Paderborn. Wenn die Sommerferien beginnen, hat das Tierheim Paderborn in Schloß Neuhaus alle Hände voll zu tun. Denn viele Haustiere werden im Tierheim abgegeben. Dieses Schicksal ereilte jetzt auch die zehnjährige schwarze Labrador-Hündin Lara.
Aufgrund ihres Übergewichts kriege sie sehr schwer Luft und könne kaum laufen, berichtet Tierpflegerin Annie Schelage. Die Besitzer hätten sie maßlos mit "Leckerlis" überfüttert und sie nur selten ausgeführt. "Sie lag wohl den ganzen Tag draußen herum und hat zu wenig Bewegung gehabt", berichtet sie. "Es ist schockierend, wie manche Besitzer mit ihren Haustieren umgehen."
Lara sei in der gesamten Familie herumgereicht worden, doch niemand habe sich um den Hund kümmern wollen. Nun ist Lara im Tierheim gelandet, wo die Tierpfleger sich um die Hündin kümmern werden. "Sie muss erst einmal abspecken und eine gesunde Diät halten, bevor sie sich wieder sicher auf den Beinen halten und ausgiebig herumrennen kann". Annie Schelage hofft, dass sich für den zutraulichen Labrador bald ein neues, liebevolles Zuhause findet. Lara ist jedoch kein Einzelfall.
Plötzliche Allergien als Begründung
Tatsächlich hat das Tierheim zu den Sommerferien bereits 30 Prozent mehr Tiere aufgenommen. Zu Urlaubszeiten klingelt ständig das Telefon, wobei sich jeder zweite Anruf um die Abgabe eines Tieres dreht. "Es ist merkwürdig, dass immer während der Ferien die Leute anrufen und ihr Haustier abgeben wollen, anstatt über das gesamte Jahr verteilt", sagt Gabi Votsmeier, Vorsitzende des Tierheims. "Es heißt dann, die Leute hätten urplötzlich eine Allergie bekommen und könnten das Tier deswegen nicht behalten." Betroffen seien dieses Jahr hauptsächlich Katzen, aber auch Exoten wie Wasserschildkröten und Chinchillas. Insbesondere sei die Zahl der Kaninchen massiv angestiegen.
Viele Tiere werden aber auch einfach sich selbst überlassen. "Erst letztens wurden wieder drei Kaninchen im Karton in der Nähe des Tierheims ausgesetzt", berichtet Leiterin Svenja Klein. Sie habe nur eben etwas im Auto verstauen wollen und als sie sich wieder umdrehte, entdeckte sie am Waldrand einen labbrigen alten Karton, in dem die Kaninchen verängstigt hockten.
"Sie sahen ganz schlimm aus und hatten ein total verfilztes Fell", schildert Klein. Die Kaninchen befinden sich jetzt noch immer im Kleintierhaus und warten auf ein neues Zuhause. "Sie sehen aus wie Wildhasen", erklärt die Tierheimleiterin. "Die meisten Leute finden jedoch nur Gefallen an süßen, kuscheligen Kaninchen. Doch sobald sie merken, wie viel Arbeit und Verantwortung so ein Tier eigentlich bedeutet, geben sie es einfach ab", schildert Svenja Klein.
Bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz drohen hohe Strafen
"Von Jahr zu Jahr wird es schlimmer", sagt der langjährige Tierpfleger Michael Meinholz. Dabei biete sich jedem, der ein Haustier halte, die Alternative, es über die Urlaubszeit in eine Pension zu geben. So viel Liebe sollten Besitzer mindestens für ihr Tier übrig haben, findet er. "Es ist doch kein Problem, sich einen Tiersitter über die Ferien zu holen", ärgert sich Meinholz.
Wer sein Haustier aussetzt, verstößt gegen das Tierschutzgesetz und muss mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro rechnen. Meinholz ist dafür, das Gesetz an anderer Stelle noch zu verschärfen. Die Chip-Pflicht für Hunde sei eine gute Lösung, jedoch müsse es auch eine Registrierungspflicht für Hunde aus dem Heim geben. "Die neuen Besitzer registrieren den Chip nämlich meistens gar nicht", erklärt er.
Zur Vermittlung stehen derzeitig 30 Hunde sowie circa 130 Katzen. Darunter auch Jungtiere. Bei Kleintieren wie Kaninchen sei das Heim bereits am Rand der Aufnahmekapazitäten. "Wenn sie klein und süß sind, bekommt man die Tiere schnell unter, doch mit den älteren ist es immer etwas schwieriger", erläutert die Vorsitzende. "Manche Hunde sind schon über mehrere Jahre hier und werden wohl auch hier sterben". Besonders in der Ferienzeit lassen sich Tiere nur schwer vermitteln. Denn viele Menschen seien im Urlaub. Es komme zu einer langen Durststrecke, in der "viel kommt und wenig geht", sagt Votsmeier. Besonders zu dieser Zeit, wenn so viel los ist, sei jede Unterstützung durch Pflegehilfen oder Futterspenden mehr als willkommen.