Paderborn. Frauenrechte sind auch Menschenrechte. An dieser Tatsache rüttelte keine der Besucherinnen am Sonntagmorgen, die ihren Weg zum Domplatz gefunden hatten. Während die Stadtväter ihren Internationalen Frauentag bereits am Tag zuvor feierten, besann sich das Bündnis für Frauenrechte zurück auf den ursprünglichen Gedenktag, der seit 1921 stets am 8. März gefeiert wird.
Zwischen den Glockenpausen des Domes betrachtete die ein oder andere Kämpferin der Emanzipation mal auf humoristischer, musikalischer, poetischer oder auch politisch ambitionierter Weise ihre Stellung als die „bessere" Hälfte Adams.
Eingeladen zum Gedenktag mit Aktionen hatte das Paderborner Bündnis für Frauenrechte, das sich im vergangenen Jahr aus Vertretern und Vertreterinnen der Parteien Die Linke und die Grünen/Bündnis 90 zusammengeschlossen hatte. Zwar war die Menge der interessierten Zuschauer recht überschaubar, jedoch fanden rund 70 Frauentags-Freunde zum Domplatz an die Pader. Beeindruckend war der Auftritt von der Sozialdemokratin Marlene Lubek. „In der oft unverstandenen Psychologie des kleinen Mannes liegt so manches Mal der Hund begraben", pointierte die Paderbornerin und berichtete humorvoll aus ihrem 40-jährigen Leben als Lokalpolitikerin.
Trat für Frauenrechte in Partei ein
Sie erinnerte sich gerne an die Zeit, als sie Ende der 1960er Jahre in die Partei eintrat, um für das Frauenrecht einzutreten und immer wieder von den Kollegen des Mannes (der ebenfalls der links gerichteten Partei innewohnte) in ihren hausfraulichen Schranken verwiesen werden sollte. „Ist deine Alte jetzt auch hier?", waren nur einige Sätze, gegen die sich die Lokalpolitikerin behaupten musste.
Heute betrachtet die 85-jährige Hobby-Kabarettistin ihren Kampf gegen das Patriarchat mit Humor – jedoch mit ernster Botschaft. Denn etwas lernte die Frauenrechtlerin in den vergangenen Jahrzehnten: Solidarisierung über die Parteigrenzen sei ebenso wichtig wie die Stellung der einzelnen Frau, so Lubek.
Oft „schössen sich die Frauen selbst in die Hacken" und verlören so das eigentliche Ziel aus den Augen. Das Paderborner Urgestein für Frauenrechte betonte, dass man den Kampf ernsthaft jedoch auch humorvoll begehen solle. Auf die Frage, ob es denn überhaupt noch einen Internationalen Frauentag geben müsse, kann die 85-jährige Dame nur lachen.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Solange die Forderung für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, den die Begründerin des Gedenktages Klara bereits anno 1910 forderte, nicht annähernd erreicht wäre, sei die Antwort auf diese Frage wohl eindeutig. Ernsthafter dagegen hob Norika Creuzmann, die Kreisvorsitzende der Grünen, die Wichtigkeit des internationalen Frauentages in den Fokus und ließ die Zahlen für sich sprechen: Rund 135 Frauen und 15 Kinder wurden in Deutschland im vergangenen Jahr getötet und weltweit ist jede dritte Frau Opfer häuslicher und männlicher Gewalt. Die grüne Politikerin verwies darauf, dass heute in Zeiten des digitalen Werteverfalls der Schutz der Frau im Patriarchat besonders wichtig sei. So sei es beinahe unverständlich, dass der Preis für die Unterbringung eines Straftäters rund 140 Euro koste, jedoch für die gleichen Kosten mehrere Frauen in einem Frauenhaus finanziert werden müssten. Die Gleichheit der Verhältnismäßigkeit sei in keiner Weise gegeben, so Creuzmann. Ihre Hoffnung – die Hoffnung vieler Frauen – läge in den Istanbuler Konventionen, die seit Februar 2018 in Deutschland in Kraft getreten sind.
Die Istanbul-Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. Abgerundet wurde die feministische Veranstaltung, zu der auch Herren eingeladen waren, durch den Auftritt der Paderborner Poetry-Slammerin Sarah Lau, der Liedermacherin Lena Klose und der Schauspielerin Ann-Britta Dohle.
Alles in allem waren sich alle Frauen – und auch die Männer, die sich solidarisch erklärten, einig: Frauenrechte sind auch Menschenrechte. Und dafür lohne es sich auch, an einem Sonntagmorgen aufzustehen.
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