Betriebswirt, Diplom-Pädagoge, VHS-Chef: Reinhold Schier sagt adieu

Kreis Paderborn. Wenn Reinhold Schier zu Beginn des kommenden Jahres sein Büro geräumt und dem Berufsleben den Rücken gekehrt hat, wird der 64-Jährige vielleicht noch einmal einen kurzen Blick zurück werfen: An den Anfang, als seine Karriere bei der Volkshochschule begann. Damals war Helmut Kohl Kanzler, eine Mauer durchzog Deutschland und an der VHS waren Commodore 64-Kurse schwer im Trend. Mehr als 30 Jahre später ist eine Frau Kanzlerin, die Mauer verschwunden und an der "VHS vor Ort" erfreuen sich Online-Kurse, sogenannte Live-Webinare, großer Beliebtheit. "Letztens habe ich meinem Enkel einen Commodore 64 gezeigt. Der hat nur gefragt: ,Was ist das denn?!", resümiert Schier den Wandel der Zeit. Während seiner Zeit als pädagogischer Mitarbeiter der VHS Lippstadt und später als Leiter der in Salzkotten beheimateten "VHS vor Ort" hat er einige Entwicklungen miterleben und mitgestalten können. Weiterbildung orientiert sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft "Es war immer wichtig, die Dinge zeitnah im Blick zu haben, damit sie den Bürgern zugutekommen", erklärt Schier. Weiterbildung für jedermann orientiere sich demnach an den Interessen und Bedürfnissen der Gesellschaft. Nur so könne die VHS ihre Pflichtaufgabe wahrnehmen, eine Aufgabe, die er immer gerne ausgefüllt habe. Bevor der gebürtige Neuhäuser bei der Volkshochschule einstieg, studierte er in den 1970er Jahren Betriebswirtschaft, leistete seinen Wehrdienst ab und machte im Anschluss noch einen Abschluss zum Diplom-Pädagogen. Er arbeitete am Salvator-Kolleg Hövelhof und wechselte schließlich zur VHS Lippstadt, wo er über 21 Jahre lang tätig war. Im Jahr 2011 ging es dann als pädagogischer Leiter zur "VHS vor Ort", dem Zweckverband der Kommunen Büren, Delbrück, Geseke, Hövelhof, Salzkotten und Bad Wünnenberg. Mentalitätswechsel bei der Zusammenarbeit Eine schöne Entwicklung der vergangenen Jahre seien die Kooperationen mit Sportvereinen und weiteren Institutionen gewesen: "Früher hieß es immer: ,Die VHS nimmt uns alles weg'. Da gab es viel Konkurrenz", erklärt Schier. Doch mittlerweile habe man sich aufeinander zu bewegt. Aufeinander zu bewegt hat man sich auch kulturell. Die Sprachkurse der VHS seien weiterhin ein wichtiges Instrument der Integration. Das treffe vor allem auf die Situation der Flüchtlinge 2015 zu: "Die Sprachkurse haben den Menschen Orientierung gegeben. Sie haben wieder Struktur ins Leben bekommen", sagt Schier und ergänzt: "Das waren ergreifende Einzelschicksale, die man sonst nicht mitbekommen hätte." Gleichzeitig habe ihn die Situation an die der Spätaussiedler in den 1980er Jahren erinnert. Auch damals gab es bei den Volkshochschulen Sprachkurse, die den Menschen einen Zugang zum neuen Land ermöglichen sollten. Prozess solle fortgeführt werden 30 Jahre später ist das alles nicht vergessen, doch für Reinhold Schier ist es an der Zeit, die Verantwortung in jüngere Hände zu geben. "Wenn ich hier rausgehe, möchte ich keine Lücke hinterlassen. Das soll ein nahtloser Übergang werden." Für seinen Nachfolger, den jetzigen Stellvertreter Markus Krick, steht fest, dass er die Arbeit so weiterverfolgen möchte: "Wir sind damit angetreten, die VHS weiterzuentwickeln. Diesen Prozess werden wir fortführen", sagt Krick. Momentan gebe es eine große Nachfrage nach Angeboten im Gesundheitsbereich: "Viele Menschen entdecken die Notwendigkeit, etwas für sich zu tun - sei es Prävention, Sport oder Ernährung", sagt Krick. Und obgleich die Webinare gut nachgefragt seien, solle die VHS auch weiterhin als Ort der Begegnung funktionieren, erklärt der 43-Jährige. Reinhold Schier hingegen wird es künftig etwas ruhiger angehen lassen. Er möchte mehr Zeit mit seiner Frau verbringen, im Februar geht es für ein paar Tage in die portugiesische Küstenstadt Porto. Doch schon bald möchte er selbst einen VHS-Kurs besuchen: Lesepate sein, das wäre noch etwas, das er sich für seinen Ruhestand vorstellen könnte.

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