Eröffnung vor 50 Jahren: So hat sich der Flughafen Paderborn entwickelt

Kreis Paderborn/Büren-Ahden. An seine ersten Wochen als Betriebsleiter des späteren Flughafens Paderborn/Lippstadt erinnert sich Fritz Henze noch genau. &bdquo;Am 13. November 1971 raste ein Mini-Tornado durch das Paderborner Land", erzählt der spätere Airport-Geschäftsführer (1994-2009) – und weiter: &bdquo;Alle Flugzeuge standen draußen. Von sieben Maschinen lagen drei auf dem Rücken. Das Isolierdach unserer ersten Halle, die gerade im Bau war, mussten wir aus dem Wald zurückholen." In den Anfangsjahren zählten eine Mitarbeiterin der Kreisverwaltung für die Buchhaltung, zwei Flugleiter und zwei Platzwarte zu Henzes Personal. Die Büros befanden sich in einer &bdquo;Baracke" mit kleiner Kantine. &bdquo;Aber die Flächen gehörten uns schon", bezieht sich der pensionierte Chef auf den Bodenbesitz. Die durch den damaligen Orkan mehr oder weniger ramponierten Fluggeräte waren vor allem viersitzige Privatmaschinen. Weitere zählten zum Luftsportverein Geseke, der hier seine Heimatbasis mit einer Flugschule hatte, so Henze. "Man hat uns damals nicht wirklich ernst genommen" Ein Flugzeug, das in der Sturmattacke als Tiefdecker Standfestigkeit bewiesen hatte, gehörte dem Computer-Unternehmen von Heinz Nixdorf. Der Pionier beließ es auch später bei einer einzigen Maschine, sagt Henze, auch wenn der Paderborner Start- und Landeplatz in den Anfangsjahren im Volksmund gern als &bdquo;Nixdorf-Flughafen" betitelt wurde. &bdquo;Man hat uns damals nicht wirklich ernst genommen, aber wir haben an die Flughafen-Vision geglaubt", so der pensionierte Airport-Manager heute, 50 Jahre nach der Flughafen-Gründung. Die Verantwortlichen bauten seinerzeit auf den Generalverkehrsplan des Landes Nordrhein-Westfalen aus den 1960er Jahren. Henze, in Münster aufgewachsen, hatte sein Fliegerhandwerk auf dem benachbarten Flugfeld in Telgte erlernt. Als die Planungen für einen dritten NRW-Großflughafen zwischen Münsterland und Börde beerdigt wurden, setzte sich unter den im Aufbau befindlichen Regionalflughäfen schließlich Paderborn gegenüber dem deutlich größeren Bielefeld durch. Nixdorf hat seinen Joker gezogen und Druck ausgeübt An den Paderborner Anstrengungen hatte der damalige Computer-Riese Nixdorf seinen Anteil, resümiert Fritz Henze. Er meint damit den Druck auf die Politik in Düsseldorf und daheim, aber auch Nixdorfs Verbindungen in die regionale Wirtschaft. &bdquo;Nixdorf hat seinen Joker gezogen und damit gedroht nach München abzuwandern, das hat gefruchtet", sagt der langjährige Flughafen-Geschäftsführer. Auch mit der ersten Linienverbindung nach Frankfurt (1975) wäre der Computerpionier nicht zufrieden gewesen. Mit den Anliegerkommunen und heimischen Wirtschaftsfreunden brachte der Antreiber 1979 die Flugbetriebsgesellschaft FTS auf den Weg. Für eine erste Grundauslastung weiterer Flugverbindungen zum Beispiel nach München und Berlin hätte, so Henze, das Nixdorf-Tochterunternehmen Bau- und Haustechnik beigetragen. Der weitere Aufstieg des Flughafens Paderborn/Lippstadt verzögerte sich durch einen, wie Henze sich erinnert, &bdquo;zehn Jahre andauernden Kampf" für eine reguläre Flugsicherung. In den Jahren des Kalten Krieges führten mehrere militärische Tiefflugstrecken durch Ostwestfalen-Lippe. Ein paar Jahr lang hätte die Royal Air Force von ihrem Flughafen bei Gütersloh Landungen unterstützt. Zum erfolgreichen Ende aller Anstrengungen für einen so genannten qualifizierten Luftraum meint Henze heute: &bdquo;Der deutsche Verkehrsminister hat sich über den Verteidigungsminister hinweg gesetzt." Das Instrumentenlandesystem wurde schließlich 1988 mit der Verlängerung der Startbahn auf 2.180 Meter eingeführt. Neckermann war Garant für volle Maschinen Die Touristik-Charter-Flüge entwickelten sich Ende der 1980er Jahre &bdquo;durchaus langsam", so Henze in der Rückschau. Den ersten Flug hätte Hapag Lloyd für die TUI durchgeführt. Anschließend wäre vor allem das Unternehmen Neckermann Garant für volle Maschinen in Paderborn/Lippstadt gewesen. &bdquo;Dafür braucht man auch Kämpfer an der Front", würdigt Henze vor allem das etwa fünf Jahre andauernde Engagement einer Neckermann-Verkaufsleiterin aus Nordhessen. Nach der innerdeutschen Maueröffnung 1989 hätte wiederum das Paderborner Reiseunternehmen ISIK Touristik zusammen mit dem Veranstalter ITS &bdquo;mit abenteuerlichen Maschinen", so Henze, das Türkei-Geschäft angeschoben. Mit abenteuerlichen Maschinen in die Türkei In NRW wären die Urlaubsflüge damals von der Düsseldorfer LTU beherrscht worden. Als der ehemalige LTU-Verkaufsleiter Joachim Hunold die deutsche Air Berlin gründete, stellte er den Reiseveranstaltern in Paderborn/Lippstadt als einem von fünf Flughäfen Maschinen für die Sonnenziele am Mittelmeer zur Verfügung. Mit dem Aufstieg von Air Berlin ist der Aufstieg des Paderborner Flughafens fest verbunden. Die Passagierzahlen in Büren-Ahden wuchsen in einigen Jahren um rund 30 Prozent, rekapituliert Henze. Am Ende der 1990er Rekordjahre beförderte Air Berlin nahezu 70 Prozent der Urlauber am heimischen Airport – das waren über eine halbe Million Passagiere. &bdquo;Unsere Leute denken wie Air Berlin", erinnert sich Henze an seine Argumentation gegenüber Hunold, um damit eine Air-Berlin-Tochter für die Flugabfertigungen wie in Münster abzuwehren. Vor der Jahrtausendwende, die Fluggastzahlen erreichten 2000 mit 1,36 Millionen Passagieren ihren Höhepunkt, ließen die Verantwortlichen am Airport das mögliche weitere Potenzial prognostizieren. Bis 1,9 Millionen Fluggäste wurden in Aussicht gestellt. Von solchen Zahlen ist Paderborn/Lippstadt seit Jahren weit entfernt. Internationale Krisen und fehlende Konkurrenz in der deutschen Luftfahrt vor allem nach der Insolvenz von Air Berlin (2017) machen immer wieder klar: Paderborn/Lippstadt lebt mit stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – und leidet, wenn sich die große Lufthansa an den kleinen Flughäfen Einschränkungen erlauben kann oder muss. Der Airport galt als Arbeitsplatzmotor 1995 erwirtschaftete der heimische Airport erstmals einen Gewinn. 2009, im Abschiedsjahr von Henze, wurde erstmals wieder ein Defizit von 1,5 Millionen Euro ausgewiesen. Seitdem erhöhte sich der Zuschussbedarf auf mittlerweile 5 Millionen Euro pro Jahr. Mit einer etwas höheren roten Zahl wurde vor Jahren der neue Nachbar Kassel-Calden als Bedrohung empfunden. &bdquo;Ich dachte, Calden wäre gefährlicher geworden", so Henze heute: &bdquo;Aber er kostete im Bau etwa doppelt so viel wie Paderborn/Lippstadt." Das heimische Investitionsvolumen beziffert der Ex-Chef bis zum Ende seiner Ära 2009 auf &bdquo;ungefähr 140 Millionen Euro". Während der Wachstumsjahre galt der heimische Airport als Arbeitsplatzmotor. Einer Million Passagiere wurden von Verantwortlichen gern 1.000 Arbeitsplätze zugerechnet. Bei Henzes Ausscheiden 2009 zählte die Flughafen GmbH etwa 300 feste Mitarbeiter mit unterschiedlichen Stundenvolumina. Heute nennt das Unternehmen 171 Beschäftigte für die GmbH und 51 Mitarbeiter im Tochterunternehmen. Im angrenzenden Gewerbepark sind vor allem durch Hightec-Unternehmen (der Autobranche) weitere etwa 1.400 Arbeitsplätze entstanden. Der Jahresumsatz des Flughafens lag 2018 konstant bei 29,5 Mio. Euro – die Hälfte davon für Flugkerosin. Die Proteste aus den 1990er Jahren gegen wachsende Fluglärmbelastungen sind angesichts der gesunkenen Starts und Landungen längst verebbt. München ist mal wieder die einzig verbliebene Großflughafen-Verbindung. Das Planfeststellungsverfahren für die Inbetriebnahme der verlängerten Landebahn (2009) lässt weiter auf sich warten. Der Airport beschränkt nach wie vor freiwillig die Nachtflüge. Seit 2014 kosten auch an Paderborn/Lippstadt alle 4.600 Parkplätze Gebühren. Das Airport-Hotel, das -Forum und der Quax-Verein mit seinen Oldtimern haben den Flughafen zu einem regionalen Ausflugsziel werden lassen.In die nächsten Jahre startet der Flughafen unter den neuen Vorzeichen in der Klimadiskussion mit steigenden Preisen für den Ausstoß von viel Kohlendioxid im Flugverkehr. Dank des Fußballs 20 große Boeings am Airport In die Flughafen-Geschichte eingegangen ist der 26. Mai 2004. Auf Schalke spielten im Finale der Champions League Porto gegen Monaco um die europäische Fußballkrone. Unerwartet wurde Paderborn/Lippstadt zum Ausweichflughafen für mehrere Tausende von Fans aus Portugal und Frankreich in Charter-Flugzeugen. 20 große Maschinen vorwiegend der Marken Boeing 737 und 747 landeten in Büren-Ahden und flogen in der Nacht zurück. &bdquo;Die Fans brauchten Busse", erinnert sich Henze an eine zusätzliche Anforderung. Der Airport-Geschäftsführer schickte Faxe an &bdquo;zig Reisunternehmen bis nach Kassel" und lockte sie mit einem Festpreis – unabhängig von einer tatsächlichen Einsatzfahrt Richtung Schalke. 50 Fahrzeuge rückten ohne Wenn und Aber an. &bdquo;25 wurden nur gebraucht", so Henze – und: &bdquo;Ich glaube, im Nachhinein hat keiner vom Flughafen Geld verlangt". Die letzten 20 Fans wären gegen 4 Uhr in einen Flieger Richtung Spanien gestiegen, der dafür auf der Startbahn noch einmal angehalten wurde.

Meistgelesen