Das sagen der Paderborner Bürgermeister und die SPD zum Tönnies-Eklat

Paderborn. Auch Tage nach dem Eklat um die Bemerkungen des Fleisch-Unternehmers und Aufsichtsratsvorsitzenden des Bundesligavereins FC Schalke 04 schwappt die Welle der öffentlichen Empörung zwar durch die halbe Republik - aus den Reihen der vielen prominenten Zuhörer unter den 1.600 Gästen beim Tag des Handwerks wird der Ball jedoch bemerkenswert flach gehalten. Immerhin kam im Rahmen der Libori-Bilanzpressekonferenz am Montag Paderborns Bürgermeister von sich aus aufs Thema: Michael Dreier bezeichnete Tönnies' Aussagen zum Klimawandel und die damit verbundene Schlussfolgerung zur Geburtenrate in Afrika als aus seiner Sicht "nicht zu akzeptieren". Sie dürften auch nicht toleriert werden. Nicht mit Entschuldigung vom Tisch Eine Pressemitteilung verschickte auch die Paderborner SPD als nunmehr zweite der Paderborner Parteien. Als erste hatte Die Linke Stellung bezogen. Das Gesagte sei mit einer lapidaren Entschuldigung wohl kaum vom Tisch zu wischen. Denn, so SPD-Fraktionssprecher Franz-Josef Henze: "Jemand, der über ,Unternehmer mit Verantwortung' spricht, dann aber in seiner Rede ein tief sitzendes kolonialistisches Gedankengut und dumpfen Rassismus offenbart, stellt sich mit seinen Formulierungen in eine Reihe mit denen, die mit einfachen Plattitüden vorgeben, komplexe Sachverhalte zu lösen. Wo bleibt da eigentlich die Reflexion über die eigene Verantwortung?" Die Äußerungen von Tönnies zeigten aber auch, wie weit Stereotype, Vorurteile sowie Menschen abwertende Denkweisen und eine auf Beifall spekulierende rassistische Sprache "selbst in gesellschaftlichen Kreisen verbreitet ist, die vorgeben, Verantwortung in unserem Staat und speziell für den Sport zu tragen", so Henze. Bemerkenswert für den Gesamtzusammenhang bleibe aber auch die "vornehme Zurückhaltung der Veranstalter und der anwesenden Zuhörer" zu dem Eklat, kritisiert Henze. Auch Schweigen sei manchmal vielsagend. Der Kreishandwerkerschaft sei "Dank für die Auswahl eines Festredners, der mit seiner mindestens ,deutschlandweiten Werbung' der Stadt Paderborn und dem Liborifest wohl einen Bärendienst erwiesen hat". "Alltagsrassismus in Nadelstreifen" Ähnliche Stellung bezieht die Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt des Kreisverbandes der SPD Paderborn. Sprecher Wolfgang Weigel: "So etwas ist kein Ausrutscher. Das ist vereinfachter Stammtisch-Diskurs, holzschnittartig, von oben herab, dem kolonialen Stil vergangener Zeiten gegenüber Afrika entsprechend. Alltagsrassismus, der in dem Gewand des Schlachter-Großindustriellen im dezenten Nadelstreifen daherkommt." Die Paderborner Handwerkerschaft werde sich fragen lassen müssen, warum sie im Nachhinein zu dem Gesagten bisher geschwiegen hat. Weigel: "Zum Paderborner Problem wird das Ganze dadurch, dass der heimische Bundestagsabgeordnete der CDU, Carsten Linnemann, bereits zwei Tage nach dem Vorfall zum Ende der Debatte über Tönnies Äußerungen aufrief. Dies mit der Begründung, dass es doch andere, wichtigere Baustellen auf dem Politikfeld gebe." Dem widerspreche man. "Ein Schatten auf dem Liborifest" Linnemann habe noch nicht erkannt, dass auch in dieser Region Rassismus und Ausgrenzung längst Alltag im unmittelbaren Zusammenleben seien. Weigel: "Für uns ist die Bekämpfung von Rassismus und rechtsextremem Gedankengut eine ganz wesentliche Baustelle in der aktuellen politischen Diskussion. Sich schützend vor den Festredner Tönnies und seine unsäglichen Entgleisungen zu stellen, wirft einen weiteren Schatten auf das an sich weltoffene Liborifest in unserer so oft zitierten geliebten Heimatstadt Paderborn". In seiner Festrede auf Einladung der Kreishandwerkerschaft hatte Tönnies höhere Steuern zur Bekämpfung des Klimawandels kritisiert. Stattdessen solle man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. Tönnies Begründung dafür: &bdquo;Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren." Die Reaktion aus dem Saal: Irritation – und dann doch Beifall.

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