Paderborn

Deutlich mehr Arbeitnehmer mit Zweitjob im Kreis Paderborn

Mehr als 10.000 Beschäftigte arbeiten neben ihrer normalen Stelle in einem Minijob. Restaurants, Gaststätten und Hotels sind stark betroffen.

Nach ihrer Hauptarbeit folgt für viele Menschen noch ein Minijob in der Gastronomie. | © NGG

25.02.2020 | 25.02.2020, 09:24

Paderborn. Wenn ein Job nicht reicht: Rund 12.300 Menschen im Kreis Paderborn haben neben ihrer regulären Stelle noch einen Minijob. Damit stieg die Zahl der Zweitjobber innerhalb von zehn Jahren um 58 Prozent, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in einer Presseinformation mitteilt. Die NGG Detmold-Paderborn berufe sich hierbei auf neue Zahlen der Arbeitsagentur. Danach seien Zusatz-Jobs in Restaurants, Gaststätten und Hotels im Kreis Paderborn besonders verbreitet: In der Branche gab es im Juni 2019 rund 2.000 Zweitjobber – das sind fast doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor (plus 92 Prozent).

„Im Schatten des Booms der vergangenen Jahre sind viele sozialversicherungspflichtige Stellen entstanden, die oft kaum zum Leben reichen. Nebenjobs müssen dann die Haushaltskasse aufbessern", beschreibt Armin Wiese, Geschäftsführer der NGG Detmold-Paderborn, die Schieflage auf dem Arbeitsmarkt. Wer auf einen Zweitjob angewiesen sei, der arbeite meist am Limit – auf Kosten von Familie, Freunden und Freizeit.

Dabei treffe der Boom bei den Nebenjobs langfristig auch die heimische Wirtschaft. „Gastronomen und Bäckermeister, die über den Fachkräftemangel klagen, aber gleichzeitig auf 450-Euro-Kräfte setzen, schneiden sich ins eigene Fleisch. Minijobber können keine Hotelfachleute ersetzen", betont Wiese.

Bessere Ausbildungsbedingungen soll Nachwuchskräfte stärken

Doch Fachkräfte gewinne man nur mit ordentlichen Löhnen – „so hoch, dass die Beschäftigten keinen Zweitjob mehr brauchen." Über deutliche Lohnerhöhungen verhandele die NGG aktuell bei Fast-Food-Ketten von McDonald’s bis Vapiano: Statt des Mindestlohns von 9,35 Euro sollen die Beschäftigten in der Branche künftig mindestens 12 Euro pro Stunde bekommen. Entscheidend sei aber auch, dass sich Unternehmen stärker um Nachwuchs kümmerten. Eine Lehre im Lebensmittelhandwerk oder im Gastgewerbe komme für Schulabgänger nur infrage, wenn der Lohn und die Ausbildungsbedingungen stimmten, so Wiese.

Die Zunahme der Zweitjobs sei auch das Ergebnis einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik der Nullerjahre. „Mit einer Reform könnte die Bundesregierung Minijobs voll in die Sozialversicherung einbeziehen. Allerdings sollten die Arbeitgeber den größten Teil der Beiträge zahlen. Das macht reguläre Stellen attraktiver und verschafft den Minijobbern heute eine bessere Absicherung", so Wiese.