel würden die Bewohnerinnen mit ihren Kindern drei Monate bleiben. Sie zahlen einen geringen Mietsatz und gestalten ihren Alltag weitestgehend selbstständig. Das Team organisiert regelmäßig Reitstunden für die Kinder, Ausflüge und jährlich eine Reise an die Ostsee. Die Mitarbeiterinnen bieten Beratungs- und Hilfsangebote an, um den Frauen und ihren Kindern den Einstieg in einen neuen Lebensabschnitt zu ermöglichen. Doch pauschal könne man nicht sagen, welche Frauen die Paderborner Einrichtung aufsuchen: "Die jüngste Bewohnerin war 18 Jahre alt, die älteste 73. Sie kommen aus verschiedenen Kulturen, haben unterschiedliche Hintergründe", resümiert Creuzmann. Leidenschaft für die Arbeit im Frauenhaus Kinga Szweda ist 24 Jahre alt und arbeitet seit 2018 in der Paderborner Einrichtung. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach meinem Studium der sozialen Arbeit in einem Frauenhaus arbeite", sagt sie. Zunächst habe sie befürchtet, die vielen Schicksale der Frauen nach Feierabend mit nach Hause zu nehmen. "Aber ich habe meine Leidenschaft für die Arbeit im Frauenhaus entdeckt. Die unmittelbare Hilfe und die Arbeit im Team gefällt mir sehr." Norika Creuzmann und Katharina Mitlehner engagieren sich schon lange für das Frauenhaus. "Es ist für mich einfach eine Herzensangelegenheit geworden und hat mich auch dazu gebracht, kommunalpolitisch aktiv zu werden", berichtet Creuzmann. Was sich in den vergangenen Jahren kaum verändert hat, ist der Mangel an Frauenhaus-Plätzen: "Wir sind so gut wie durchgehend voll belegt und weisen jedes Jahr über 100 Frauen ab", sagt Creuzmann. Eine Erweiterung ist schon länger im Gespräch: Auf Anfrage der NW im März sagte die Stadt Paderborn zur Erweiterung des Paderborner Frauenhauses: &bdquo;Zurzeit stimmen wir die Planung mit dem Frauenhaus ab und streben einen Baubeginn Ende 2020 an." Die Gleichstellungsbeauftragte Dagmar Drüke ergänzt, dass durch die Anbaumaßnahmen sechs zusätzliche Plätze für Frauen und Kinder geschaffen werden, damit das Paderborner Frauenhaus dann insgesamt über 15 Plätze verfügt.

Meistgelesen